Bauleitplanung Häuser oder Gras? Der Marktgemeinderat Hirschaid hat noch keine Lösung für ein 1994 erworbenes Bauerwartungsland am Ortsrand von Friesen gefunden. Der Ortssprecher will keine "Bonzen" ansiedeln lassen.
von unserem Mitarbeiter Werner Baier
Hirschaid — In der schier unendlichen Geschichte um die Verwertung des ehemaligen Vogt-Geländes am Ortsrand von Friesen wurde dieser Tage ein neues Kapitel geschrieben: Die 1994 von der Gemeinde zum damaligen Preis von Bauerwartungsland für über eine Million DM erworbene Fläche ist zum Zankapfel geworden, seit die Freie-Wähler-Fraktion des Marktgemeinderates vor knapp vier Jahren beantragte, das Terrain überplanen und bebauen zu lassen. Dagegen formierte sich heftiger Widerstand von Anliegern und dem Großteil der Einwohner Friesens. Sie betrachten das Grünland als ökologisch wertvoll und rüsten sich auch schon für einen Rechtsstreit gegen die Gemeinde.
Nun soll eine abgespeckte Planungsvariante geprüft werden.
Abgespekte Planungsvariante Aus dem Verkauf der Bauparzellen könne die Marktgemeinde kurzfristige Verbindlichkeiten abbauen, wurde 2011 seitens der Freien Wähler argumentiert. Und mittlerweile sind die Schulden des Marktes auf über sechs Millionen Euro gestiegen, erinnerte Kurt Barthelmes (FW). Das in das Grundstück investierte Geld zurückzugewinnen, hält er daher für ebenso sinnvoll wie die Aufgabe, umgehend neues Bauland auszuweisen. Denn nach der vollständigen Bebauung des "Juliushofs" könne Hirschaid Bauwillige derzeit nur auf die gewünschte Innenverdichtung verweisen.
Es sei nicht zu verantworten, das als Bauerwartungsland erworbene Grundstück einfach nur der Natur zu überlassen, meinte Barthelmes.
Demgegenüber plädierte Josef Haas (SPD) ultimativ für den Erhalt des natürlichen Refugiums, zumal es sich aufgrund seiner Hanglage und Bodenbeschaffenheit "gar nicht zur Bebauung eignet". Den finanziellen Ausfall trägt Haas mit Fassung und verweist darauf, dass die Gemeinde ja auch bei der Sanierung des Sassanfahrter Schlosses 600 000 Euro Mehrkosten hingenommen habe. Um aus dem Invest in das Vogt-Gelände etwas zurückzubekommen, empfiehlt der SPD-Rat, mit der Initiative "Grünes Herz Friesen" über einen Verkauf als ökologische Fläche zu verhandeln.
Haas: "Wir haben auch eine Verpflichtung gegenüber der Schöpfung!" Beiläufig erinnerte der SPD-Gemeinderat daran, dass der Grunderwerb 1994 unter dem Einfluss des damaligen Bürgermeisters Andreas Schlund (CSU) "eine Unterstützung der Raiffeisenbank" war, in die das Gemeindeoberhaupt "involviert" gewesen sei.
Dialog mit Bürgern suchen Wenn die Friesener gegen die Bebauung seien, sollte auch der Gemeinderat von dem Projekt Abstand nehmen, sagte Albert Deml von der Ökologischen Liste. Sein Rat: Mit der neuerdings angedachten "kleinen Lösung" ins Dialogverfahren mit den Bewohnern von Friesen treten.
Die abgespeckte Lösung ist nach Auskunft von Bürgermeister Klaus Homann (CSU) das Ergebnis der Konferenz der Fraktionsvorsitzenden. Es wird überlegt, statt der 24 Bauparzellen auf dem 26 000 Quadratmeter großen Areal nur knapp die Hälfte zu verwirklichen.
Gerd Porzky (FW) wollte sich denn auch gleich von der großen Lösung verabschieden. Weil aber die Entwässerung des Hanggeländes sehr kostenaufwendig werde, würden die Baulandpreise "ins Uferlose schießen". Porzky fordert eine Neukalkulation an. Auch die CSU-Fraktion will wissen, wie viel Geld bislang schon für Vorplanung und Gutachten ausgegeben worden ist. Fraktionssprecher Heinrich Dorn möchte nicht noch mehr Kosten anhäufen. Immerhin sehe der gültige Flächennutzungsplan die Bebauung vor; man könne daraus auch eine kleine Lösung entwickeln. Prüfen, was möglich ist, schlägt auch Stefan Paptistella (CSU) vor.
Während Kurt Barthelmes kritisierte, dass "in kleinen Zirkeln die Beschlüsse des Marktgemeinderates zurückgestutzt werden", begrüßte der Friesener Ortssprecher Christian Büttel, dass die große Lösung wohl schon aufgegeben worden sei.
Er erwähnte die Bürgerversammlung von 2011, bei der die 100-prozentige Ablehnung des Vorhabens durch die Ortsbevölkerung klar zum Ausdruck gekommen sei. Wenn nun ein Baulandpreis von 200 Euro pro Quadratmeter zustande komme, werde das Bauland für die jungen Familien, denen man in Hirschaid das Bauen ermöglichen wolle, unerschwinglich. Und "Bonzen brauchen wir keine", warnte Büttel.
Ökologische Anforderungen Der Stadtplaner Frieder Müller-Maatsch (Burghaslach) verteidigte die Machbarkeitsstudie für das ehemalige Vogtgelände und die "Lehmfelder". Der Vorschlag zur Bebauung des Vogt-Geländes sehe unter Berücksichtigung der ökologischen Anforderungen bereits vor, nur 50 Prozent zu bebauen. Und darin seien noch erhebliche Ausgleichsflächen, Abschnitte für die Oberflächenentwässerung und Grüngestaltung vorgesehen.
Der Entwurf sei im Übrigen mit dem Landratsamt und der Naturschutzbehörde abgestimmt. Beim Preis für den Quadratmeter erschlossenes Grundstück bleibt Müller-Maatsch "unter 130 Euro".
Dritter Bürgermeister Hans Wichert (WG Sassanfahrt, Köttmannsdorf, Rothensand) betrachtet die große Lösung als eine für "Leute mit viel Geld". Er fürchtet, dass die Gemeinde das Geld, das für das Grundstück ausgegeben worden ist, niemals einspielen werde.
Von Bürgermeister Klaus Homann und anderen Räten wurde dringend abgeraten, die Änderung der Planung im Vorfeld mit den Bürgern zu besprechen, um keinen Präzedenzfall zu schaffen. Mehrheitlich beschlossen wurde letztlich, vom Staatplaner Klarheit über Zahlen zu verlangen, dann über die kleine Lösung im Arbeitskreis Liegenschaften zu beraten und erneut den Dialog mit den Bürgern aufzunehmen.