Bei Selina aus Bramberg fliegen die Späne

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Selina Lassmann nimmt zusammen mit ihrem Ausbilder und Meister Andreas Och die Einstellung zum Sägen einer Schrankwand vor. Foto: Ralf Kestel
Selina Lassmann nimmt zusammen mit ihrem Ausbilder und Meister Andreas Och die Einstellung zum Sägen einer Schrankwand vor. Foto: Ralf Kestel
 

Für viele junge Menschen beginnt am Dienstag ein neuer Lebensabschnitt. Dazu gehört Selina Lassmann aus dem Eberner Stadtteil Bramberg, die nach ihrem Realschulabschluss nun als Schreinerin lernt.

So geht's auch mit der Bewerbung um einen Ausbildungsplatz: Einfach mal beim ausgeguckten Arbeitgeber vorbeischauen. Und den überzeugen, auch wenn der eigentlich niemanden einstellen wollte. Dieses Kunststück gelang Selina Lassmann.

Unter 68 Berufsstartern, für die am Dienstag im Eberner Stadtgebiet der neue Lebensabschnitt beginnt, ist die 18-Jährige eine der wenigen, die einen echten Handwerksberuf ergreift. Unterfrankenweit meldet das Handwerk 2300 neue Lehrverträge. Selina lernt als Schreinerin.

Die "Bewerbung" dazu erfolgte spontan und unkonventionell: "Ich bin einfach einmal hochgelaufen und hab' gefragt, ob sie nicht jemanden suchen?", erzählt die Brambergerin über ihren Fußmarsch aus dem Kernort zum etwas auswärts gelegenen Bramberger Hof, dem Elternhaus von Andreas Och, der vor 24 Jahren auf dem einstigen Bauernhof eine Schreinerei eingerichtet hat.


Handwerklich beschlagen

Wie kommt denn eine so zierliche und hübsche 18-Jährige nach dem erfolgreichen Abschluss in der Realschule darauf, zu Hobel, Säge und Hammer zu greifen? "Ich hab' schon daheim immer gewerkelt, dem Vater zugeschaut und geholfen", erzählt Selina, die an der Dr.-Ernst-Schmidt-Realschule auch den Werken-Zweig belegt hatte. "Holz und Handwerkeln haben mir schon immer Spaß gemacht."

Bei mehreren Praktika hat sich diese Überzeugung verfestigt. "Ich freu' mich total auf den Ausbildungsbeginn, denn der Beruf ist ja so vielseitig", schwärmt die angehende Schreinerin.

Was ihr Aufgabenfeld angeht, hat man im Gegensatz zu vielen anderen Berufen, in die junge Menschen jetzt einsteigen, klare Vorstellungen: Sorgt die Bezeichnung "Kauffrau für Dialogmarketing" für einige Nachfragen, geht es beim Schreiner vermeintlich um Sägen, Bohren, Hämmern, Hobeln.

Fast schon Vorurteile, denn: Selbst im Sechs-Mann-Betrieb von An dreas Och hat die Elektronik längst Einzug gehalten. So sitzt Marianne Heimrich im Büro vor vier Bildschirmen, als sie feststellt: "Selina hat sich die Lehrstelle verdient. Schon beim Probearbeiten hat sie sich gut angestellt. Sie hat einfach das Gespür für Holz."

Eine Praktikerin also, die dennoch künftig am Computer "viel zeichnen und präsentieren muss". Dazu gehört die gesamte Angebotspalette der Schreiner auf dem Bramberger Hof: "Wir machen alles: Fenster, Betten, Möbel, Türen, Balkongeländer - alles außer Restaurierungen", zeigt Ausbilder Och Selinas künftige Aufgabenfelder auf.

Mit seiner - in diesem Fall spontanen - Bereitschaft, einem jungen Menschen eine Chance zu geben und Perspektiven zu bieten, steht Andreas Och nicht allein. Eine Umfrage unserer Redaktion bei Gewerbetreibenden im Eberner Stadtgebiet ergab 22 Ausbildungsbetriebe, die heuer Lehrstellen neu besetzt haben. Manche erst noch in der vergangenen Woche.

Die meisten Neulinge werden wieder bei FTE begrüßt. 15 an der Zahl. Eine erfreuliche Entwicklung aus Sicht der Stadt-Verantwortlichen, da Ende 2013 noch darüber nachgedacht worden war, keinen Nachwuchs mehr einzustellen.

Das Lehrstellenangebot im Teilmarkt Ebern scheint ausgewogen. Bei unserer Umfrage führte nur ein Betrieb noch eine freie Ausbildungsstelle an, die mittlerweile auch besetzt wurde. Ein weiterer Arbeitgeber will sich noch kurzfristig entscheiden, ob die Einstellung einer Praktikantin erfolgt, da sie einen guten Eindruck hinterlassen habe. Dies trotz zuletzt schlechter Erfahrungen, da "wir im letzten Jahr unseren Lehrling wegen Diebstahls fristlos feuern mussten", so die Firmen-Chefin.


Offene Stellen im Internet

Überregional bietet das Ausbildungsportal unserer Zeitung "unterfranken-Jobs" noch 159 Lehrstellen an (siehe: www.infranken.de). Die nächstgelegenen in Zeil, Untermerzbach, Haßfurt, Bad Königshofen, Baunach und Trosdorf. Sparten, die händeringend noch nach Personal Ausschau halten, sind Gastronomie (für Küche und Service) sowie das Transportgewerbe.