Weil er betrunken einen tödlichen Unfall verursacht hatte, schickt das Schöffengericht in Haßfurt einen 55-Jährigen hinter Gitter.
Es war einer der tragischsten Verkehrsunfälle, die im letzten Jahr im Kreis Haßberge passierten. Entsprechend groß waren das Aufsehen und die Aufregung. Auf der Staatsstraße zwischen Haßfurt und Knetzgau kam es zu einem Zusammenstoß zwischen einem Mitsubishi und einem Radfahrer. Dieser wurde dabei so schwer verletzt, dass er noch an der Unfallstelle verstarb. Wegen fahrlässiger Tötung musste sich nun vor dem Schöffengericht am Amtsgericht Haßfurt ein 55-Jähriger verantworten. Er wurde zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt, verbunden mit einer Führerscheinsperre von fünf Jahren.
Am Unfalltag, es war der Samstag des 19. Juli 2014, herrschte kurz nach 13 Uhr, schönstes Sommerwetter. Es war an die 30 Grad warm, sonnig und es gab klare Sicht. Auf dem Radweg von Knetzgau in Richtung Haßfurt trat ein 43-jähriger Mann kräftig in die Pedale. Als er sich in dem Waldstück kurz vor Mariaburghausen befand, passierte das Unvorstellbare.
Ein Auto kam ihm frontal entgegen gerast. Durch den Aufprall wurde der Radler mitsamt seinem Gefährt über 20 Meter weit in den Waldsaum geschleudert. "Er konnte die Kollision nicht vermeiden", stellte später ein Sachverständiger fest. Vor allem die Kopfverletzungen des Opfers waren mit einem Schädelbasisbruch dermaßen massiv, dass der Radler sofort tot war. Jede ärztliche Hilfe kam zu spät.
Geschockt vom Tod der Mutter Die Umstände, wie es dazu gekommen war, schilderte vor dem Haßfurter Schöffengericht der aus der Ostukraine stammende Angeklagte mit Hilfe einer Dolmetscherin. Am Tag zuvor habe er vom Tod seiner Mutter und von der Zerstörung seines Elternhauses im ukrainischen Kriegsgebiet gehört. Von dieser Nachricht geschockt und völlig verstört, wollte er dann am Samstag zu seinem in der Kreisstadt wohnenden Sohn fahren, habe diesen aber in seiner Wohnung nicht angetroffen. Dann machte er sich - stark alkoholisiert - auf die Rückfahrt. Bei der späteren Blutprobe im Krankenhaus ermittelte man einen Wert von 2,28 Promille.
Eine halbe Flasche Whiskey und ein Bier hatte er an dem nämlichen Tag bereits getrunken, erklärte der Arbeiter auf die Frage von Staatsanwalt Ralf Hofmann. Trotzdem setzte er sich ans Steuer seines Wagens. Als er dann an Mariaburghausen vorbeigefahren war und die Straße bergan in ein Waldstück führte, sei ihm auf seiner Fahrbahn ein dunkles Motorrad entgegengekommen, sagte der Unfallverursacher weiter. Um diesem auszuweichen, wäre er rechts aufs Bankett gefahren und habe dann die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren.
Die Version mit dem Motorradfahrer kam erstmals in der Gerichtsverhandlung zur Sprache. Ob tatsächlich etwas dran ist oder ob es sich um eine reine Schutzbehauptung handelt, ließ sich nicht klären. Eine 24-jährige Studentin, die damals als eine der ersten zur Unfallstelle kam, konnte sich gestern im Zeugenstand jedenfalls an kein Motorrad erinnern.
Die von der Staatsanwaltschaft eingeschalteten Sachverständigen rekonstruierten den Ablauf folgendermaßen: Aufgrund überhöhter Geschwindigkeit kam der Mitsubishi nach rechts von der Fahrbahn ab, steuerte sofort abrupt dagegen, so dass er zwar auf die Straße zurückkam, sich aber nun bereits auf der linken Fahrbahnspur befand. Wieder riss er das Steuer herum, das Auto kam ins Schleudern, der Fahrer verlor die Kontrolle und der Wagen brach nach rechts über den Grünstreifen aus - ausgerechnet an der Stelle, wo der Radfahrer entgegenkam.
Wiederholungstäter Der Staatsanwalt kreidete dem Angeklagten an, dass dieser schon mal wegen Trunkenheit im Verkehr vor dem Kadi stand. Am 15. Dezember 2010 hatte ihn das Haßfurter Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 800 Euro und einer halbjährigen Führerscheinsperre verurteilt. Daraus, so der Anklagevertreter, habe er nichts gelernt. Seine absolute Fahruntüchtigkeit hätte der Vorbestrafte erkennen müssen. Er forderte eine Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren.
Rechtsanwalt Ilja Hecht als Verteidiger wies darauf hin, dass sein Mandant alkoholkrank sei und sich zwischenzeitlich therapeutischen Maßnahmen unterzogen habe. Er leide unter starken Schuldgefühlen und wolle die volle Verantwortung für das Geschehene tragen. Sein Letztes Wort nutzte der wie ein Häufchen Elend wirkende Beschuldigte, um sich mit stockender Stimme bei den Angehörigen zu entschuldigen.
In ihrer Urteilsbegründung sprach Strafrichterin Ilona Conver davon, dass angesichts des tödlichen Unfalls "keine Strafe als angemessene Ahndung" empfunden werden könne. Die Frage einer Bewährung stellte sich nicht mehr, weil Freiheitsstrafen von mehr als zwei Jahren immer zu verbüßen sind. Gegen das Urteil kann noch Berufung beim Landgericht Bamberg eingelegt werden.