Sie setzen dem Eberner Fasching das Tüpfelchen auf das "i" und trainieren ihren Körper von Kopf bis Fuß und ohne Schwingboden. Die Showtanzgruppe und die Jugendgarde aus Heubach geben einen exklusiven Einblick hinter geschlossener Tür.
Seit dem 11.11. stehen die Narren auf der Bühne. Auch in Ebern. In Heubach im Haus der Bäuerin sind die Vorhänge jedoch noch geschlossen. Die Musik geht aus, die jungen Frauen fallen zu Boden und schnappen nach Luft. Nur drei Minuten haben sie jetzt getanzt. "Das ist unglaublich anstrengend. Vor allem wenn es um Gardetanz geht", sagt Petra Elflein, denn da seien die Frauen "nur am Hüpfen und Drehen und Sachen-Machen". Schon seit etlichen Jahren sorgt sie als Trainerin der Showtanzgruppe Heubach-Ebern für neue Tanzschritte.
Jedes Jahr im September geht es für die Tänzerinnen, auch für die Jugendgarde, auf Trainingslager. Spätestens ab dann ist die innere Uhr auf Fasching eingestellt und die Körper in den Tanzmodus versetzt. Zwei Mal in der Woche trainieren "die Großen", einmal pro Woche die Jugendgarde. Von Kopf bis Fuß geht es für die jungen Frauen dann nur noch ums Tanzen.
Hut: "Schon jahrelang haben wir keinen Hut mehr", erzählt Michaela Precht, "er ist einfach total umständlich. Da bleibt man mit den Armen hängen. Die Federn wirbelt es rum." Auch für die Jugendgarde habe der Dreispitz nun endgültig ausgedient. "Jetzt haben wir Haarbänder", sagt Michaela Precht. Die halten beim Tanzen besser als ein Hut? "Wenn man sie mit mindestens 20000 Spängchen festmacht, dann ja", lacht die 25-Jährige Frau aus Ebern.
Kopf: Damit die Beine auf der Bühne synchron in die Luft fliegen, brauchen die jungen Frauen mehr als nur die Choreographie im Kopf. "Ein bisschen Taktgefühl schadet nicht", sagt Christin Lerche. Aber mit zählen ist man auch immer richtig dabei. "Vertrauen zu den anderen", ist für die Tänzerinnen wichtig. "Wenn jemand mal nicht so gut drauf ist, kann man sich gegenseitig puschen." Aber das funktioniere auch durch den einzigartigen Zusammenhalt, den die Showtanzgruppe Ebern-Heubach aufweist: "Wir sind einfach ein super Team. Ich komme hier nicht nur zum Tanzen her, sondern auch, um die Mädels zu sehen", betont Michaela Precht.
Lächelnder Mund: "Ein professionelles Gardelächeln gibt es nicht", weiß Christin Lerche aus Erfahrung. Auch keine speziellen Trainingseinheiten. "Die Freude kommt ganz automatisch", sagt Michael Precht. "Ein blöder Spruch von den Mädels", bringt Christiane Weidmann zum Lachen und das Adrenalin macht nebenbei einen guten Job für den perfekten Gesichtsausdruck.
Hände: Auch mit fleißigen Händen sind die "Gardemädels" ausgestattet. Ohne würde es nicht gehen, denn es "ist kein billiger Sport", sagt Petra Elflein. Kostüme gibt es ab 200 Euro aufwärts. Für ein paar Tanzschuhe müssen 50 Euro auf den Tisch gelegt werden. Die Tanzgruppe bekommt viel Unterstützung vom Verein für Gartenbau und Ortskultur Heubach. Damit sie an Fasching aber einzigartig und atemberaubend aussehen, veranstalten sie eine Starterparty am Weihnachtsmarkt, einen Bockbieranstich und tanzen auf Privatfeiern. Dann ist die Kasse für neue Kostüme meist wieder etwas voller.
Erhobenes Haupt: Das haben "die Mädels" der Showtanzgruppe Heubach-Ebern. Am 11.11. waren die Gardekostüme noch nicht fertig geschneidert. Spontan wurden die Showtanzkostüme angelegt. Bei Auftritten in Haßfurt und Schwabthal wurde auch schon die Musik vergessen. Niemand hat es gemerkt, denn: Schlagzeilen blieben aus. Rekordverdächtig war zudem der Trainerwechsel der Jugendgarde genau vier Wochen vor den Bunten Abenden in diesem Jahr. "Auch wenn mal was nicht so gut läuft, wir behalten unsere gute Laune", sagt die 26-jährige Christiane Weidmann.
Körper: "Nach so einem Gardetraining fühle ich mich, als könnte ich 1000 Bäume ausreißen", sagt Christin Lerche und nimmt einen großen Schluck aus ihrer Wasserflasche. In Form halten die Gardefrauen ihr Kapital mit Aerobic, Kraft- und Muskelaufbautraining. Der Zaubertrick für einen Spagat: "Dehnen, dehnen, jeden Tag ein Stück!" Über Diäten und Pfunde wird aber nicht ernsthaft geredet. Jeder tanzt so mit, wie er ist.
Beine: Dafür sorgt eine Strumpfhose, die absolut blickdicht ist. "Das sind extra Tanzstrumpfhosen. Fast wie eine Leggins", sagt Lisa Limpert. "Früher haben sie um einiges länger gehalten. Mittlerweile tanzen wir recht anspruchsvolle Sachen und rutschen oft am Boden herum. Da geht halt dann schon mal eine kaputt." Und zwicken tut da überhaupt nichts: "Die Dinger sind einfach bequem", verrät Christiane Weidmann.
Gelenke: Es klingt fast nach einem Skandal, denn die Showtanzgarde Heubach-Ebern trainiert seit Jahren auf einem Boden im Haus der Bäuerin, der überhaupt nicht zum Tanzen geeignet ist. "Lange ist das nicht mehr zumutbar", sagt Stadtrat Thomas Limpert, der zusammen mit dem Verein für Gartenbau und Ortskultur dieses Problem angegangen ist. Zum Sprungtraining weichen die Tanzfrauen bereits nach Rentweinsdorf aus. Nach Angaben von Limpert prüft die Stadtverwaltung "derzeit die Möglichkeiten und der Bürgermeister ist zuversichtlich, dass in 2015 eine gemeinsame Lösung gefunden werden kann." Diese soll heißen: Schwingboden - dann geht das auch mit den Gelenken gut.
Füße: Damit sich die Füße der Showtanzgruppe richtig bewegen, sorgt Petra Elflein: "Manchmal sitze ich daheim stundelang auf meinem Hometrainer", und sucht in Gedanken nach der besten Schrittabfolge. Mal will sie es "gesabbt", mal "gekuschelt". Fünf bis sechs neue Schrittkombinationen gibt es pro Trainingseinheit. "Das sind kleine Häppchen bei jedem Training", sagt die Trainerin schmunzelnd, "manchmal auch ein großer Brocken, oder zähes Fleisch." Denn 0815-Tänze gibt es aus Heubach nicht. Auch nicht von der Jugendgarde unter der Leitung von Christin Lerche und Laura Rennebohm.
Die Nähmaschine der Schneiderin der Tanzgarde läuft derzeit heiß. Bis Ende Januar müssen die neuen Kostüme fertig sein. Dann wollen die "Mädels" rauf auf die Bühne und zeigen, was sie das ganze Jahr geübt haben. Ankündigen tun sie sich mit einem heiteren "Ualeh" - einem "Helau" rückwärts. "Das ist unser Insider", rufen sie schnell noch, bevor die Musik im Haus der Bäuerin wieder angeht und die Frauenkörper in die Luft fliegen.