Vor dem Landgericht Bamberg schildert eine Zeugin das Schicksal ihrer 74-jährigen Mutter in dem Pflegeheim in drastischen Worten.
Am 13. Verhandlungstag im Gleusdorf-Prozess ging es um das Schicksal einer im Mai 2015 verstorbenen Bewohnerin der Seniorenresidenz. Angehörige und Mitarbeiter schilderten, wie Ilse K. (Name geändert) aufgenommen wurde, wie sie langsam immer kränker wurde und zuletzt in der Nacht starb.
Es sind die letzten Stationen im Leben Ilse K.s. Nach einem schweren Schlaganfall, der sie auf die Intensivstation des Klinikums Bamberg gebracht hat, absolviert die 74-jährige Rentnerin eine Reha-Maßnahme in Bad Staffelstein. Da das Elternhaus ihres Ehemannes noch nicht barrierefrei umgebaut ist, kommt Ilse K. für wenige Wochen nach Gleusdorf. In der Kurzzeitpflege im Neubau verschlechtert sich ihr Gesamtzustand allerdings rapide, wie ihre Tochter im Zeugenstand erzählte. "Zu Beginn war sie stabil, aber nicht putzmunter."
Die Tochter ist selbst Altenpflegerin in Bamberg, konnte Ilse K. aber nicht zu sich holen, weil der Ehemann der kranken Frau dies nicht zuließ. Es beginnt ein Martyrium zwischen Windeln und Katheter, künstlicher Ernährung und Schreianfällen.
"Ich war entsetzt"
"Ich war entsetzt, als ich das Heim betreten habe", so Ilse K.s Tochter. Ihre Mutter sei alleine in einem kleinen Zimmer eingesperrt gewesen. "Man hat ihren Rollstuhl zwischen Nachtkästchen und Schrank geklemmt." Zudem habe sie die ganze Zeit über geschrien. Irgendwelche Urlaute, die andere als "Mama" identifizierten. Das habe man schon von der Straße aus gehört. Dennoch habe sich niemand um sie gekümmert. "Sie war völlig hilflos. Da kann man doch nicht einfach die Tür zumachen."
Auch in einen Aufenthaltsraum habe man Ilse K. nicht gebracht. Ilse K. wird über eine Magensonde ernährt, sowohl mit Nährstoffen, als auch mit Flüssigkeit. Das dient auch dazu, dass die mit mehreren Krankheiten geschlagene Rentnerin keine Erstickungsanfälle bekommt, da sie nur mühsam schlucken kann. Ihre Tochter freilich vermutete, dass die Mitarbeiter in Gleusdorf sich das langwierige Füttern hätten ersparen wollen.
Nicht ins Krankenhaus
Immer wieder erbricht sich Ilse K. Dabei dürfte sie etwas von dem Mageninhalt eingeatmet haben, was zu einer Aspirations-Pneumonie führt. Als sich erste Symptome dieser Art von Entzündung wie Fieber und Husten zeigen, dauert es nicht mehr lange. "Man sagte mir, der Arzt sei schon bei ihr gewesen."
Der Heimarzt verschreibt ein sogenanntes Reserve-Antibiotikum, das wegen seiner heftigen Nebenwirkungen bei einer solchen Lungenentzündung nur als letztes Mittel zum Einsatz kommt. Er ordnet "aus Selbstherrlichkeit und Sorglosigkeit" jedoch weder ein Absaugen der Atemwege, noch eine Gabe von Schmerzmitteln an, wie es Oberstaatsanwalt Otto Heyder in der Anklageschrift aufführte. Außerdem unterbleibt die Verlegung in ein Krankenhaus, obwohl sich ein akut lebensbedrohliches Szenario auftut.