Der Weltmarkt schlägt auf allen Feldern durch. Und der Handel läuft online und weltweit. Für die Landwirte im Landkreis Haßberge gilt: die Erträge steigen, die Preise sinken. Und darauf stellen sich die schlauen Bauern ein und ihre Anbauflächen um.
Der Bauer ist ein Schlauer und plant auf Dauer. Mit so einem Kalauer lässt sich die Situation auf dem Getreidesektor umschreiben, da sich die Ernte dem Ende zuneigt und fast nur noch der Mais auf den Feldern steht (was viele Wildschweine freut, die solche Bestände durchpflügen). Eine erste Bilanz zeigt: Trotz bisweilen ungünstiger Witterungsbedingungen steigen die Erträge, die Preise indes fallen.
Und darauf stellen sich die schlauen Bauern ein und ihre Anbauflächen um. So hat der Leiter des Amtes für Landwirtschaft und Forsten in Schweinfurt, Reinhard Bischoff, auf den Flächen im Haßbergkreis beispielsweise einen Trend ausgemacht, der auf eine Rückkehr des Roggens hindeutet. "Das ist eine stabile Kultur." Und das habe sich unter den Landwirten herumgesprochen, weswegen Roggen wieder verstärkt angebaut wird.
Der Ertrag liege heuer zehn bis 15 Prozent über den Zahlen des Vorjahres.
Weizen blicht wichtig Wichtigstes Getreide bleibt aber der Weizen. Und der trotzte ebenfalls der Wetterunbilden. "Die Erträge liegen zehn bis 25 Prozent über dem Durchschnitt. Und das ist schon positiv." Dafür fallen aber die Rohprotein-Werte etwas geringer aus, was laut Bischoff bei höheren Erträgen aber "ganz normal" sei.
Doch die Bilanz beim Weizen sei nicht einheitlich, schränkt Bischoff ein, was auch Lohndrusch-Unternehmer schon festgestellt hatten, und auch der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes (BBV), Klaus Merkel, gegenüber unserer Zeitung bestätigte. Bischoff: "Manche Landwirte verzeichneten Ausfälle bis zu 25 Prozent." Was er auf die entsprechenden Böden und den Saatzeitpunkt zurückführt.
"Dort, wo nach Überschwemmungen das Wasser lange auf den Äckern stand, gab es sogar Totalausfälle."
Solche Reaktionen sind auch bei BBV-Obmann Merkel schon angekommen: "Die Streuung der Erträge ist sehr groß und manche unserer Bauern können gar nicht nachvollziehen, dass unsere Verbandsoberen schon von einer guten Ernte sprechen."
Was aufgrund der unterschiedlichen Gegebenheiten von Steigerwald, Haßberge und Maintal auch nicht verwunderlich ist. Eine Erfahrung, die Lohndrusch-Unternehmer Fritz Paulus auch schon im weit kleineren Umfeld gemacht hat: Bei der Wintergerste holte er zwischen 40 und 80 Doppelzentner von den Äckern rund um Ebern. Klaus Merkel liest aus den Zahlen für Unterfranken aber generell heraus, dass die "Ergebnisse über den Zahlen der letzten zwei Jahre liegen und wir deshalb zufrieden sein können".
Mehr Kummer bereitet Merkel hingegen die Preisentwicklung.
"Die wurde schon vor Beginn der Ernte nach unten geredet, weil der Landwirtschaftsminister der USA von Beginn an eine Rekordernte angekündigt hat". Dieser Entwicklung können sich die deutschen Landwirte nicht entziehen, auch wenn die endgültigen Preise erst in einigen Wochen ausgehandelt sein werden. Da helfen auch keine Vorverträge.
Lottospiel mit Vorverträgen? Die gleichen nach Meinung von Klaus Merkel einem "Lottospiel", weil jeder Betriebsinhaber damit ein Risiko eingeht. "Mit einem Kontrakt verpflichtet man sich, für einen festgelegten Preis eine bestimmte Getreidemenge festgesetzter Güte zu liefern. Was aber ist, wenn der Weizen nur zum Futterweizen taugt?" Es sei schon passiert, dass Landwirte dann zukaufen mussten, um ihren Verpflichtungen nachzukommen.
"Auch waren die vorläufigen Erntepreise schon lukrativer als die des Vorvertrages." Deshalb empfiehlt Merkel, nicht mehr als die Hälfte einer angepeilten Ernte über Vorverträge zu vermarkten.
Probleme, die Helmut Liebenstein, Geschäftsführer der RW-Agrar mit Zentrale in Hofheim und Lager unter anderem in Heubach, in diesem Jahr nicht sieht: "Die Ernte war sehr gut und die 30 bis 40 Prozent, die über Vorverträge vermarktet hatten, lagen genau richtig und lieferten auch auf die vereinbarten Mengen." Denn: die Preise gehen nach Liebensteins Beobachtung nach unten. "Zwischen 25 und 30 Prozent sogar während der Ernteperiode."
Und er erwartet auch keine Besserung für den zweiten Schub im Oktober, wenn die Mengen, die auf dem heimischen Hof zwischengelagert wurden, in den Markt gepumpt werden.
Vom Acker an den Schreibtisch: Klaus Merkel weist auf die Möglichkeiten hin, dass Verträge nicht nur
über den Landhandel vor Ort abgeschlossen werden müssen, sondern sich die Ernte auch über Börsenmakler oder über direkten Börsenzugang online vermarkten lasse.
Dort dürfte heuer auch viel Raps gehandelt werden. Diese Ölfrucht ist selbst dort gut gewachsen, wo im Frühsommer noch Hochwasser aufgelaufen war, weiß Landwirtschafts-Amtsleiter Reinhard Bischoff aus Gesprächen mit vielen Bauern. "Die Erträge waren sehr gut, bis zu 20 Prozent über dem Durchschnitt."
Schlechter Preis beim Mais Ganz anders erging's der Sommergerste, die nach der Aussaat ob der großen Wassermengen kaum Wurzeln ausbildete, was zu Verlusten bis zu 20 Prozent führte. Der Hafer indes verzeichnete wieder ein gutes Jahr.
Trübe Aussichten beim Mais, dessen Ernte zur Silage laut BBV-Kreisobmann Merkel in diesen Tagen beginnt, um somit die Vorräte für Rinder oder Biogasanlagen zu bunkern.
Der Mais, als zweitwichtigste Anbaufrucht im Landkreis, müsste nach Überzeugung von Reinhard Bischoff "jetzt 2,5 bis 3 Meter hoch stehen".
Tut er aber nicht. "Die Bedingungen heuer waren von Anfang an ungünstig: Kälteeinbruch, Nässe und dann die Trockenperiode sorgten für schlecht ernährte Pflanzen, obwohl "der Mais eigentlich robust ist", wie Bischoff weiß. "Da müsste in den nächsten Tagen schon noch viel passieren, damit der Mais doch noch besser dasteht."
Dies gilt auch für die Zuckerrüben, für die die ersten Proben ein schlechtes Erntejahr erwarten lassen.
Positiv präsentierte sich der Verlauf der Ernte, da es ab dem Startschuss viele heiße Tage gegeben hatte.
RWA-Geschäftsführer Liebenstein: "Die Ware war total trocken, der Eiweißgehalt normal."
Ähnliches gilt auch für die BayWa: "Wir mussten heuer keine fünf Prozent des angelieferten Getreides trocknen", sagt der Verkaufsleiter der BayWa für Oberfranken, Alexander Weiß, zur Getreideernte 2013. Vor zwei Jahren seien dies mehr als 50 Prozent gewesen. "Unheimlich aufgeholt" habe die Natur den dreiwöchigen Wachstums-Rückstand nach dem langen Winter, weiß Waltraud Dümmler. Pflanzenbauberaterin vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Bamberg.
"Summa summarum sind wir unter den Erwartungen geblieben", so der Baywa-Experte Der Richtwert, dass 100 Liter Gerste 62 Kilo wiegen solle, sei heuer nicht erreicht worden, was auf niedrige Proteinwerte schließen lasse.
Die Qualität beim Weizen liege im Normalbereich, beim Raps gebe es bei guter Ölqualität eine durchschnittliche Ernte.
Lob und Kritik erntet die BayWa für ihre Lagerhaus-Politik. Einerseits sei eine Kapazität von 35 000 Tonnen im Bamberger Hafen sehr wichtig (umgeschlagen werden pro Saison rund 100 000 Tonnen), andererseits bedauern viele Landwirte im Bamberger Land den weitgehenden Rückzug aus der Fläche.