Friedrich Rückert wie er leibt und nicht mehr lebt

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Zwei Denker über den Dichter: Klauspeter Schmidt vom Friedrich-Rückert-Gymnasium und Rudolf Kreutner von der Rückertgesellschaft. Foto: Ralf Kestel
Zwei Denker über den Dichter: Klauspeter Schmidt vom Friedrich-Rückert-Gymnasium und Rudolf Kreutner von der Rückertgesellschaft. Foto: Ralf Kestel
Geistesverwandt und irgendwie auch äußerlich ähnlich: Rudolf Kreutner, der als Projektleiter des Rückertjahres fungierte.
Geistesverwandt und irgendwie auch äußerlich ähnlich: Rudolf Kreutner, der als Projektleiter des Rückertjahres fungierte.
 
Rudolf Kreutner erläutert eine der vielen Original-Rückertschriften, die er während seines Vortrags präsentierte. Foto: Rudolf Hein
Rudolf Kreutner erläutert eine der vielen Original-Rückertschriften, die er während seines Vortrags präsentierte. Foto: Rudolf Hein
 
Eins positives Fazit zum Rückertjahr in Ebern zog der Bürgermeister.
Eins positives Fazit zum Rückertjahr in Ebern zog der Bürgermeister.
 
Günter Lipp war bei vielen Rückert-Veranstaltungen an vorderster Front dabei. So auch zum Abschluss.
Günter Lipp war bei vielen Rückert-Veranstaltungen an vorderster Front dabei. So auch zum Abschluss.
 
"Nicht mehr ganz taufrisch", wie er selbst sagte, aber immer noch köstlich unterhaltsam: Rudolf Kreutner.
"Nicht mehr ganz taufrisch", wie er selbst sagte, aber immer noch köstlich unterhaltsam: Rudolf Kreutner.
 

Der Dichter, dessen Todestag sich heuer zum 150. Mal, jährte, hat in Ebern mehr Freunde als nur einen Kupferstecher.

Seine Werke haben als Vermächtnis überdauert, Jahrhunderte schon - die 150. Wiederkehr seines Todestages strahlt sogar in die Zukunft aus - nicht nur in Form der Schattenfigur, die über das Rückertjahr hinaus vom Fenster des Finanzamtes aus in die Gasse, die seinen Namen trägt, blicken wird. Der Dichter Friedrich Rückert und dessen Werke wurden mit mehreren Veranstaltungen auf unterschiedlichen Ebenen und mannigfaltigen Stilformen in Ebern verankert.

So sah es zumindest Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) bei der Abschlussveranstaltung am Donnerstagabend in der xaver-mayr-galerie mit dem Vorsitzenden der Schweinfurter Rückertgesellschaft, Rudolf Kreutner, und Kreisheimatpfleger Günter Lipp, die beide den Lebensweg und dessen Spuren, die RückERt im Raum Ebern hinterließ, nachzeichneten.


Eine Notiz zu Frickendorf

Dabei spürte Lipp sogar einen Hinweis auf seinen Heimatort Frickendorf auf, den der Dichter auf seinem Weg zur Bettenburg durchstreift haben muss, auf, während er sich sonst gewohnt kritisch mit den Betrachtungen "meines Freundes Karl Hoch" zu Friedrich Rückert auseinander setzte.

Bei der Spurensuche war auch Bürgermeister Hennemann erfolgreich gewesen, der die vielfältigen Veranstaltungen noch einmal auflistete und dabei zuvörderst dem städtischen Bauhof dankte, der die Rückert-Anlage auf Vordermann brachte.

Noch ein Lieblingsthema klang beim Bürgermeister an: Auch syrische Flüchtlingskinder wurden in ein Projekt über den Orientalisten Rückert einbezogen.

Dass der auch patriotische Werke verfasst hatte, kam später bei Rudolf Kreutner zur Sprache, wobei er den "Deutschen die Leviten gelesen" hatte. Auch dass ihn Friedrich Engels wegen einer Veröffentlichung aus DDR-Zeiten zum Großdichter erklärte. Der gute Rückert und seine Werke sind im Verlauf seiner Nachlass-Jahre also von den unterschiedlichsten "interessierten Kreisen" vereinnahmt worden.


Vom Rückert-Rummel geschafft

Zu Lebzeiten indes war ihm dies erst spät vergönnt gewesen, wie der Vorsitzende der Rückertgesellschaft in seiner ganz eigenen, feinsinnig-humorvollen Art über Rückerts Werdegang nachzeichnete, obgleich "ich nicht mehr so taufrisch bin wie bei meinem Vortrag beim Neujahrsempfang zu Beginn des Jahres".

Ob seines mitunter scherzhaften Umgangs mit der Vita Rückerts, eine besondere Form der Wertschätzung, sei er von Puristen - besonders in Schweinfurt - sogar angefeindet worden, erzählte er in trauter Runde.


Mit einem Schalk im Nacken

Nichtsdestotrotz: In Ebern kommt seine Art des Umgangs mit seinem Vorbild prima an. So wenn er mit einem Augenzwinkern enthüllt, dass Rückert eigentlich illegal zur Welt und zum Abitur gekommen sei.

Er wurde in einem Haus geboren, aus dem seine Eltern eigentlich schon hätten ausziehen müssen, zum Abitur kam er an einem Gymnasium, das zu dieser Zeit gar keines war, weil es an Bayern gefallen. "Aber die Schweinfurter haben einfach weitergemacht als sei nichts passiert und so schaffte er ein Not-Abitur."

Aber dem Genie Rückert ringt Kreutner große Hochachtung ab und dessen Liebe zur Natur, zu Sprachen und zur Literatur. Der Vordenker Rückert kommt im Vortrag nicht zu kurz: "Für ihn ging der Kulturtransfer nicht von Athen über Rom nach Mitteleuropa, sondern kam direkt aus dem Orient. Eine für damalige Verhältnisse ketzerische These."

Rückerts Rolle als Universitätsprofessor brachte ihm wohl ein üppiges Salär ein, aber wenig Genugtuung. "Ich kann lehren, ich muss selbst noch so viel lernen", hat der Dichter einst erkannt und: "Mehr als drei Studenten gleichzeitig hatte er während er seiner ganzen Zeit in Erlangen nicht", schob Kreutner nach.

Der Referent ging auf die vielen Stationen Rückerts ein: Von Schweinfurt über Großbardorf, Stadtlauringen, Würzburg, Heidelberg, Jena, bis Ebern, die Bettenburg, Stuttgart, Rom, Wien und Coburg ("ein Kuriositäten-Kabinett, die alles über Rückert gesammelt haben, sogar orientalische Schriften"), Erlangen, wo er den Koran übersetzt hat, obwohl er ihn selbst für unübersetzbar hielt, Berlin und Neuses.