Eine junge Frau aus dem Landkreis Haßberge stand zum wiederholten Male wegen Diebstahls vor Gericht. Doch ein Gutachten bewahrte sie vor dem Gefängnis.
Es ist nicht das erste Mal, dass die junge Frau aus dem Landkreis vor Gericht in Haßfurt steht. Die 28-Jährige, die wegen Diebstahls angeklagt ist, wurde bereits 2014 rechtskräftig verurteilt. Das Urteil: Zwei Monate Freiheitsstrafe, die sie dank einer zweijährigen Bewährungsstrafe umgehen konnte.
Doch im März 2015 war es wieder so weit und die Angeklagte wurde erneut, noch während der Dauer ihrer Bewährung, straffällig: Die 28-Jährige klaute in einem Supermarkt Kosmetik, Putz- und Lebensmittel in einem Gesamtwert von rund 50 Euro. Kurze Zeit später klaute sie in einem anderen Discounter Putz- und Lebensmittel im Wert von etwa 30 Euro.
Eigentlich ein klarer Fall. Da aber bei einer ersten Anhörung Zweifel an der vollen Schuldfähigkeit der Angeklagten aufkamen, wurde ein psychiatrisches Gutachten erstellt. "Und das Gutachten bestätigt den Verdacht", sagte Richterin Ilona Conver während der Hauptverhandlung am Amtsgericht.
Vermindert schuldfähig
Die Angeklagte leide demnach, so Ilona Conver, unter einer starken Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung, kurz Erwachsenen-ADHS. Im Gutachten ist von "erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit" und "starken Impulsen für strafbares Handeln" die Rede.
"Wenn ich meine Tabletten nicht nehme, dann geht gar nix mehr, da kann ich für nix garantieren", beschrieb die junge Frau selbst ihren Zustand. Auch der Gutachter kam zu dem Schluss, dass die Angeklagte nur vermindert schuldfähig sei.
Staatsanwalt Stephan Schäl berücksichtigte das Gutachten, auch wenn es ihm schwer fiel, die Tat in vollem Umfang auf die Krankheit der Angeklagte zu schieben. "Die Tatvorbereitung spielt doch auch eine Rolle. Und selbst wenn es ein Impuls war, die Sachen nicht zu bezahlen, müsste ich doch spätestens dann wieder aufwachen, wenn ich die Einkäufe in mein Auto lade."
Der Pflichtverteidiger Bernhard Langer widersprach dem Staatsanwalt. Der Jurist nannte seine Mandantin in der Verhandlung am gestrigen Freitag eine "verpeilte Traumtänzerin".
Zukunft der Angeklagten
Einig waren sich Richterin Ilona Conver, der Staatsanwalt und der Verteidiger aber darin, dass es beim ausstehenden Urteil vor allem um die Zukunft der Angeklagten gehen sollte. "Machen Sie denn eine Therapie?", wollte daher der Staatsanwalt wissen. Seit drei Jahren befinde sich die Angeklagte schon in Behandlung. Bei der Frage, ob sie die Tabletten auch regelmäßig nehme, zögerte die Angeklagte erst. "Es ist zwingend erforderlich, dass Sie Ihre Medikamente konsequent einnehmen", ermahnte der Staatsanwalt die junge Frau.
Andernfalls, so war sich der Staatsanwalt sicher, würde sie wieder straffällig werden. "Und Sie wissen so gut wie ich, dass Sie im Knast zu Grunde gehen würden", formulierte Schäl scharf.
Um sicher zu gehen, dass die Angeklagte ihre Therapie einhält, soll der behandelnde Arzt von seiner Schweigepflicht entbunden werden. Die Angeklagte war damit einverstanden.
Richterin Ilona Conver verurteilte die 28-Jährige zu einer dreimonatigen Freiheitsstrafe, ausgesetzte zur Bewährung mit der Dauer von drei Jahren. Ein Bewährungshelfer werde ihr zur Seite gestellt. Conver redete der Angeklagten erneut ins Gewissen, die Medikamente regelmäßig zu nehmen, und verabschiedete sie mit den Worten: "Ade und nicht auf Wiedersehen."