Kaffee zu billig verkauft? Discounter Aldi muss vor Gericht

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Verkauft Aldi zu billigen Kaffee? Tchibo verklagt Discounter
Tchibo klagt am Oberlandesgericht Düsseldorf gegen Aldi Süd wegen angeblich unter Herstellungskosten verkauften Kaffees.
Verkauft Aldi zu billigen Kaffee? Tchibo verklagt Discounter
AdobeStock/Jane Kelly/KI

Gibt es für Aldi und den Billig-Kaffee noch eine Strafe? Tchibo wirft dem Discounter zu niedrige Preise vor.

Das Lieblingsgetränk der Deutschen ist in den vergangenen Monaten deutlich teurer geworden – dennoch steht die Frage im Raum: Wie günstig darf Kaffee sein? Diese Frage beschäftigt jetzt den 6. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf. Anlass ist eine Unterlassungsklage von Tchibo gegen Aldi Süd (Aktenzeichen VI-6 U 1/25).

Der Hamburger Kaffeeröster wirft dem Lebensmitteldiscounter vor, seit Ende 2023 regelmäßig Kaffees seiner Eigenmarke Barissimo unter den Herstellungskosten angeboten zu haben - und damit zu billig. Dies schade dem Wettbewerb und den Verbrauchern. Aldi Süd verstoße damit gegen das Gesetz. Tchibo will dem Konkurrenten verbieten lassen, den Kaffee zu derart niedrigen Preisen zu verkaufen. Erster Verhandlungstag war am Dienstag, 2. Dezember.

Kaffee unter Herstellungskosten verkauft? Aldi nun vor Gericht

Der Rechtsstreit geht damit in die zweite Runde. In erster Instanz war Tchibo gescheitert. Die Richter des Landgerichts Düsseldorf wiesen die Klage im Januar ab. Das Vorgehen von Aldi Süd sei kaufmännisch vertretbar, hieß es damals. Es liege keine Gefahr vor, dass der Wettbewerb beeinträchtigt werde. Auch sei keine Absicht erkennbar, andere Unternehmen vom Markt zu verdrängen. Tchibo ging daraufhin in Berufung.

Rupprecht Podszun, Professor für Kartellrecht an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, ordnet den Fall so ein: "Niedrige Preise sind genau das, was Wettbewerb erreichen soll." Problematisch würden sie erst, wenn damit Konkurrenten dauerhaft vom Markt verdrängt werden sollten, um anschließend die Preise für das eigene Produkt zu erhöhen. Laut Tchibo hat Aldi Süd bestimmte Kaffeesorten zeitweise mit erheblichen Verlusten verkauft - von zwei Euro pro Kilo und mehr ist die Rede. Der Discounter lässt den eigenen Kaffee von seiner Tochter New Coffee produzieren. 

Aus Sicht von Podszun zeigt der Fall beispielhaft die sich verändernden Machtverhältnisse in der Branche. "Die großen Lebensmittelhändler, die den Markt beherrschen, dringen immer tiefer in die Herstellung ein." Handelsketten wie Aldi seien längst keine reinen Verkäufer mehr. Sie entwickelten sich zu Lebensmittelkonzernen und übernähmen mit Eigenmarken und eigenen Produktionsstätten zunehmend größere Teile der Wertschöpfung.

Wenig Hoffnung bei Tchibo für Klage gegen Aldi

Noch ist das Urteil offen. Bei Tchibo hat man aber nach den vergangenen Verhandlungstagen wenig Hoffnung auf einen Erfolg. Der Kaffee-Riese hat dazu eine Erklärung abgegeben: "Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat heute einen Entscheidungstermin im Januar 2026 anberaumt und zu erkennen gegeben, dass der Berufung von Tchibo in der Unterlassungsklage gegen Aldi Süd wohl nicht stattgegeben wird."

Arnd Liedtke, Unternehmenssprecher der Tchibo GmbH zeigt sich dabei enttäuscht: "Wir bedauern, dass das OLG zu dieser Auffassung neigt. Das Gericht würde damit eine Chance verpassen, einer strukturellen Fehlentwicklung im deutschen Lebensmittelhandel Einhalt zu gebieten."

Liedkte kritisiert die Herangehensweise für die anstehende Entscheidung: "Es kann aus Sicht des Wettbewerbs und der Verbraucher keinen Unterschied machen, ob der Kaffee als Fertigware eingekauft und weiterverkauft oder als Rohkaffee eingekauft, im Konzern geröstet und dann weiterverkauft wird. Alle Verlustverkäufe sollten gleichbehandelt werden." Tchibo weist in seiner Erklärung darauf hin, dass die Monopolkommission noch zuletzt festgestellt hat, "dass die Konzentration im deutschen Lebensmittelhandel bedenkliche Formen angenommen hat. Sie stellte in diesem Zusammenhang auch fest, dass die Unterscheidung von Verkäufen unter Einkaufspreis und Verkäufen unter Herstellungskosten willkürlich sei".

Experte mit klarer Meinung zum Kaffee-Streit von Aldi und Tchibo

Bezüglich der Chancen von Tchibo sagte Podszun: "Auf mich wirkte das Urteil des Landgerichts klar und sauber am Gesetz entlang begründet." Die beiden Unternehmen wollten sich vor Beginn des Verfahrens auf Nachfrage nicht äußern. Lebensmittelhändler arbeiten mit Mischkalkulationen. Bei einigen Artikeln sind die Margen höher, bei anderen geringer. Sogenannte Eckpreisartikel wie Kaffee oder Butter haben eine besondere Zugkraft, weil hier besonders auf die Preise geachtet wird. Die Ketten bieten sie oft vergünstigt an, um Kunden in die Läden zu locken.

Kaffeehändler und -röster erleben derzeit herausfordernde Zeiten. Im vergangenen Jahr stiegen die Rohkaffeepreise stark, vor allem wegen schlechter Ernten. Auch Tchibo kündigte Anfang des Jahres an, seine Preise erneut zu erhöhen. Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland müssen für das beliebte Heißgetränk deutlich tiefer in die Tasche greifen als vor ein paar Jahren. Bohnenkaffee war im Oktober laut Statistischem Bundesamt knapp 58 Prozent teurer als 2020.