Der Dichter von heute "slammt" - jetzt auch in Haßfurt

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Christian Ritter moderiert nicht nur Poetry-Slam-Abende - er trägt auch seine selbstgeschriebenen Texte vor und wurde dafür mehrmals ausgezeichnet. Hier ist Ritter bei einem Poetry Slam in Bamberg zu sehen. Foto: Matthias Hoch
Christian Ritter moderiert nicht nur Poetry-Slam-Abende - er trägt auch seine selbstgeschriebenen Texte vor und wurde dafür mehrmals ausgezeichnet. Hier ist Ritter bei einem Poetry Slam in Bamberg zu sehen. Foto: Matthias Hoch

In Uni-Städten gehört Poetry Slam zum Kulturangebot dazu. In Haßfurt gab es das noch nie. Das ändert das Bibliotheks- und Informationszentrum (Biz). Am Freitag in einer Woche kommen sechs Poeten in die Stadthalle. Auch Haßfurter Slammer sind gefragt.

Über sieben Millionen Klicks. Eine junge, blonde Psychologiestudentin genannt Julia Engelmann sorgte im Sommer dieses Jahres mit einem Video, das bei einem Poetry Slam in Bielefeld aufgenommen wurde, für den Durchbruch der modernen Dichterkunst in den Medien.

Gewonnen hat den fünften Bielefelder Hörsaal-Slam im Jahr 2013 aber ein anderer. Und eben dieser kommt in der nächsten Woche - am Freitag, 14. November - in die Haßfurter Stadthalle. Christian Ritter moderiert den allerersten Haßfurter Poetry-Slam-Abend. Er hat Germanistik studiert, ist Autor, Moderator, Vorleser - und 31 Jahre. Und ein bisschen "bühnengeil", denn "das muss man als Slammer schon sein".

Der Presse stellt er auf seiner Internetseite folgende Zitate zur Verfügung: "Ich lese ungern Bücher, die ich nicht selbst geschrieben habe." Oder: "Wenn Sie mich noch einmal als Comedian bezeichnen, zeige ich Sie wegen übler Nachrede an, Sie Hanswurst!"

Wer ist Christian Ritter?

Zum Glück gab es vor der Haßfurter-Dichterschlacht-Premiere die Möglichkeit, Christian Ritter im Biz am Schulzentrum auf ein Glas Wasser und eine Tasse Kaffee - "gerne beides" - zu treffen. Da sitzt er nun zwischen all den Büchern. Ist ein bisschen spät dran und ein bisschen nass, weil er "lieber vorsichtig mit dem Auto von Bamberg nach Haßfurt gefahren ist", weil, eigentlich ist er ja "viel lieber mit der Bahn unterwegs und schreibt nebenher", so Ritter. In dieser Polstersessel-Runde redet Ritter ganz normal, hält sich mit bühnenreifen Zitaten zurück und erklärt dafür presseverständlich, was die Haßfurter erwartet: "Ich garantiere, es kann alles passieren." Als Moderator bereitet er "ein Bett". Sprich, er hat sechs "Profi-Slammer" querfeldein aus Deutschland und der Slam-Szene eingeladen. Obwohl Kritiker der Poetry-Slam-Szene zwei Dinge ankreiden - "es gibt zu viele lustige Texte, es gibt zu viele Texte, die sich gleich anhören", so Ritter -, muss bei so einem Kulturwettbewerb kein Gedicht vorgetragen werden, der Text muss sich auch nicht reimen, "er muss nur selbstgeschrieben sein". Und genau da kommt der "Zusatzkick", wie ihn Ritter nennt: Jeder, der einen selbstgeschriebenen Text vortragen möchte, kann das an diesem Abend tun, und sich noch am Eingang in eine "Offene Liste" eintragen.

Eigentlich ist der Wettstreit recht einfach: Die "Slammer" müssen mit einem eigenen Text auf der Bühne stehen. Ob Gedicht oder Prosa ist egal - Hauptsache Eigenwerk. Denn unter Slammern regiert "die Ehrenhaltung: Kein Plagiat", lehrt Ritter. Und ansonsten: Ein Zeitlimit darf nicht überschritten werden, Verkleidung ist verboten, singen auch. Eine Jury - das Publikum - entscheidet, wer weiterkommt. Ob mit Punktekarten oder mit Klatschen, "das entscheide ich spontan an dem Abend", sagt Ritter.

Angst vor den Reaktionen der Haßfurter hat er keine, "solange sie da überhaupt sitzen". Es ist schließlich auch nicht die erste Bühne, auf der Ritter mit "ein paar guten Leuten" aus der Slam-Szene und durch "Leute, die Gedichte zu Hause liegen haben", Poetry Slam ins Rampenlicht der Kulturgeister rückt.

20 Karten sind schon verkauft

20 Karten sind auch schon verkauft, sagt die Bibliothekarin Sylvia Schnitzer. Gut 100 Gäste können im kleinen Saal der Stadthalle bei der Premiere sein. Und dann liefert Ritter im Biz spontan auch eine Premiere ab. Für ein Abschlussfoto klettert er auf einen Tisch. Klick. Da ist der Slammer. Slammt mal kurz eine E-Mail, in der steht, dass irgendjemand in der nächsten Woche nicht erreichbar sein wird.

Jetzt ist klar: Poetry-Slam ist mehr als "Carpe-Diem-Lyrik", wie Ritter das nennt, was Julia Engelmann in dem Video vorgetragen hat. Es sei nichts Elitäres. Gewiss, die moderne Form der Lyrik erwische oft Studenten, aber: "Es soll in die Texte nicht viel hineininterpretiert werden müssen. Man soll sie direkt verstehen", sagt Ritter - Poetry Slam ist, "wenn man sich mit Sprache auseinandersetzt und man muss ein bisschen bühnengeil sein".