von unserer Mitarbeiterin Sabine Weinbeer Oberschleichach — Warum schleckt sich der eine nach Rosenkohl die Finger, der andere schüttelt sich und lehnt dankend ab? Warum isst das e...
von unserer Mitarbeiterin Sabine Weinbeer
Oberschleichach — Warum schleckt sich der eine nach Rosenkohl die Finger, der andere schüttelt sich und lehnt dankend ab? Warum isst das ein Kind (fast) alles, was Mama auf den Tisch stellt, das andere akzeptiert nur Pommes? Der Frage, wie bei Menschen der Geschmack entsteht, spürte Diätassistentin Annette Karg in einem Vortrag am Caritas-Kindergarten St. Laurentius Oberschleichach nach. Wie präsent das Thema "Das schmeckt mir nicht" in den Familien ist, zeigte das rege Interesse der Eltern.
Annette Karg ist im Kindergarten Oberschleichach auch für das Mittagessen der Kinder mit zuständig und kann daher neben ihrer Ausbildung auch auf viele praktische Erfahrungen zurückgreifen. Grundsätzlich erklärte sie, dass die Geschmacksfindung ein Lernprozess sei, bei dem die Sinne zusammenspielten.
90 Prozent des Geschmacks würden eigentlich als Geruch wahrgenommen, so die Fachfrau, deshalb schmecke bei verschnupfter Nase auch das beste Essen nicht wirklich. "Tatsächlich ist Essen ein Gesamtkunstwerk", erklärte Annette Karg.
Die Grundlagen des Geschmackes werden schon im Fruchtwasser angelegt, denn schon dieses verändert sich je nachdem, wie die Mutter isst. Deshalb vertragen manche Menschen mehr Chili, andere mögen mehr Knoblauch. Auch die Muttermilch verändert ihren Geschmack je nach Ernährung der Mutter - gestillte Kinder sind daher von klein auf mit mehr unterschiedlichen Geschmacksrichtungen vertraut als Flaschenkinder.
Damit sind sie aber nicht auf alle Zeiten festgelegt. Dass Säuglinge und Kleinkinder süß bevorzugen, ist angeboren, denn bitter bedeutet in der freien Natur in der Regel giftig, und sauer steht für unreif.
Diese Veranlagung schlägt auch im Alter von eineinhalb bis zwei Jahren noch einmal durch. "Oft gibt es hier eine gewisse Neophobie, also eine Ablehnung von unbekannten Speisen", erklärte Annette Karg. Begründet sei das mit der zunehmenden Selbstständigkeit der Kinder. Automatisch steige die Vorsicht, weil nun die erhöhte Gefahr bestehe, vielleicht etwas Ungenießbares oder Giftiges zu probieren.
Im Grundschulalter sind ganz andere Faktoren entscheidend. Eine Kinder-Umfrage zeigte überraschenderweise, dass ein Essen keinesfalls abgelehnt wird, weil "zu viel Gemüse dabei ist". Vielmehr gehe es schon hier darum, dass das Essen schnell gehen muss, sagte die Expertin. Die Eltern seien die größten Vorbilder. "Was Sie in der Familie nicht vorleben, können wir alleine im Kindergarten auch nicht bewältigen; denn gute Ernährung ist Teamarbeit", sagte Annette Karg.