Luftballons und Jesu Leiden in Ebern

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Nach monatelangen Vorarbeiten wurde das Kunstwerk von Gerhard Rießbeck in die Mitte der Decke und an die Wände der Christuskirche in Ebern angebracht. Mit Hilfe einer Hebebühne ging das Bild mit Himmel, Dornenkrone und Luftballons in die Luft. Foto: Johanna Eckert
Nach monatelangen Vorarbeiten wurde das Kunstwerk von Gerhard Rießbeck in die Mitte der Decke und an die Wände der Christuskirche in Ebern angebracht. Mit Hilfe einer Hebebühne ging das Bild mit Himmel, Dornenkrone und Luftballons in die Luft. Foto: Johanna Eckert
Rießbecks Entwurf
Rießbecks Entwurf
 

Die evangelische Kirche in Ebern ist Teil des überregionalen Kunstprojekts "12 (W)Orte". Der plakative Beitrag des Künstlers Gerhard Rießbeck, der jetzt unter der Kirchenkuppel installiert wurde, garantiert Kontroversen.

Mit banalen Elementen wie Luftballons das Leiden und den Tod Jesu darstellen? Fast unvorstellbar. Aber nicht unmöglich. Einer hat es gewagt: Gerhard Rießbeck. Doch nicht nur er - er bedient sich ja doch der künstlerischen Freiheit - sondern auch die Verantwortlichen der evangelischen Kirchengemeinde in Ebern haben damit eine gewisse Portion Mut bewiesen. Diese Kunstwerk, das nun für ein Jahr Teil der Erscheinung der Christuskirche sein wird, war usn ist umstritten unter den Gläubigen.

Mit "Überraschungseffekt"

Seit gestern hängt das bunte Bild an der Decke der Christuskirche, und die Luftballons steigen an den Wänden empor. Wie viele es wirklich sind, bleibt noch einige Tage ein Geheimnis zwischen dem Künstler Gerhard Rießbeck und Pfarrer Bernd Grosser: "Wir werden die Kirche jetzt bis Sonntag verschließen", so das Gemeindeoberhaupt, "das soll einfach niemand vorher sehen. Der Überraschungseffekt ist dann viel größer". Am Sonntag findet die "Enthüllungsfeier" in der Christuskirche statt, und Gerhard Rießbeck wird sein Werk der Öffentlichkeit vorstellen und erklären.

Die Christuskirche und ihre Gemeinde ist mit diesem Kunstwerk Teil des Kunstprojektes "12 (W)Orte", das in zwölf ausgewählten Gemeinden im Kirchenkreis Bayreuth verwirklicht wird. Es geht um die Darstellung zwölf sehr markanter Bibelstellen. Der Kirchenkreis, genauer gesagt eine eigens eingesetzte Fachjury hat den Künstler Gerhard Rießbeck aus Bad Windsheim ausgewählt, um die Bibelstelle Lukas 23, in der es um Kreuzigung und Tod Jesu geht, künstlerisch in den Kirchenraum zu integrieren.

Bedenken im Vorfeld

"Ich frage mich, ob dieses Kunstwerk wirklich eine Verschönerung unserer Kirche ist", so Anni Spielmann im Februar dieses Jahres bei der Gemeindeversammlung. Sie sieht in dem "Deckenloch", das durch die Zusammenführung der 60 Holzbalken an der Decke entsteht, nicht unbedingt Handlungsbedarf zur Umgestaltung. Viele der Gemeindemitglieder empfinden in der Schlichtheit der Christuskirche das Besondere: "Mir ist das zu bunt und zu kitschig!" Auch Christian Frieß teilt diese Meinung: "Mich hat die Kühle der Kirche nie gestört. Und ein Farbklecks an der Decke wird diese Kühle auch nicht auflösen."

Seit genau einem Jahr lebt und arbeitet die Kirchengemeinde bereits mit dem Kunstprojekt "12(W)orte". Es gab viele und intensive Diskussionen. Aber: "Der Dialog über das Kunstwerk ist ausdrücklich ein wichtiger Bestandteil des von der Regionalbischöfin Dorothea Greiner initiierten Kunstprojekts", sagt Pfarrer Bernd Grosser. Die moderne Darstellung von Jesu und Leiden und Tod wird sicherlich Leute in die Kirche locken - im Schulunterricht oder während der Stadtführung. "Die Kirchengemeinde macht sich interessant und bleibt im Gespräch", so andere Meinungen.

Demokratische Entscheidung

Der "Farbklecks" und die bunten Luftballons bleiben während der Projektphase Eigentum von Gerhard Rießbeck. Pfarrer Grosser versichert, dass es zum Ende des Kunstprojektes eine demokratische Entscheidung in der Gemeinde geben wird, ob das Bild käuflich erworben werden soll oder nicht. Für die Anbringung und Demontage des Kunstwerkes muss in dem überregionalen Projekt jede Gemeinde selbst sorgen. Weitere Kosten fallen für die Versicherung des Bildes an. "Es sind aber keine Kosten, die wir uns nicht leisten könnten", ergänzt Grosser.


Die Christuskirche im Bayerischen Rundfunk

Ein Redaktionsteam des Bayerischen Rundfunks hat Gerhard Rießbeck und andere Künstler im Atelier besucht sowie Statements der betroffenen Gemeinden, unter anderem auch der Eberner Gemeinde eingeholt. Sendetermin: Heute, Mittwoch, 29. Oktober, um 19 Uhr im Magazin "Stationen" und am Sonntag, 16. November, um 15 Uhr unter dem Titel "12 (W)Orte - eine Pilgerreise der besonderen Art".

Festlicher Auftakt

Die Kunstaktion "12 (W)Orte" startet mit der zentralen Eröffnungsfeier am Freitag, 31. Oktober um 16 Uhr, in der evangelischen Stadtkirche zu Münchberg durch Regionalbischöfin Dr. Dorothea Greiner. Dort werden alle zwölf Kunstwerke vorgestellt.
Die öffentliche Vorstellung des Kunstwerks von Gerhard Rießbeck in der Eberner Christuskirche findet am Sonntag, 2. November, im Rahmen eines Gottesdienstes mit anschließendem Gemeindefest unter dem Motto "KunstKaffee" statt. Um 10 Uhr beginnt der Gottesdienst in der Christuskirche mit musikalischer Umrahmung von Karin Meyer-Jungclaussen (Orgel), Jakob Mack (Bariton). Die Vorstellung seines Kunstwerks übernimmt Gerhard Rießbeck selbst. Um 11.30 Uhr ist ein Kirchenkaffee im Gemeindehaus mit Eröffnung einer Begleitausstellung des Eberner Künstlerpaars Eichler vorgesehen. Über die Mittagszeit wird im Gemeindehaus Geselligkeit und Kaffeehaus-Musik geboten. Um 14 Uhr ist neuerlich eine Erläuterung des Kunstwerks durch Gerhard Rießbeck in der Christuskirche angesetzt, und um 14.30 Uhr folgt ein "Kunst-Stammtisch" - Gespräche mit Gerhard Rießbeck über Kunst und Kirche.
Führungen und Erläuterungen des Kunstwerkes durch Pfarrer Bernd Grosser finden am Sonntag, 9. November, um 11.30 Uhr, und am 16. November, um 15 Uhr, jeweils in der Christuskirche statt.


Weitere Termine:

Montag, 3. November, 11 Uhr: Kunstbeauftragte der bayerischen Kirchenkreise besichtigen das Kunstwerk

Donnerstag, 13. November, 19 Uhr: "Kunst und Kirche" mit dem Kunstbeauftragten der bayerischen Landeskirche Kirchenrat Helmut Braun, München; es wird auch eine Erklärung der Kunstwerke der benachbarten Gemeinden in Schottenstein, Gemünda und Coburg-St. Moritz geben.

Sonntag, 16. November, 16.30 Uhr: Konzert zum Ende des Kirchenjahres mit "Voci di Donne"
Weitere Informationen:
www.gerhardriessbeck.de und www.ebern-evangelisch.de

Dokumentation

Zum Kunstprojekt "12(W)Orte" ist eine reich bebilderte Dokumentation erschienen, in der die Kunstwerke nebst Künstlern und beteiligte Gemeinden vorgestellt werden. Die Dokumentation kann gegen eine Schutzgebühr im evangelischen Pfarramt oder im Rahmen der Veranstaltungen erworben werden.