Was Knochen erzählen

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In einer ungewöhnlichen Führung bringt das Pfalzmuseum seinen Gästen die Geschichte Forchheims näher. Schädel und Skelette spielen dabei eine ganz besondere Rolle.

Einladend sieht anders aus: allein schon, wie das Pfalzgebäude dunkel, fast düster daliegt. Dennoch: Die Eingangstür steht offen und Menschen gehen hinein. Christina König hat zu einer nächtlichen Führung eingeladen: "Was alte Knochen erzählen".
Im Eingangsbereich zur archäologischen Sammlung berichtet sie über Bauwerks- und der Museumsentstehung. Der Gründer Hans Räbel wird erwähnt und seine Faszination für Altertümer im Boden.


Der Schädel eines Toten

Da taucht ein dunkler Schatten auf. Eine helle Hand hält einen echten Totenschädel. Bei dem Schatten handelt es sich um den "Zeitgeist". Jost Lohmann verleiht ihm seine Stimme.
Über das helle Treppenhaus taucht die ganze Gruppe wieder in die Dunkelheit ein. Ziel sind die Fresken im Erdgeschoss. Doch die wilden Tiere, Wappen und Könige werden nur durch den Strahl einer Taschenlampe sichtbar. Ein enger Blickwinkel, mit dem die Zeit der Bamberger Bischöfe als Stadtherren fokussiert wird. Der "Zeitgeist" als Kommentator des barocken Lebensgefühls darf nicht fehlen.
Über die Wendeltreppe im Turm geht es wieder nach oben. Doch nicht die weiteren Fresken sind das Ziel, sondern die Spuren aus keltischer Zeit. Nichts lenkt in der Dunkelheit das Auge von dem weiblichen Skelett ab, das man in verkrümmter Haltung auf der Ehrenbürg fand. Ein Menschenopfer für das Gedeihen der Stadt auf dem Berg, vermuten die Wissenschaftler. Der neunjährige Tristan ist davon angetan. Sein Vater Jörg sagt später: "Das war was Neues, besonders für die Kinder, die Uhrzeit und die Dunkelheit." Obwohl sie zugezogen ist, war die Familie schon öfter im Pfalzmuseum. "Zuletzt haben wir die Unterweltführung mitgemacht."


Bescheidener Wohlstand

Beim Weitergehen erhascht man aus dem Fenster einen Blick auf den in der Nacht versinkenden Martinsturm. Die Stadtgeschichte wird zum Thema im dritten Stock. Der Strahl der Taschenlampe fällt auf eine Vitrine mit mittelalterlichem Kochgeschirr.
Der Fund stammt aus der Martinsstraße; aus der Zeit also, als das Rathaus ganz neu war und der Friedhof um die Martinskirche. Der Lichtstrahl wandert zum nächsten Objekt, zu rautenförmigen Glasfragmenten, die auch zum bescheidenen Wohlstand der mittelalterlichen Forchheimer gehörten. Der Handwerkerstolz spricht aus der Stimme des "Zeitgeists". Und König ergänzt: "Das Mittelalter war eine bunte, eine lebensfrohe Zeit. Der Einfluss der Kirche waren nicht so stark, wie man denkt." Sie erinnert an Frauenzünfte und geschlechtsgemischte Handelsgilden.
Doch der Niedergang kam, mit Hungersnöten und Seuchen, die mit dem Beginn einer kleinen Eiszeit einhergingen. Und damit die Flucht in Religion und Aberglauben. Bis heute sind uns zwei Symbole aus der Barockzeit geblieben: die Sanduhr und der Schädel.
Hundert Menschen müssten durch das Richtschwert aus dem 13. Jahrhundert gefallen sein. Denn man fand es zerbrochen und vergraben an der Richtstätte am Nürnberger Tor, und das war nach 100 Hinrichtungen üblich.
In dieser Führung geht es viel um Tod und Krieg. Und nicht um Dinosaurier, wie das ein paar Buben womöglich erhofft hatten. Auch das 20. Jahrhundert lonnte da nicht außen vor bleiben. Auf zwei Objekte lenkt König noch ihren Lichtstrahl: das Ner Tamid aus der gesprengten Synagoge und die Ehrenurkunde für Adolf Hitler.