Vom Riesengebirge nach Kronach
Es dauerte nicht lange und die Geflüchteten mussten entscheiden: Zurück in die besetzte Heimat oder in den Westen? Es ging in den Zug ins oberfränkische Kronach. "Der Flüchtlingszug in die Lucas-Cranach-Stadt war wohl der einzige, der nicht beschossen wurde", erklärt Manfred Puschmann. Glissniks und Puschmanns fanden in Gehülz erste Aufnahme.
Im August 1945 zogen die Puschmanns nach Neuses um, wo Manfred Puschmann schließlich in die Schule ging. Vom ersten Schuljahr in Gleiwitz hatte er nicht allzu viel mitbekommen. "Ich konnte immer noch nicht richtig lesen", erinnert er sich. In Neuses ging es nun um die Einschulungsklasse. Mit seiner Mutter lernte er ein aufgegebenes Lesestück auswendig und kam in die zweite Klasse. Er hatte hier großartige Lehrerinnen und Lehrer, die ihm viel beibrachten.
Schließlich erhielt er eine Empfehlung für das Gymnasium in Kronach, aber es war ein beruflicher Wechsel des bald nach Kriegsende heimgekehrten Vaters nach Lichtenfels absehbar. Manfred Puschmann wartete ein Jahr mit dem Übertritt und ging dann in Lichtenfels zur Schule. Am 1. Dezember 1949 erfolgte der Umzug nach Lichtenfels, wo Manfred Puschmann seine Heimat fand.
Bilder wurden gerettet
Was war bei der Flucht aus der Heimat, die letztlich für immer verloren ging, wichtig genug um mitgenommen zu werden? Helmut Glissnik rettete alle Bilder seiner Familie. Er begann eine Ausbildung bei der Maschinenfabrik Weber, wo er 49 Jahre arbeitete.
Von seiner Tante Lucia hatte Manfred Puschmann ein Fotoalbum bekommen, in dem auch Bilder aus der Gleiwitzer Heimat waren. In diesem Familienalbum fand sich ein Foto von Helmut Glissnik und seiner Schwester Edeltraud in Gleiwitz. Spontan ließ Puschmann dies in Kronach. Manfred Puschmann ging zur Post, bei der er bis zu seinem Ruhestand arbeitete.
Familiengeschichten
Weiter wurde die spannenden Familiengeschichten ausgetauscht. Manfred Puschmann hat zwei Töchter und einen Sohn, fünf Enkel und eine Urenkelin. Seine Frau Katharina stammt aus Lichtenfels, eine Schwester lebt in Michelau. Helmut Glissnik hat einen Sohn und zwei Enkel.
Puschmann kickte beim FCL
Manfred Puschmann hatte auch sein Sportalbum dabei. Ab 1952 spielte er in der Jugend des FC Lichtenfels. Am Verein hängt er nach wie vor. 1954 war er mit dem A-Jugendkader bei einem Turnier in Hermsdorf, bei dem fünf Teams aus dem Westen und fünf Mannschaften aus dem Osten antraten. An der Grenze gab es damals vor dem Mauerbau kaum Kontrollen. Auch mit der Schulmannschaft war er erfolgreich. "Mein linker Schlappen war gefährlich", erinnert sich Manfred Puschmann.
Seit fast 70 Jahren bei der DJK
1961 nahm die DJK Lichtenfels den Spielbetrieb auf. Manfred Puschmann wechselte. Nächstes Jahr wird er dem Verein 70 Jahre angehören.
So viel kam beim Wiedersehen zur Sprache, die gemeinsame Vergangenheit, die prägte und der weitere Lebensweg über 75 Jahre. Nach so vielen Jahrzehnten war die alte Bindung greifbar. Beide empfinden es als Segen, sich nach 75 Jahren wiedergesehen zu haben.