Seit 75 Jahren gibt es in Eltmann die Kugellager-Industrie. Einst war es die Familie Schäfer aus Schweinfurt, dann war es Kugelfischer, heute gehört der Standort Eltmann zu der Schaeffler-Gruppe. Sie ist ein "Global-Player". Aber der ist stark durch die motivierten Mitarbeiter, die in ihrem Betrieb mehr sehen, als nur einen Arbeitgeber. Das wurde deutlich beim großen Mitarbeiterfest zum 75. Jubiläum.
Es ist ein "Global-Player" aber es ist nach wie vor ein Familienunternehmen, zu dem der einstige Kufi-Standort Eltmann gehört. Die Schaeffler-Gruppe. Und den 63-jährigen Reimund Strätz bewegt ein gewisser Familienstolz, als er über seinen Arbeitgeber spricht. Seit 1985 - also seit 30 Jahren - ist Strätz im Betrieb und hat viele Veränderungen hautnah miterlebt, manchmal auch mitgelitten. Damals, als es zeitweise auch um die Auflösung des Standorts gegangen war.
Ein Arbeitsleben in der Rollenfertigung
"Als ich zur Firma kam, war ich bei den Kegelrollen eingesetzt. Nun bin ich in der Produktion von Tonnenrollen für Pendelrollenlager, die von einer Größe von sieben Millimeter bis 180 Millimeter gehen." Natürlich erinnert er sich an seine Anfangsjahre. Der Unterschied zu heute? "Es war damals auf jeden Fall nicht so stressig wie heute. Wir müssen heute viel mehr und viel schneller auf Konjunkturschwankungen, kurzfristige Aufträge und andere Dinge reagieren, und das macht es nicht leichter."
Neue Maschinen, mehr Sauberkeit, hohe Qualität
Natürlich sei mit der Übernahme von Schaeffler vieles anders geworden. "Es wurde seitdem sehr viel investiert und fast der gesamte Maschinenpark erneuert. Wir sind heute wesentlich moderner, und es wird auch viel mehr auf die Sauberkeit Wert gelegt, die natürlich auch mit der Qualität begründet wird." Reimund Strätz ist persönlich froh über die derzeitige Situation im Unternehmen, denn es habe auch ganz andere Zeiten gegeben.
Die Angst vor der Arbeitslosigkeit
"Zu Kufi-Zeiten um das Jahr 1993 musste man sehr um seinen Arbeitsplatz fürchten. Es gab Sozialpläne, und viele Mitarbeiter haben auch den Betrieb verlassen. Ja sogar nach der Übernahme von Schaeffler gab es ja noch einmal 2004 Schließungsgerüchte und Diskussionen. Das waren wirklich keine einfachen Situationen." Für seine restlichen Berufsjahre und für jüngere Kollegen hat er einen Wunsch "dass der Standort und damit die Arbeitsplätze erhalten bleiben. Das ist nämlich auch ganz wichtig für unsere Region."
Frühere Mitarbeiter und heutige Senioren brachten in den Gesprächen an den Tischen immer wieder die familienfreundliche Komponente des Unternehmens "Schäfer" zur Sprache. Von "Papa Schäfer" war oft die Rede, so hieß der damalige Seniorchef bei der Belegschaft.
Den kannte sogar Eltmanns Bürgermeister Michael Ziegler, der sich bei seinen Grußworten outete: "Ja, ich bin ein Kufi-Kind. Wie stolz waren wir doch, wenn wir zu den großen Weihnachtsfeiern eingeladen wurden, Geschenke bekamen oder Ausflüge machen durften. Von den anderen Kindern wurden wir regelrecht beneidet, weil unser Vater bei Kufi beschäftigt war."
"Die 75 Jahre sind wie im Flug vergangen und doch ist jeder Tag allgegenwärtig. Der Aufbau war eine hervorragende Leistung, und große Veränderungen sind mit der Übernahme von FAG durch die Schaeffler-Gruppe geschehen. Damit wurde ein wegweisender innovativer Prozess angestoßen und große Investitionen haben den Standort Eltmann wettbewerbsfähig für die Zukunft gemacht. FAG war schon immer wichtig für die Region, und das soll in Zukunft so bleiben." Dies betonte Werkleiter Josef Scheller beim großen Mitarbeiterfest zum 75. Jubiläum des Schaeffler-Standorts Eltmann.
1500 Menschen feierten
Rund 1500 Gäste feierten auf dem Gelände in Eltmann, und Schaeffler bot den rund 500 Mitarbeitern sowie deren Angehörigen und Freunden Abwechslung. Scheller erinnerte an den Aufbau in der Kriegszeit und die Bombardierung, bei der das Werk fast vollständig zerstört wurde. Aber im ländlichen Raum lebten motivierte Leute, so dass schon im Dezember 1945 mit 17 Mitarbeitern die Arbeit wieder aufgenommen wurde.
Anfang 1949 stellten rund 330 Mitarbeiter etwa 182 Tonnen Kugeln im Monat her. Ab 1963 kam die Rollenfertigung.
"Das Werk Eltmann hat in seiner 75-jährigen Geschichte einige Höhen, aber auch Tiefen durchschritten. Nach einer erfolgreichen Restrukturierung Anfang dieses Jahrtausends ist Eltmann nicht nur ein wichtiger Teil des weltweiten Schaeffler-Produktionsnetzwerkes, es ist sogar das Leitwerk für die Tonnenrollenfertigung innerhalb der Schaeffler-Gruppe", betonte Josef Scheller. Man beliefere den Markt bis nach Indien und China, aber auch ins nahe Schweinfurt. Inzwischen baue man Fluglagerrollen unter Leitung von Aerospace und wolle dies vorantreiben. Ebenso habe man bei Methoden und Fachkompetenz so viel erreicht, dass die Eltmanner weltweit für die Schulungen bekannt geworden seien.
Leben in einer globalisierten Welt
Der Werkleiter meinte, er könne nicht in die Zukunft sehen, aber Grundlagen für die Zukunft bauen. Schaeffler sei bereit, an dieser Zukunft aktiv mitzuwirken, sie in die Hand zu nehmen und Werte für die Region, für die Firma, aber auch für die Familien zu schaffen. In einer globalisierten Welt sei es notwendig, qualitativ und termingerecht zu arbeiten. Dies sei oberstes Ziel; Eltmann erhielt dafür erst vor kurzem die höchste Zertifizierung in Sachen Arbeitsschutz und Energieeffizienz.
Mit besonderer Freude verlas er einen persönlichen Brief der Gesellschafter Maria-Elisabeth Schaeffler-Thumann und Georg F. W. Schaeffler, in dem sie zum Jubiläum gratulierten und ihr Vertrauen in den Standort Eltmann aussprachen.
Rudolf Lenhart, Leiter der Wälzlager und Komponenten Technologie, bestätigte, dass sich Eltmann in den letzten 15 Jahren sehr gut entwickelt habe, und die Kunden sehr zufrieden seien. "Die hier gefertigten Tonnenrollen höchster Qualitätsansprüche tragen maßgeblich zur Qualität und zum guten Ruf der Pendelrollenlager und Axial-Pendelrollenlager der Marke FAG bei." Schaeffler habe in dieser Zeit 100 Millionen Euro investiert, zuletzt in das Schulungszentrum.
Täglich 450 000 Tonnenrollen
Lenhart stellte die Leistungen der rund 500 Beschäftigten heraus. "Sie produzieren täglich etwa 450 000 Tonnenrollen höchster Qualität mit Durchmessern von sieben bis 200 Millimetern, Längen von sechs bis 250 Millimetern und einem Gewicht von 18 Gramm bis 50 Kilogramm. Die Rollen werden für die weitere Montage zu Lageranwendungen in den Bereichen Maschinenbau, Windkraft, oder für Schiffsantriebe wie für die ,Queen Mary‘ an andere Schaeffler-Standorte in Deutschland, Indien, China und den USA geliefert." Daran sehe man, was eine Komponente für eine Bedeutung habe.
2013 sei auf dem Werksgelände für die Industriesparte das neue Zentrum für technische Schulungen und Trainings eröffnet worden. Die technische Schulung von Kunden und Mitarbeitern spiele nämlich zunehmend für die richtige Auslegung, Handhabung und Funktion der Produkte eine zentrale Rolle. Als "Trainings-Headquarter" würden alle weltweiten Trainingsaktivitäten zentral von Eltmann aus geplant und gesteuert. Auf diese Weise seien schon 7000 Mitarbeiter in der Anwendungstechnik geschult und 80 Trainer in der Welt ausgebildet worden.
Bekommt Eltmann den Zuschlag?
Derzeit plane Schaeffler ein weiteres Beschäftigungszentrum. Eltmann liege auch hier gut im Rennen, und man sei guten Mutes, das hier platzieren zu können. "Wir sind mit dem Standort sehr zufrieden, und er ist auch gut für die Schulung und Ausbildung geeignet. Wir müssen offen für Neues sein, um damit den Standort lange zu erhalten."
"Eine Firma mit einer so langen und bemerkenswerten Geschichte hat auch ein Stück Stadtgeschichte geschrieben", betonte Bürgermeister Michael Ziegler. In der schnelllebigen Zeit sei es alles andere als alltäglich, dass sich eine Firma so viel Jahrzehnte am Markt behaupte und dass sie ihren guten Namen in den sich stetig verändernden Rahmenbedingungen zu wahren wisse.
An die Geschäftsleitung gewandt, meinte Ziegler, "ich weiß es sehr zu schätzen, dass Sie und Frau Schaeffleer-Thumann mit Ihrem Sohn in wirtschaftlich schwierigen Zeiten immer bemüht waren, die Belegschaft zu halten und dass Sie oft überproportional ausbildeten. Damit haben Sie vielen Menschen aus Eltmann, aber auch in unserer ganzen Region, eine Perspektive gegeben. Sie sind Ihrer sozialen Verantwortung für den Standort und seiner Mitarbeiter, insbesondere seiner jungen Menschen, gerecht geworden."
Die Firma Schaeffler gehöre dank der Qualität ihrer Produkte und ihrer vorausschauenden Investitionen heute zu den traditionsreichsten und stabilsten Unternehmen der Stadt. Für die Stadt sei sie ein wichtiger und verlässlicher Kooperationspartner.
Wachsen über neue Produkte
Stefan Spindler, zum 1. Mai 2015 in den Schaeffler-Vorstand berufen, zeigte sich froh, anlässlich des Jubiläums den Standort Eltmann kennenzulernen. Er finde es klasse, dass sich Eltmann so gut weiterentwickle mit großen und kleinen Komponenten.
Im Blick auf die Industrie meinte er "der Markt allein hilft uns nicht, und das Geschäft kommt auch nicht von alleine. Wir müssen auch schauen, wie wir über neue Produkte wachsen. Dabei freue ich mich, dass der Standort Eltmann ein Teil dieses Programmes ist."
Für die Umrahmung des Festaktes sorgten der "Kugelfischer Chor", für den Richard Schätzlein die Glückwünsche überbrachte, und der Jugendchor "Cantarella" aus Eltmann. Auch die Stadtkapelle Eltmann spielte auf. Hüpfburg, Popcornmaschine und Event-Rennbahn sorgten für Begeisterung bei den Kleinen. Die etwas Größeren hatten ihren Spaß mit dem in Schaeffler-Farben lackierten Fahrsimulator, mit dem sie ihre Eignung zum Formel-1-Piloten testen konnten. Viele weitere Kinderaktionen, begleitet durch die Kindergärten Eltmanns, rundeten das Rahmenprogramm ab.
Standort Eltmann im Wandel der Zeit
Die Geschichte des Standortes Eltmann beginnt 1940 mit dem Kauf der Grundstücke, für die es mehrere Gründe gab: Zum einen wollte die "FAG-Kugelfischer Georg Schäfer oHG" im damals überwiegend landwirtschaftlich ausgerichteten Raum Arbeitsplätze in der Nähe der Arbeitskräfte ansiedeln und so die langen Wege für die Mitarbeiter verkürzen.
Die pendelten täglich - zum Teil zu Fuß oder auf dem Fahrrad - aus den Haßbergen und dem Steigerwald nach Schweinfurt. Überdies war es betriebswirtschaftlich sinnvoll, Produktkomponenten in gesonderten Produktionseinheiten zusammenzufassen. Außerdem hatte der damalige Rüstungsminister Speer den "Dezentralisierungsbefehl" erlassen, dem zufolge Industriebetriebe von strategischer Bedeutung zum Schutz von Bombenangriffen breiter gestreut anzusiedeln waren.