"Fenster kippen ist das Schlimmste, was man machen kann": So lüften Sie richtig gegen Schimmel

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Wird oft unterschätzt: Wer nicht täglich die Fenster öffnet, lädt Schimmelpilze geradezu ein. Foto: Christin Klose/dpa,
Wird oft unterschätzt: Wer nicht täglich die Fenster öffnet, lädt Schimmelpilze geradezu ein.  Foto: Christin Klose/dpa,
 
 

In der kalten Jahreszeit ist es wichtig, täglich die Fenster zu öffnen, um Schimmel vorzubeugen. Allerdings ist Lüften nicht gleich Lüften.

Im Sommer kann es jeder: Die Heizkörper sind aus und die Fenster werden vor allem früh und spätabends gerne geöffnet, um frische, kühle Luft hereinzulassen. Auch gekippte Fenster sind dann kein Problem.

Wenn es um das Lüften im Spätherbst oder Winter geht, sieht die Situation ganz anders aus. Die "schöne Wärme" in der Wohnung will manch einer nicht aufgeben, die kalte Luft zieht - und außerdem regnet es ja draußen. Die Folge: Es wird nicht oder nur zögerlich gelüftet, mit fatalen Folgen.

Viel hilft nicht immer viel

Auf die Frage, was der größte Fehler beim Lüften ist, antwortet Günter Lieberth, Energieberater am Umweltbildungszentrum in Oberschleichach (Ubiz): "Fenster kippen ist das Schlimmste, was man machen kann. Im Winter ist es so, dass oft Fenster dauerhaft gekippt sind und die Leute glauben, dass sie lüften. Das ist ein Irrglaube!"

Bei gekippten Fenstern finde nur ein Siebtel des Luftaustausches statt, der beim Querlüften erreicht wird. Dies geschieht, wenn die Fenster (und die Raumtüren) in gegenüberliegenden Räumen gleichzeitig geöffnet sind.

Zudem kühlen die Bauteile im Fensterrahmen beim dauerhaften Kippen stark ab, was langfristig Schäden verursachen kann. Auch werden das Mobiliar und die Wände heruntergekühlt. Beim Stoßlüften, so der Energieberater, bleiben die Möbel und Wände warm.

Passivhäuser machen dicht

In modernen Passivhäusern ist das Lüften kein Thema mehr: Weil die Gebäude absolut dicht sind und selbst Fenster sich oft nicht mehr öffnen lassen, wird gegen dicke Luft ein Lüftungssystem eingebaut, das aus der warmen Abluft mittels Wärmetauscher sogar noch Energie gewinnt.

Auf der anderen Seite gibt es ältere Häuser, die durch undichte Fenster und Türen permanent "belüftet" werden - was zu der Zeit, als vornehmlich mit Einzelöfen geheizt wurde, auch überaus sinnvoll war, um dem Feuer den notwendigen Sauerstoff zuzuführen. "Heute ist diese Dauerbelüftung nicht mehr notwendig", weiß Peter Sauer, Sachverständiger mit dem Fachgebiet Fenster und Fassadenbau aus Haßfurt.

Hat man ein zeitgemäßes Haus ohne zugige Fenster, dann schafft vernünftiges Lüften ein gutes Hausklima, ohne Energie zu verschwenden. Vernünftig lüften heißt: Fünf bis sieben Mal am Tag die Fenster komplett öffnen und querlüften, also so, dass "die Luft richtig durchpfeifen kann", sagt Energieberater Lieberth. Er weiß: "Das geht bei Berufstätigen nicht. Mein Tipp: Früh nach dem Aufstehen, abends nach der Arbeit und noch einmal vor dem Schlafengehen lüften."

Peter Sauer empfiehlt, pro im Haushalt lebender Person fünf bis zehn Minuten täglich die Fenster aufzumachen. Um die Luftzirkulation nicht zu unterbinden, sollten an den Außenwänden die Möbelstücke ungefähr fünf Zentimeter Abstand zur Wand haben.

Problematisch wird es im Winter auch, wenn Wäsche in den Räumen getrocknet wird. Spätestens dann muss unbedingt mehrmals täglich stoßgelüftet werden, um die zusätzliche Feuchtigkeit in der Wohnung nach draußen zu bekommen. Ein Alarmzeichen sind Wassertropfen innen an den Fensterscheiben.

Alarmzeichen Kondenswasser

Trockene, kalte Luft erwärmt sich laut Energieberater Lieberth übrigens viel schneller als die zirkulierende warme Luft. "Je wärmer die Luft, umso mehr Feuchtigkeit kann sie tragen." So kommt es häufig vor, dass sich am Morgen durch die Atemluft und nächtliches Schwitzen Kondenswasser an den Scheiben gebildet hat. Ein klares Zeichen dafür, dass ein Luftaustausch nötig ist.

Ist die Luftfeuchtigkeit zu hoch, kann sich in den Ecken Feuchtigkeit bilden und somit können Schimmelpilze entstehen. "Man muss zusätzlich entstandene Luftfeuchtigkeit, die beim Kochen, Duschen oder Aufhängen feuchter Wäsche entsteht, nach draußen bringen", bekräftigt Peter Sauer.

Obwohl die Gefahr der Schimmelbildung besteht, weiß der Sachverständige: "Schimmel hat meistens bauliche Ursachen. Um nicht unnötig Energie zu verschwenden, sollten während der kurzen Stoßlüftphase die Thermostatventile an den Heizkörpern geschlossen sein. Sonst laufen die Heizkörper auf vollen Touren. Anschließend Fenster schließen und wieder aufdrehen.

Jeden Raum separat heizen

Richtiges Lüften geht im Übrigen nur bei angemessenen Raumtemperaturen. Keinesfalls sollte zum Beispiel das Schlafzimmer über das Wohnzimmer "mitgeheizt" werden. Vielmehr sind alle Räume ausreichend und möglichst kontinuierlich zu heizen. Dies gilt auch für Räume, die nicht ständig benutzt werden oder in denen eine niedrigere Temperatur gewünscht ist.

Um die Luftfeuchtigkeit in den Räumen richtig einschätzen zu können, gibt es technische Helferlein. Denn das Gefühl ist meist trügerisch. Am besten kann die Luftfeuchte mit einem Hygrometer gemessen werden. Dieses kleine Gerät ist günstig, lässt sich leicht in der Wohnung platzieren und zeigt stets an, ob lüften zwingend notwendig ist.

Empfehlenswert sind hier Kombigeräte mit Feuchtigkeits- und Temperaturmessung. Beide Werte zu wissen, ist wichtig, da die Höhe der zu tolerierenden Luftfeuchte von der Temperatur abhängt.