Alle essen von einem Tisch

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So wie hier in Jesserndorf sollen sich künftig auch in Ebern Menschen aus allen Kulturen zu einem "sozialen Mittagessen" treffen. Rechts Bürgermeister Jürgen Hennemann. Foto: Johanna Eckert
So wie hier in Jesserndorf sollen sich künftig auch in Ebern Menschen aus allen Kulturen zu einem "sozialen Mittagessen" treffen. Rechts Bürgermeister Jürgen Hennemann. Foto: Johanna Eckert

Lendchen mit Champignon- Rahmsoße für Bedürftige? Das kam bei manchen nicht so gut an. Die Stadt sichert das Mittagessen im evangelischen Gemeindehaus und will zudem ein "soziales Mittagessen" für alle anbieten.

Es ist eine mitmenschliche Sache, die jeden Donnerstag im evangelischen Gemeindehaus in Ebern abläuft. Die Kirchengemeinde lädt in Zusammenarbeit mit dem Diakonischen Werk zu einem warmen Mittagessen für Bedürftige und Einsame ein. "Es ist eine milieu-übergreifende Gemeinschaft entstanden, die Essen und Erfahrungen teilt", meinte Pfarrer Bernd Grosser kurz vor Weihnachten. Damals stand das Projekt kurz vor dem Aus. Denn die Finanzspritze durch die Landeskirche war leer, sonstige Sponsoren tummelten sich nicht wirklich vor den Türen der evangelischen Kirche.

Insbesondere nicht die Stadt Ebern. "Der Hauptausschuss hat aus grundsätzlichen Überlegungen Probleme mit einer Zustimmung", musste Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) dem Pfarrer mitteilen, der um 1000 Euro Unterstützung gebeten hatte. Denn: "Für Sozialfragen ist der Kreis zuständig", räumte Jürgen Hennemann ein.
Das bedeutet aber nicht, dass die Stadt sich nicht für die wöchentliche Speisung von Bedürftigen im evangelischen Gemeindehaus interessiert.

Im Gegenteil. "Muss es denn für diese Menschen unbedingt Lendchen in Champignon-Rahmsoße geben", wurde der Bürgermeister von Bürgern gefragt. Kritik, die Hennemann mit einem fragenden Blick entgegennahm. Von den Köchinnen im evangelischen Gemeindehaus weiß er, dass es sich hierbei um ein besonderes Weihnachtsessen gehandelt hatte. "Unterm Jahr gibt es auch mal nur einen Gemüseeintopf", wurde ihm mitgeteilt.
Damit es aber zukünftig nicht nur beim Gemüseeintopf bleibt, rührte der Bürgermeister bei Unternehmen in Ebern die Werbetrommel: 500 Euro legte Hennemann aus seiner eigenen Tasche in den Spendentopf für das soziale Mittagessen in der evangelischen Kirchengemeinde. Ebenso handelten Norbert Sorg und ein Spender, der nicht genannt werden möchte. Michael Batzner gab eine Zuwendung von 300 Euro und Manfred Lang 250 Euro. Mit dieser Strategie konnten deutlich mehr als nur 1000 Euro, um die ursprünglich gebeten wurden, gesammelt werden.

Nationalität spielt keine Rolle

Die Stadt Ebern investierte hierbei lediglich guten Willen und Tatkraft. "Genauso wie wir es auch bei den Asylbewerbern machen", bestätigte der Bürgermeister, dessen Engagement für die ausländischen Mitbürger auf den ersten Blick nicht überall als gerecht empfunden wird. "Die Stadt engagiert sich vorbildlich für die Asylbewerber, kümmert sich aber wenig bis gar nicht um die eigenen Armen", formulierte Pfarrer Bernd Grosser. Doch war es bisher nur das Begrüßungsessen, das die Stadt Ebern zusammen mit der Awo für die Asylbewerber und Flüchtlinge finanziert hatte. "Von der Stadt kommen ansonsten nur Ideen, Zeit und Menschlichkeit", stellte das Stadtoberhaupt heraus.

Ob die bedürftigen und einsamen Menschen deutsch sind oder nicht, das sei egal. Denn: "Wir sind eine soziale Stadt und wollen alle mit einbeziehen", sagte Jürgen Hennemann mit einem Blick in die Zukunft. Damit greift er Gedanken auf, die ihm per Brief zugekommen sind: Warum muss die evangelische Kirchengemeinde Essen zubereiten, wenn es doch die Awo und das Altenheim mit Beschäftigten in der Küche gibt? Warum machen die katholische Kirche und die anderen Wohlfahrtsorganisationen nicht mit?

Spätestens im Februar werden alle Sozialverbände und Kirchen, eingeladen von der Stadt Ebern, an einem Tisch sitzen. Dann wird es aber weder Lendchen noch Gemüseeintopf geben. Auf dem Menüplan wird stehen: "Aktivitäten bündeln und Stärken nutzen." Im Rahmen eines Eberner Bürgernetzes, in dem Angebote von Sozialverbänden und Organisationen, sowie Hilfs- und Beratungsstellen des Kreises zur Verfügung stehen, will die Stadt Ebern ein "soziales Mittagessen" anbieten. Aufbauend auf dem Projekt, das die evangelische Kirchengemeinde gestartet hat.


Keine "Armenspeisung"

"So könnte die Awo das Mittagessen liefern, das Rote Kreuz den Fahrdienst für nicht mehr so mobile Bürger übernehmen, die Diakonie für die Betreuung und Anleitung zuständig sein, und zusammen mit Kirchen und Sozialverbänden die Ausgabe und ein Rahmenprogramm koordinieren", fasste Jürgen Hennemann die Idee in Worte. Eine "Armenspeisung" will er damit aber keineswegs: "Nicht nur für Bedürftige. Alle sollen zusammen kommen und miteinander sein. Das Essen ist dabei Mittel zum Zweck, damit soziale Kontakte entstehen." Pfarrer Grosser trägt diese Idee mit. Denn wenn alle Menschen dabei sind, kann auch niemand hinten "runterfallen".


Kommentar

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