Eine Gesetzesänderung erlaubt die schnellere Abschiebung von Asylsuchenden aus Westbalkan-Ländern. Damit wird auch in Burgpreppach die ehrenamtliche Arbeit mit Asylsuchenden aus der Roma-Bevölkerungsgruppe erschwert.
320 Babys, Kinder, Jugendliche, Frauen und Männer fanden im Oktober im Landkreis Haßberge Raum in eine Asylunterkunft. Einige haben die Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu ihrer Flucht schon hinter sich.
Antwort kommt derzeit nach durchschnittlich sieben Monaten. Andere haben sie schon und müssen innerhalb weniger Tage die Bundesrepublik verlassen. So eine Aufforderung zur Ausreise bekommen schneller als bisher Menschen aus Serbien, Mazedonien sowie Bosnien und Herzegowina. Denn es gibt ein neues Gesetz.
Im Dezember 2009 beantragte mit Serbien eines dieser drei Länder die Mitgliedschaft in der Europäischen Union.
Damit will sich das Land vom Westbalkan künftig einiger Standards bedienen, die in der Mitte Europas normal sind: Jeder hat Zugang zum Gesundheitssystem, Kinder werden gewaltfrei in der Schule behandelt, Arbeitsplätze stehen allen zur Verfügung, eine Vertreibung aus der Wohnsiedlung und die gleichzeitige Zerstörung des Wohnraumes findet nicht statt.
Aber Serbien scheint von diesen demokratischen Grundsätzen noch ganz weit weg zu sein. Vor allem im Hinblick auf die Integration der Roma.
Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl kam in einer Studie 2013 zu dem Ergebnis: "Die Situation der Roma in Serbien ist unverändert katastrophal." Laut der letzten Volkszählung 2002 stellen die Roma 1,4 Prozent der Bevölkerung in Serbien. Sie gelten als schwächste Minderheitengruppe.
Nicht so in der Statistik des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge.
Im September 2014 wurden 16214 Erstanträge auf Asyl in Deutschland verzeichnet. Aus den vergangenen Jahren ist bekannt, dass im Oktober die meisten Flüchtlinge in Deutschland ankommen. 17,7 Prozent der Erstantragsteller kamen im September aus den bereits im Vorjahr dominierenden Westbalkanländern Serbien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Mazedonien und Montenegro. Die Mehrheit gehört einem Roma-Clan an.
"Scheiß-Zigeuner", sagt eine Roma-Frau aus Serbien, die derzeit im Landkreis Asyl gefunden hat, "sind wir Roma-Leute für die serbischen Menschen. Denen geht es gut. Sie haben Autos, Häuser und Geld." Sie und ihr Mann arbeiteten auf der Müllhalde. "Die Kinder darf man nicht in die Schule schicken.
Du weißt nicht, ob sie tot oder lebendig wieder heimkommen."
Markus Schorn, Integrationsbeauftragter und Gemeinderat in Burgpreppach, hat von diesen Lebensumständen gehört: "Es gab viele persönliche Gespräche mit den Menschen, die wir in Burgpreppach aufgenommen haben. Kein wirklich festes Dach über dem Kopf, schlechte sanitäre Einrichtung und kaum Zugang zur Bildung."
Am 6. November trat ein Gesetz in Kraft, das neben Ghana und dem Senegal nun auch Serbien, Mazedonien und Bosnien und Herzegowina zu sicheren Herkunftsländern erklärt. Knapp 20 Prozent der Asylbewerber, die derzeit im Landkreis ihren Wohnsitz haben, stammen aus diesen Ländern.
Nach diesem Gesetz werden Anträge Asylsuchende aus diesen Herkunftslänern künftig regelmäßig als "offensichtlich unbegründet" abgelehnt.
Nur wenn die Menschen belegen können, dass sie "abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat" Verfolgung zu befürchten haben, werde von diesem Grundsatz abgewichen.
Die Reaktion der Verantwortlichen der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl: "Es ist ein Deal auf Kosten der Roma-Flüchtlinge im Kabinett beschlossen worden. Die Bundesregierung blendet Menschenrechtsverletzungen in Serbien, Mazedonien, Bosnien und Herzegowina systematisch aus, um Flüchtlinge aus diesen Staaten leichter abschieben zu können." In Burgpreppach müssen die ersten Menschen die Koffer packen. Sie wurden ausgewiesen. Aber nicht abgeschoben.
Denn: "Der Familie wurde die Möglichkeit einer geordneten Rückführung per Bus erklärt. Diese werden sie voraussichtlich auch annehmen", sagt Markus Schorn.
"Es wäre für Burgpreppach, und sicherlich auch für ähnlich große Gemeinden von Vorteil, wenn man in der Verwaltung sensibler mit der Zuteilung von Asylbewerbern umgehen würde", so der Gemeinderat, "und Familien oder Personen auf die kleinen Ortschaften schickt, die voraussichtlich länger als nur wenige Monate hier verbringen."
Denn "es wird viel Energie von der Bevölkerung und den ehrenamtlichen Helfern in die Integrationsarbeit gesteckt. Es ist schade, wenn man die Früchte einer solchen Arbeit nie ernten kann".
Franz Josef Zeheter, der sich in Ebern ehrenamtlich um die asylsuchenden Menschen kümmert, ist sich nicht sicher, was der Gesetzesbeschluss über die sicheren Herkunftsländer bedeutet: "Das ist sicher für viele, die dann leichter abgeschoben werden können, schlimm."
Aber: "Die Beurteilung dieser politischen Entscheidung tangiert kaum meine Tätigkeit für die
Asylbewerber. Solange die Leute da sind und meine Hilfe brauchen, gebe ich sie." Genauso - nur hauptamtlich - macht es Linda Wagemann von der Migrationsberatung der Caritas. "Vielen der Menschen ist es bewusst, dass sie bald wieder gehen müssen. Deswegen versuchen sie sicherlich auch ihr Geld zu sparen, und einiges als Sachleistung hier zu bekommen."
Im Oktober 2012 warnten Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und der hessische Innenminister Boris Rhein (CDU) vor "Asylmissbrauch" durch serbische und mazedonische Antragsteller, insbesondere Roma. "Scheinasylant" oder "Asylschmarotzer" sind andere Begriffe, die in diesem Zusammenhang kursieren.
Auch die bayerische Sozialministerin Emilia Müller (CSU) hat sich erst kürzlich bei ihrem Besuch in Hofheim zu dieser Thematik geäußert: "Die Menschen aus diesen Ländern machen bei uns 25 Prozent der Asylbewerber aus. Sie belegen Plätze von Menschen, die wirklich auf der Flucht sind und Schutz brauchen."
Das Verhalten einzelner Roma-Flüchtlinge bestätige auch im Landkreis diese Vorurteile; sie rücken damit eine ganze Volksgruppe in ein schlechtes Licht.