Mal kooperativ, mal aggressiv

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Das Amtsgericht in Haßfurt Foto: Archiv
Das Amtsgericht in Haßfurt  Foto: Archiv

Das Gericht in Haßfurt verurteilte einen 63-Jährigen, weil er betrunken gefahren war, Widerstand gegen Polizeibeamte geleistet und sie beleidigt hatte.

"Ich bin so kriminalisiert worden." Mit diesen Worten begründete ein 63-jähriger Angeklagter seinen Widerstand gegen Polizeibeamte, die den Schlüssel für sein Motorrad sicherstellen wollten. Damit sollte verhindert werden, dass der stark Alkoholisierte nach Hause fährt. Wegen des Widerstands, seiner bereits alkoholisierten Fahrt zum Ort des Geschehens und einer bei der Blutentnahme geäußerten Beamtenbeleidigung stand er vor dem Amtsgericht in Haßfurt.

Ort des Geschehens war eine Gaststätte im Maintal. Dort ist der Angeklagte regelmäßiger Gast. An diesem Abend kam der Mann mit dem Motorrad an und machte auf die vor dem Lokal Rauchenden bereits einen stark alkoholisierten Eindruck. Ein junger Mann musste ihm behilflich sein, das Motorrad sicher abzustellen, zwei Gäste wandten sich an die Wirtin mit der Empfehlung, ihm lieber keinen Alkohol mehr zu geben. Der Angeklagte wollte zwar ein Bier, akzeptierte aber ohne Widerspruch, dass er keines mehr bekam. Er gesellte sich zu den anderen Gästen, zu einem Großteil Stammgäste, man kannte sich.

Deshalb fühlten sich auch mehrere Gäste verantwortlich, dafür zu sorgen, dass der 63-Jährige in seinem Zustand nicht noch einmal auf das Motorrad stieg. "Dass wir ihn davon abhalten wollten, hat ihn aber offenbar aufgebracht", erklärte eine der Zeuginnen.

Es war kein Beikommen und so wurde die Polizei gerufen. Die beiden Beamten hätten sehr geduldig auf ihn eingeredet, bescheinigten Umstehende. Einer der Polizeibeamten sagte aus, dass der Angeklagte starke Stimmungsschwankungen zeigte. Mal sei er kooperativ gewesen, dann wieder aggressiv, habe eine Kollegin gegen die Wand gedrängt, sich "immer wieder aufgebaut". Da er partout den Fahrzeugschlüssel nicht herausgeben wollte, auch nicht unter Androhung körperlicher Gewalteinwirkung, kam es schließlich zur Fixierung. Die Beamten brachten ihn zu Boden und mit Hilfe einer weiteren Streifenbesatzung wurden ihm Handschellen angelegt.


In der Haftzelle

Nach einer Zwischenstation in der Zelle der Polizei in Haßfurt ging es zur Blutentnahme am Krankenhaus. Im Abstand einer halben Stunde brachte diese 1,24 und 1,12 Promille. Für das im Krankenhaus gegenüber den Polizeibeamten gefallene "Ihr seid doch blöd" entschuldigte sich der Angeklagte. So habe er das nicht gemeint. Insgesamt war ihm sein Verhalten an dem Abend, wie Zeugen schilderten, offenbar unangenehm.

Rechtsanwalt Steffen Vogel versuchte, statt des Führerscheinentzugs (Wiedererteilung der Fahrerlaubnis nur mit MPU) ein Fahrverbot zu erreichen, zumal sein Mandant bisher nie einschlägig in Erscheinung trat. Als Selbstständiger sei er auf seinen Führerschein angewiesen, zumal er nach einer Erkrankung vor einigen Jahren gerade erst wieder dabei sei, das Geschäft zum Laufen zu bringen. Dass er derzeit fast ausschließlich von seinen Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung und mit Unterstützung seiner Lebensgefährtin lebt, wies der Angeklagte anhand seines Steuerbescheides nach. Auch betonte der 63-Jährige, er habe gar nicht fahren, sondern sein Motorrad zu seiner nur wenige hundert Meter entfernt liegenden Wohnung schieben wollen. Dass er zur Bar hingefahren ist, war aber durch eine Zeugenaussage belegt.

Candida Schramm von der Staatsanwaltschaft stellte in ihrem Plädoyer fest, dass das Vorgehen der Polizeibeamten zur Gefahrenabwehr durch den alkoholisierten Fahrer verhältnismäßig gewesen sei und keinen Anlass zur Gegenwehr geboten habe. Alkoholfahrt und Beleidigung seien ebenso nachgewiesen. Sie beantragte 2000 Euro Geldstrafe und weitere sieben Monate Führerscheinsperre.

Verteidiger Vogel erklärte, sowohl der Widerstand als auch die Beleidigung seien keine besonders schweren Fälle gewesen, er habe nur passiven Widerstand geleistet und es seien auch keine schlimmen Schimpfworte gefallen. Er sei dafür zu bestrafen, aber eher moderat. Weitere drei Monate Fahrverbot und einen deutlich abgesenkten Tagessatz bei der Geldstrafe hielt er für angemessen.

Der Angeklagte entschuldigte sich nochmals für sein Verhalten und betonte sein Bemühen, beruflich wieder auf die Beine zu kommen. Derzeit fahre er mit dem Roller zur Kundschaft. "Das geht schon auch", erklärte er.


Weiße Weste, aber...

Richterin Ilona Convers Urteil lautete schließlich auf 1000 Euro Geldstrafe, der Führerschein darf frühestens in vier Monaten wieder erteilt werden. Sie sah die Fahrt zur Bar als erwiesen an. Auch wenn die Strecke nur kurz gewesen und eine Alkoholfahrt auf einem Motorrad für den Fahrer gefährlicher ist als für andere Verkehrsteilnehmer, sei es doch eine Alkoholfahrt. Auch wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte wurde er verurteilt, denn "Sie haben zwar nicht getreten, aber Sie haben nicht gemacht, was die Beamten zu Recht von ihnen verlangt haben. Obwohl die über lange Zeit auf Sie eingeredet haben wie auf einen kranken Gaul". Weil er aber ansonsten eine weiße Weste habe, sei der Führerscheinentzug seit Dezember für noch weitere vier Monate angemessen.