Gemeinschaft im Glauben, Gemeinschaft in der Musik: Katholische und evangelische Christen haben in Ebern die Leidensgeschichte Jesu gemeinsam gesungen. Den Gemeinden wurde ein Nagelkreuz aus Coventry geschenkt.
Es ist das Kreuz, um das sich im christlichen Glauben vieles in diesen österlichen Tagen dreht. Es ist mehr als nur ein Symbol, das Gemeinschaft schafft. Vergleichbar mit der Musik. "Bei der geistlichen Musik sind wir miteinander", sagte der evangelische Dekan Jürgen Blechschmidt am Sonntag in der katholischen Stadtpfarrkirche St. Laurentius in Ebern. Die Musik und das Kreuz haben es gemeinsam geschafft, am Palmsonntag Menschen aus mehr als drei Kirchen und Konfessionen zusammenzubringen.
Nebeneinander saßen sie, aus katholischen und evangelischen Gemeinden, Mitchristen aus der anglikanischen Kirche und Menschen, die der islamischen Religion angehören. Nebeneinander, ohne Wenn und Aber.
In ihrem gemeinsamen Mittelpunkt stand die Leidensgeschichte von Jesus Christus.
Mit majestätischen und dramatischen Harmonien vorgetragen von einem ökumenischen Chor, gebildet aus dem katholischen "Laurentius Chor" und dem der evangelischen "Chor Cantabile". Derartiges überkonfessionelles Zusammenwirken war eine Premiere - mit Erfolg. "Das war gut. Das sollten die ruhig öfters machen", meinte eine Besucherin am Ende des Konzertes.
Als Solisten wirkten Jakob Mack und Anders Veiteberg. Beide studieren an der Hochschule in Würzburg in der Klasse von Martin Hummel Gesang.
"Das ist wunderschöne Musik" Es war Alan Stockbridge, der mit seiner Leidenschaft für die englische Musik den Anstoß zu einem gemeinschaftlichen Projekt gab. Seit einigen Jahren schon wohnt der Geistliche, der viele Jahre in England lebte und dort in der Kirche wirkte, in Ebern.
Während seiner Zeit auf der britischen Insel ist er auf den Komponisten John Stainer und sein Werk "Crucifixion" gestoßen. Es hat ihn so begeistert, dass er es den Dirigenten der Eberner Chöre, Wolfgang Schneider und Stefanie Schmitt, vorgeschlagen hatte. Mit Recht: "Das ist wunderschöne Musik", schwärmte Wolfgang Schneider bereits nach wenigen Proben.
John Stainer ist kein unbedeutender Musiker. Er lebte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in England. Schon mit 16 Jahren bekam er den Posten als Organist an einem Gymnasium für Jungen in Mittelengland, das gegründet worden war, um die anglikanische Kirchenmusik zu fördern. Mit 20 fing er an, in Oxford zu studieren, es folgte die Promotion. Als Stainer 31 Jahre alt war, wurde er zum Organisten und Chorleiter an der St. Pauls Kathedrale in London bestimmt. Im Jahr 1901 starb er im Alter von 60 Jahren.
Mit seiner Tätigkeit wollte er vor allem die Kirchenmusik fördern. Im Jahr 1887 schrieb er das Werk "Crucifixion" - sein bekanntestes und beliebtestes. Die Worte für dieses Musik-Oratorium hat sich Stainer direkt aus der traditionellen, englischen Version der Bibel, der sogenannten "King James Bible" aus dem Jahre 1611 genommen.
Ein Nagelkreuz für Ebern Mit dieser musikalischen Zusammenarbeit wurden die Verbindungen zwischen der evangelischen und der katholischen Kirchengemeinde in Ebern intensiviert. Das soll auch in Zukunft so bleiben. Denn die Geistlichen aller Konfessionen sind nicht umsonst in ihrem liturgischen Gewand zum Konzert gekommen.
Revernd Kenneth Dimmick, anglikanischer Kreisdekan in Stuttgart, hat den Pfarrern Bernd Grosser und Pater Rudolf Theiler feierlich ein Nagelkreuz aus Coventry überreicht.
Dieses, ursprünglich aus Nägeln des Dachstuhls der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Kathedrale in Coventry gefertigte Kreuz, gilt als Zeichen der Versöhnung zwischen Nationen, Kulturen und Religionen. "Es ist ein Kreuz für beide Gemeinden. Sie müssen es sich teilen", sagte der Anglikaner zu seinen Mitbrüdern. Gemeinsam mit der Osterkerze wird dieses Kreuz Jahr für Jahr zwischen den Gemeinden hin und her wandern.
Die Kreuze Vor 75 Jahren, wenige Monate nach dem Anfang des Zweiten Weltkriegs, erfolgte ein Luftangriff auf die mittelenglische Stadt Coventry, wobei auch die Kathedrale zerstört wurde. Bei den Aufräumarbeiten ließ der damalige Domprobst drei Zimmermannsnägel aus dem Dachstuhl der zerstörten Kathedrale nehmen und zu einem Kreuz zusammensetzen.
Dieses stellte er auf die Überreste des schwer beschädigten Altars und ließ daneben in einer zerstörten Mauer die Worte "Father forgive" ("Vater vergib") einmeißeln. Er ließ dann weitere Kreuze fertigen und brachte nach dem Krieg etliche von ihnen in deutsche Städte, die von britischen Bomben zerstört worden waren.
Die Gemeinschaft Sein Nachfolger gründete bei der Einweihung der neuen Kathedrale in Coventry 1962 die sogenannte Nagelkreuzgemeinschaft. Die kleinen, in Coventry hergestellten, Kreuze sollen als Zeichen der Versöhnung und Vergebung zwischen Deutschland und Großbritannien, zwischen Christen verschiedener Konfessionen und zwischen ganzen Völkern dienen. In Deutschland gibt es bis jetzt 58 Einrichtungen, in denen das Nagelkreuz steht, sogenannte Nagelkreuzzentren. Seit Sonntag zählt auch Ebern dazu.
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