Noch immer ermitteln Kriminalpolizei und Staatsanwaltshaft im Fall der Seniorenresidenz in Gleusdorf. Die Zahl der Heimbewohner ist rückläufig.
Die Dachsanierung im Schloss neigt sich nach rund einem Jahr dem Ende entgegen. Das Behelfs-/Überdach wurde zwischenzeitlich abgebaut, das Gerüst zum größten Teil. Die Bemühungen, Licht ins Dunkel zu bringen, über die Geschehnisse in den zurückliegenden Jahrzehnten indes gehen weiter. Zuletzt haben sich die Abgeordneten im Bayerischen Landtag mit den Konsequenzen aus den angezeigten Pflegemängeln, die bei Behördenkontrollen angeblich niemandem aufgefallen waren, befasst. Laut Staatsanwaltschaft Bamberg wird noch immer in drei Fällen von Körperverletzung und 20 Fällen versuchter Körperverletzungen ermittelt.
Es stehen weitere strafrechtliche Tatbestände im Raum (Medikamentenmissbrauch, Fälschung von Gesundheitszeugnissen, Vermögensdelikte). So stellte erst jüngst der Angehörige und Alleinerbe einer Verstorbenen aus dem Maintal einen Strafantrag, weil nach der Verlegung aus dem Bezirksklinikum Werneck nach
Gleusdorf mehrere Goldringe seiner nahen Verwandten zunächst angeblich im Tresor und dann komplett verschwanden.
Problematischer Anfang
Ins Rollen kamen die Ermittlungen durch zwei Strafanzeigen im Mai und Juni 2016 wegen angeblicher Misshandlung von Schutzbefohlenen. Die Staatsanwaltschaft Bamberg erteilte dann Mitte August der Kriminalpolizei Schweinfurt einen Ermittlungsauftrag, was sich aufgrund der Erkrankung des zuständigen Beamten zunächst hinzog.
Schwung in die Ermittlungen kam durch die Recherchen und Berichterstattung des Fränkischen Tags ab Ende September, die letztlich Ende November zu zehn Hausdurchsuchungen und zwei Festnahmen wegen des Verdachts auf Totschlag führten.
Bei den Verhafteten handelte es sich um die Geschäftsführerin des Heimes sowie den Pflegedienstleiter, die sich mittlerweile beide unter Auflagen wieder auf freiem Fuß befinden. Aufgrund der Erkenntnisse durch eine Exhumierung sowie weiterer medizinischer Gutachten hielten Richter am Oberlandes- bzw. Landgericht in Bamberg den dringenden Tatverdacht für nicht mehr gegeben, weswegen auch eine Verdunkelungsgefahr als gering eingeschätzt wurde.
Weitere Vorwürfe, die Bestandteile der Haftbefehle waren, wurden aber aufrecht erhalten. Aus Ermittlerkreisen sickerte durch, dass sich bei den Todesfällen, die zum Teil viele Jahre zurückliegen, kaum gerichtsverwertbare Beweise mehr finden lassen.
Anders sei dies bei den Zeugenaussagen: "Manche decken sich mit Erkenntnissen, die wir aus den beschlagnahmten Unterlagen gewonnen haben, während sich andererseits einige Behauptungen, die über drei, vier Ecken weitergetragen wurden, am Ende nicht als haltlos erwiesen", lautet ein Zwischenfazit.
Im Verlauf der Monate wurden unserer Redaktion 13 Todesfälle unter fragwürdigen Umstände bekannt. In mindestens fünf Fällen fanden Ermittlungen der Behörden statt.
Keine Heimbewohner gesprochen
Auch das Thema Verjährung dürfte bei Delikten, die zum Teilen mehrere Jahre zurückliegen eine Rolle spielen.
So weit der strafrechtliche Aspekt. Zur moralisch-politischen Dimension und Aufarbeitung gehört die bessere Kontrolle durch Heimaufsicht und medizinischen Dienst (MdK), die mittlerweile "engmaschig erfolgt", wie es in der Behörden- und Ministeriumssprachregelung heißt. Im Klartext: Vertreter des Landratsamtes Haßberge schauen mindestens einmal in der Woche beratend vorbei.
Mitunter sind auch Experten der Regierung von Unterfranken, des MdK und des Gesundheitsministeriums dabei. So am 20. April, wobei im Verlauf dieses Besuchs nicht mit einem Heimbewohner gesprochen werden konnte oder durfte.
Die Noten dieses Termins wurden mittlerweile auch veröffentlicht (siehe Tabelle links). Daraus wird ersichtlich, dass die Bewohnerzahl von 70 auf 61 zurückgegangen ist. Bei den Noten ergab sich bei der Pflege und medizinischen Versorgung eine leichte Verbesserung, während sich der Wert beim Umgang mit Demenzkranken von 1,0 auf 1,4 verschlechterte, weswegen die Gesamtnote der Wiederholungsprüfung unverändert bei 2,5 (befriedigend) bleibt (Bundesdurchschnitt lt. AOK-Pflegenavigator; 1,4 ).
Die Studium früher veröffentlichter Noten zeigt vor dem Hintergrund der Schilderungen ehemaliger Mitarbeiter, dass bis zum Bekanntwerden der Pflegemängel Ende September 2016 nicht genau hingeschaut wurde, wenn nicht gar manches Auge zugedrückt wurde.
Sicher ist, dass der Mediziner, der über Jahre im Heim tätig gewesen war und gegen den auch ermittelt wird, abgelöst wurde und dass "das Ausstellen von Rezepten beileibe nicht mehr so wie früher erfolgt", so eine Beteiligte.
Es bleiben dennoch "Baustellen" rund um die Seniorenresidenz. Und intern. So auch bei der Homepage, auf die sowohl beim AOK-Transparenzbericht wie auch auf der Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit verwiesen wird. Die befindet sich seit Monaten im "Neuaufbau". Genauer: Seit dem 24. November 2016, dem Tag der Hausdurchsuchung.
Die Noten für Schloss Gleusdorf im AOK-PflegenavigatorStichtag Gesamtergebnis Pflegenote überprüfte/ befragte Bewohner20. April 2017 2,5 3,3 9/0
08. Februar 2017 2,5 3,6 9/5
19. August 2016 1,7 2,2 10/4
10. Februar 2016 1,7 2,6 9/4
08, März 2011 2,5 2,4 9/7