Beim Kreuzbund in Ebern geht es ums Leben und gegen die Sucht

3 Min
Der Kreuzbund hilft Suchtkranken, wieder trocken zu werden, Foto: dpa
Der Kreuzbund hilft Suchtkranken, wieder trocken zu werden,  Foto: dpa
Berthold Schmitt hat den Kampf gegen die Sucht gewonnen. Er ist seit vielen Jahren trocken.Foto: Johanna Eckert
Berthold Schmitt hat den Kampf gegen die Sucht gewonnen. Er ist seit vielen Jahren trocken.Foto: Johanna Eckert
 

In Ebern wird Suchtkranken beim Kreuzbund geholfen. Berthold Schmitt ist einer von denen, die den Kampf gegen Alkohol gewonnen haben. Das will er weitergeben.

Wissen Sie was der Kreuzbund ist? - "Hat doch irgendwas mit Rittern und Mittelalter zu tun. Naja, kämpfen tun die auf alle Fälle, aber so genau weiß ich das jetzt auch nicht", antwortet ein Eberner Passant unserer Mitarbeiterin des Fränkischen Tags. Berthold Schmitt aus Ebern schmunzelt, als er diese Antwort auf Papier liest. Er ist Mitglied der Kreuzbund-Gruppe, die sich zweimal im Monat im evangelischen Gemeindehaus in Ebern trifft. Wenn er von seinem "erfolgreichen Kampf" erzählt, dann geht es jedoch als letztes um ritterliches Gehabe aus Zeiten der Burgen und Schlösser. Es geht um Schnaps, die Sucht und das Leben.

Vor einigen Jahren hat sich bei Berthold Schmitt noch alles um den Alkohol gedreht: "Der Gedanke, keinen Stoff greifbar zu haben, hat mich regelrecht panisch gemacht", erzählt der heute 58-jährige Familienvater. Seit zehn Jahren lebt Berthold Schmitt aus Ebern ohne einen Tropfen Alkohol.
Das schreibt er nicht nur seiner eigenen Tapferkeit zu: "Der Kreuzbund ist mit Sicherheit ein wichtiger Grund, warum ich heute noch trocken bin. Ohne hätte ich es nicht geschafft."

In dieser Selbsthilfeorganisation hat sich Berthold Schmitt nach oben gearbeitet - nicht aus Sucht, sondern weil ihm die Arbeit Spaß macht und gut tut. Er ist Sprecher für die Region III Main-Rhön und gibt Kurse für Suchtkranke und deren Angehörige. Das funktioniert, weil er sich heute wieder mit den Leuten unterhalten kann, und sich nicht wegdrehen muss, weil jemand seine Alkoholfahne riechen könnte.

Der erste Schritt zur Kreuzbund-Gruppe sei der schwierigste: "Wenn Suchtkranke etwas wollen, dann muss das sofort passieren", weiß Berthold Schmitt aus eigener Erfahrung, "wenn aber zwischen einem Anruf und dem nächsten Treffen ein paar Tage verstreichen, überlegt es sich der Betroffene schnell anders." Mut und Wille braucht es bei manchen Menschen um sich freitags dem Treffen der "Kreuzbündler" in Ebern anzuschließen. "Bei unseren Treffen reden wir Tacheles", berichtet Schmitt über die Begegnungen der Menschen mit unterschiedlichen Suchtproblemen. Männer und Frauen zwischen 23 und 76 Jahren versuchen sich in der Selbsthilfegruppe zur Abstinenz zu motivieren und auf dem Weg zu unterstützen. Mit seiner Arbeit bei der Organisation des Kreuzbundes will Berthold Schmitt das zurückgeben, was er selbst aus Therapien und Gesprächen mitgenommen hat: "Suchtfrei ganz glücklich zu leben."


Komatrinken und Flatrate-Saufen

Zur Eberner Kreuzbundgruppe kommen Menschen wie Berthold Schmitt, die suchtkrank sind oder sich dem Suchtmittel schon erfolgreich entziehen konnten. Es kommen Menschen, die fast ständig mit einem Rückfall zu kämpfen haben, und aus den Erfahrungen der "Trockenen" Kraft schöpfen wollen. Und es kommen Menschen wie Stefan T. (Name von der Redaktion geändert), die noch keine Suchterkrankungen im Lebenslauf stehen haben und "einfach so" Interesse haben. Stefan T. aus Ebern ist 23 Jahre alt. Komatrinken und Flatratesaufen sind ihm aus dem Freundeskreis bekannt. "Am 1. Mai laufen die 14-jährigen Jugendlichen stockbesoffen in der Landschaft rum", sagt er mit einer Sorgenfalte im Gesicht. Der Sinn für solches Verhalten, ist ihm nicht klar. "In jungen Jahren steckt man das noch leicht weg, aber im Alter wird sich das alles rächen."

Der Alkohol ist in der Eberner Kreuzbundgruppe ein großes Thema. Oft ist es die Vorstufe für andere Suchterkrankungen, wie Internetsucht, Handysucht oder Medikamentensucht. "Auch diese sind bei uns am richtigen Platz." Despressionen sind vielfach Wegbegleiter von Suchtkranken. Immer wieder lädt die Referenten-Gruppe zu verschiedenen Themen ein. "Experten sind das nicht. Die Experten sind ja wir Suchtkranken", schiebt Schmitt als Detail lächelnd nach.

Dank dem Kreuzbund lebt Berthold Schmitt heute noch, und geht wieder mit offenen Augen durch das Leben. Suchtkrank wird er aber immer bleiben, da ist er sich sicher. "Ein Schuss Rotwein im Blaukraut oder eine Kugel Eis mit Alkohol - da legt es die Steuerungen im Gehirn sofort um."


Jugendlichen helfen

Gerne würden Berthold Schmitt und seine Freunde aus der Kreuzbundgruppe die Erfahrungen mit der Sucht an junge Erwachsene weitergeben: "Wenn ein Ex-Alki vor den Jugendlichen in der Schule steht und was von Drogen und Sucht erzählt, ist das doch viel authentischer", sagt der engagierte Eberner. "Auch in Vereinen ist es sinnvoll, auf den Missbrauch von Alkohol aufmerksam zu machen. Da wird so viel getrunken." Er hofft, dass die Einrichtungen noch stärker auf das Angebot der Kreuzbundgruppe zurückgreifen.

Früher hat Schmitt seine Freizeit mit Biertrinken verbracht. Mit Schnaps und Sekt musste er nachspülen. Damals, als er nur noch 60 Kilo wog und seine Familie sich bereits von ihm abgewandt hatte, machte er jedoch "Nägel mit Köpfen" und nahm sein Leben wieder bewusst in die Hand. Heute trinkt er alles außer Alkohol. "Die Auswahl ist jetzt viel größer. Am liebsten trink ich aber Schweppes."