316 Bläser in Ebern weiter ohne Chef

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Das Blasorchester darf in Ebern bei den wichtigen Veranstaltungen nicht fehlen. Archivfoto: Katharina Becht
Das Blasorchester darf in Ebern bei den wichtigen Veranstaltungen nicht fehlen. Archivfoto: Katharina Becht

Seit knapp zwei Jahren steht das Blasorchester Ebern ohne Führungskraft an der Spitze da. Der Posten des ersten Vorsitzenden soll in Zukunft auf mehrere Köpfe verteilt werden.

Es sind perfekte Harmonien, die zu hören sind, wenn das Blasorchester Ebern mit seinem Dirigenten Christian Baum auf der Bühne sitzt und mit den im Licht funkelnden Instrumenten den Marsch bläst. Doch: Nicht alles ist Gold, was glänzt. Das trifft bei Eberns größtem Klangkörper nicht nur auf die Instrumente zu. Bei der Jahresversammlung am Mittwoch ließ der Verein durchblicken, dass er "im Moment eine schwere Zeit" durchlebt, teilte Stefan Plott, zweiter Vorsitzender, mit. Plott ist optimistisch und ergänzt: "Aber auch dafür werden wir eine Lösung finden."

Im Herbst 2013 trat Daniel Baiersdorfer, der nur wenige Monate zuvor in das Amt des Vorsitzenden des Musikvereins gewählt wurde, von der Spitzenposition zurück. Eine schnelle Neubesetzung gelang nicht und bis heute wurde der richtige Mann oder die richtige Frau noch nicht gefunden.
"Wir haben sehr viele Gespräche geführt", so Plott, "wir wünschen uns jemanden, der nicht Musik spielt. Somit entsteht keine Doppelbelastung. Das ist beim Fußballverein ja auch so. Der Vorstand ist da nicht mit in der Mannschaft."

"Die Hauptaufgabe"

Bis 2013 war der Verein lange Zeit von Theo Lerche geführt worden, de zeitgleich auch als Musiker aktiv war. Für ihn war die Aufgabe des Vorsitzenden eine sehr ehrenvolle, die er meistens gerne gemacht hat. Seine Aufgabe war es nicht nur Verwaltungsgeschäfte zu tätigen, sondern auch seine Musikkolleginnen und -kollegen "bei der Stange" zu halten. "Das ist die Hauptaufgabe", merkte Theo Lerche an. Sein Erfolgsrezept: "Am besten geht man da mit einem guten Beispiel voran", so Lerche, "wir sind eine Mannschaftssportart und es ist halt immer ärgerlich, wenn der Eine oder Andere ohne Rücksicht auf die Anderen sein eigenes Ding machen will."

Das Konzept für eine zukünftig tragfähige Vorstandschaft für den Musikverein hat auch er nicht parat. "Es muss halt einer mal den Mut aufbringen, ,Ja' zu sagen", so Theo Lerche. "Keiner hat mehr Lust, sich auf irgendetwas festzulegen. Keiner will mehr eine feste Verpflichtung eingehen. Vor allem die jungen Leute wollen sich nicht binden", bedauert Stefan Plott.

Mit Blick auf die kommenden Jahre soll es in Sachen Vereinsspitze nun wieder bergauf gehen: "Wir haben über eine komplette Neuaufstellung und Struktur nachgedacht", so Plott. Die Musiker wollen den Weg gehen, wie ihn bereits die Sportler des TV Ebern gegangen sind. Es wird keine hierarchisch aufgebaute Vorstandschaft mehr geben, bei welcher nur eine Person die Lasten trägt. Die Verantwortung soll auf mehrere Personen aufgeteilt werden, die verschiedenen Ressorts vorstehen. "So macht beispielsweise einer dann nur das Musikalische, der andere die Vereinsarbeit und ein weiterer die Jugendarbeit", erklärte Stefan Plott. Bis Frühjahr 2016 soll das Konzept für das Führungsteam des Blasorchesters Ebern stehen.

Derzeit hat der Verein 316 Mitglieder, davon sind 84 als Musiker aktiv. Sie spielen im Blasorchester sowie im Jugendorchester. Vor wenigen Tagen wurde das Juniororchester in das Jugendorchester integriert.
Bald schon geht es um einen weiteren Integrationsprozess. Denn all die Jungmusiker, die die Eintrittskarte für das Blasorchester, nämlich das Leistungsabzeichen in Silber bereits haben oder es im nächsten Jahr machen werden, dürfen ab September im Hauptorchester mitspielen.

Doch da spielen nicht alle Eltern der jungen Musiker mit. "Auch ohne Abzeichen kann man ein guter Musiker sein", empfindet eine Mutter und fordert, die Kinder schon eher in das Blasorchester zu integrieren.
Auch Toni Binder, der im Verein im Bereich der Jugendbetreuung ehrenamtlich mithilft, sieht da Druck auf die Kinder zukommen: "Man muss die Kirche im Dorf lassen", meint er, "es kann nicht sein, dass man die Kinder nur noch nach vorn peitscht. Kinder sind heutzutage viel schlimmer getaktet als jeder Arbeiter. In jedem Verein herrscht nur noch Leistungsdruck."

Christian Baum, musikalischer Leiter im Blasorchester und im Jugendblasorchester, verteidigt die Vorgehensweise: "Ich mache nichts Schlechtes für die Kinder oder den Verein", betont Baum: "Es geht mir nicht um das Abzeichen. Mir geht es um die Vorbereitung, die sie dabei lernen." Denn der Nebeneffekt von Leistungsabzeichen sei, dass die Musiker Spielpraxis bekommen. Stefan Plott kündigt an, hierzu noch Gespräch zu führen.
Für 2016 plant der Verein eine Konzertreise an den Gardasee, nach Verona und Venedig.

>leider kein Bild<