Die Hunde Urgel und Örnie von den BRK-Rettungshundestaffeln Haßberge und Bad Kissingen lieferten bei der Vermisstensuche der Haßfurter Polizei im Oktober die entscheidende Hinweise. Ein kompliziertes Zusammenspiel zwischen Hund und Mensch.
Es ist eine Seltenheit im Landkreis Haßberge: Zweimal kurz hintereinander suchten die Polizeiinspektionen Haßfurt und Ebern im Oktober nach vermissten Personen. In Ebern gab eine aufmerksame Bürgerin den entscheidenden Hinweis. In Haßfurt kamen Hubschrauber, Wärmebildkamera und Nachtsichtgerät zum Einsatz. Gefunden wurde die gesuchte Person aber nicht durch moderne Technik, sondern dank geschulter Spürnasen: Die Rettungshunde Urgel und Örnie waren die Helden der Stunde.
Die elfjährige Hündin Urgel trägt normalerweise einen Maulkorb. Nicht, weil sie gefährlich wäre - Urgel ist sehr freundlich und aufgeschlossen. Nein, der Labrador-Mischling kann von Geburt an keine feste Nahrung zu sich nehmen. Jeder unbedachte Bissen, den die Hündin draußen zu sich nimmt, könnte tödlich sein.
Lebensgefährliche Krankheit
Besitzerin Brigitte Fiedler ernährt die Hündin von Anfang an mit Flüssignahrung. Eine aufwendige Prozedur, die immerhin eine enge Verbindung zwischen Hund und Mensch geschaffen hat. Urgel ist einer von insgesamt zwei Mantrailern des BRK in ganz Unterfranken: Sie kann anhand eines vorgegebenen Geruchs gezielt nach einem bestimmten Menschen suchen. Die zweite Hundenase mit diesen besonderen Fähigkeiten ist der Beagle-Mischling Lauser (6) und gehört ebenfalls der Tierärztin Brigitte Fiedler.
Ende Oktober wurde die 51-jährige Hundeführerin der BRK-Rettungshundestaffel Haßberge zu einer Vermisstensuche gerufen. Zusammen mit Mitgliedern anderer Rettungshundestaffeln, darunter Marco Erhard von der BRK-Rettungshundestaffel Bad Kissingen, wurde sie von der Einsatzleitung der Haßfurter Polizei am Einsatzort gebrieft und rückte dann aus.
Ihr Auftrag: Das Suchgebiet einzugrenzen. "Die Suche lief schon mehrere Stunden ohne Erfolg." Urgel hat schnell angezeigt, warum: "In dem Suchgebiet war keine Fährte zu finden. Daraufhin wurde die Einsatztaktik geändert und wir konzentrierten uns wieder auf den Ausgangspunkt, an dem die vermisste Person zuletzt sicher war."
Unsaubere Spuren
Um soweit zu kommen, waren mehrere Schritte notwendig. "Es ist sehr wichtig, bei der Geruchsarbeit sauber zu arbeiten. In dem konkreten Fall hafteten der Geruchsprobe der vermissten Person die Gerüche drei verschiedener Polizisten an. Das macht die Arbeit unmöglich. Also musste Urgel die Gerüche erst einmal ausschließen." Indem Fiedler dem Hund signalisierte, welche Gerüche nicht erwünscht waren, blieb schließlich nur noch der der vermissten Person übrig.
Urgel legte los und kreiste bald ein etwa 300 Meter großes Gebiet ein. Dann wurde es schwammig. "Es ist nicht wie im Fernsehen, dass der Hund an einem Pullover schnüffelt und dann auf gerader Strecke zu dem Vermissten läuft. Zuerst muss die Geruchsprobe sorgfältig ausgewählt werden (ein beliebtes Objekt ist die Zahnbürste, Anm.d.Red.). Dann gerät der Mantrailer in der Nähe der gesuchten Person, wenn sie lange am selben Ort verweilt, in eine Geruchsglocke. Denn der Geruch des Menschen verbreitet sich in Kreisen um ihn herum. Dorthin führt kein gerader Weg", erklärt Brigitte Fiedler.
Wenn der Mantrailer in schwierigen Waldgebieten nicht mehr weiter kommt, sind die Flächensuchhunde dran: Die Stunde von American Shepherd Örnie hat geschlagen.
Stundenlange Suche
Flächensuchhunde werden darauf trainiert, ein Gebiet auf hilfsbedürftige Menschen abzusuchen. "Bei optimalen Bedingungen sucht ein Hund zehn Hektar Fläche ab. Dabei sucht er nach allen Menschen auf dieser Fläche", erklärt Hundeführer Marco Erhard. Örnies Besitzer ist Polizeibeamter in Schweinfurt und gehört seit 2015 zusammen mit Ehefrau Alexandra der BRK-Hundestaffel Bad Kissingen an. Örnie fand die vermisste Person auf dem Boden liegend und bellte so lange, bis sein Herrchen ihn fand.
Damit ein Hund ein Rettungshund sein kann, braucht er drei Dinge: 1. Er muss motivierbar sein - entweder durch Leckerlis oder Spiel. 2. Er braucht Kondition. 3. Er muss erfolgreich einen Eignungstest durchlaufen, der Aggressionen ausschließt. 4.Er muss regelmäßig Prüfungen nach bundeseinheitlichen Standards absolvieren - und bestehen. "Für den Hund muss es das Schönste auf der Welt sein, die gesuchte Person zu finden, weil er glaubt, dass die dann mit ihm spielt", erklärt Brigitte Fiedler. "Opferbindung" heißt das Bedürfnis des Hundes, zu der gesuchten Person hinzukommen.
Hund und Halter trainieren zweimal wöchentlich mehrere Stunden lang in der Staffel. Flächensuchhunde wie Örnie durchkämmen dabei weitläufige Gebiete wie Wälder oder Felder. Personensuchhunde wie Urgel verfolgen eine bestimmte Individualgeruchsspur auch durch Städte. Von diesen besonderen Einsätzen abgesehen, leben die Hunde als Familienhunde bei ihren Besitzern.
Und was motiviert ihre Besitzer dazu, so viel Zeit, Herzblut und auch Nerven zu investieren? "Die Unterstützung der polizeilichen Vermisstensuche: Finden wir die vermisste Person, kann man ihr helfen. Ist sie tot, verschafft das den Angehörigen zumindest Gewissheit", erklärt Marco Erhard (43).
Für Brigitte Fiedler ist "die Rettungshundearbeit ein Ehrenamt, das Hilfe für in Not geratene Menschen mit der Arbeit mit Hunden vereint. Es fühlt sich einfach gut an, wenn man mit Hilfe seines Hundes Menschenleben retten kann. Das ist jede Anstrengung wert", sagt die Hundeführerin. Selbst dann, wenn die Leistung der Hunde oftmals übersehen wird.