Sanierung Restaurator Clemens Muth konserviert ein Doppelrelief aus Klosterlangheim. Der verwitterte Sandsteinblock zeigt wohl eine Pietà und auf der Rückseite eine Kreuzwegszene. Doch nur Muth kann das ganze Rätsel lösen.
von unserem Redaktionsmitglied
Matthias Einwag
Unterneuses — Wenn Steine erzählen könnten, sagt man. Können sie das wirklich nicht? Der Bildhauer und Restaurator Clemens Muth bringt Steine zum Reden. Momentan ist er dabei, einem behauenen Sandsteinblock aus Klosterlangheim sein Geheimnis zu entlocken.
Bei einem Umbau in Klosterlangheim wurde im vergangenen Jahr ein bearbeiteter Banzer Doggersandstein freigelegt. Auf einer Seite ist eine Pietà zu sehen, auf der anderen Seite wahrscheinlich eine Kreuzbergszene - vielleicht der fallende Jesus mit Kreuz. Ganz genau sagen kann man das zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht, denn dicke Farb- und Mörtelschichten überdecken die Reliefs. Witterungseinflüsse wirkten zudem auf den Sandstein ein.
Die Heimatfreunde Klosterlangheim beauftragten deshalb Clemens Muth, den Stein zu restaurieren.
Frost sprengt den Stein "Sandstein ist ein feinporiges Material. Er nimmt, wie ein Schwamm, die Flüssigkeit in seinen feinen Poren auf", sagt der Konservator. Im Winter gefriere das Wasser im Stein, es komme zu Frostsprengungen. Der Klimawandel bringe häufige Frost-Tau-Wechsel mit sich; die Verwitterungsfolgen seien dadurch heute krasser als früher.
Steine wie jener aus Klosterlangheim seien in der Regel farblich gefasst gewesen, fährt Clemens Muth fort. Das geschah, um die dargestellte Szene deutlicher werden zu lassen und sie für die Menschen verständlicher zu machen, aber auch um eine Skulptur oder ein Relief witterungsresistenter zu machen.
Der Sandsteinblock, von dem nicht sicher ist, ob er von einem Bildstock stammt oder Teil eines Kreuzwegs war, befand sich zuvor teilweise in einer Mauer. Die Pietà hatte man bewusst freigelassen; dieses Relief bekam einen dicken Farbanstrich ab. Diese Farbe muss nun weg - auf jeden Fall muss die letzte, gummiartige Schicht aus Latex- oder Acryfarbe vorsichtig abgetragen werden. Solche Farben aus dem Baumarkt seien besonders schädlich für Sandstein, sagt Clemens Muth. Darunter befänden sich dann zum Glück nur noch unschädliche Kalkfarben.
Arbeit mit Skalpell und Pinsel Die Rückseite des Steins ist noch schlimmer dran: Sie wurde dick mit Mörtel verspachtelt. Der Restaurator löst nun mit Skalpell und Pinsel den Mörtel ab. Dabei ist besondere Vorsicht geboten, um nicht die Originalsubstanz zu beschädigen.
Schon mit jeder Reinigung einer Skulptur werde vom Naturstein so viel von seiner Substanz abgetragen wie in 15 Jahren der natürlichen Verwitterung.
Der fertig restaurierte Stein soll nicht aussehen wie neu, sagt Clemens Muth. Ein Betrachter dürfe ihm sein Alter schon ansehen.
Gespannt ist der Restaurator indes selbst, was seine Arbeit noch zum Vorschein bringen wird - schließlich lässt sich derzeit nur erahnen, ob es es sich bei der Szene auf der Rückseite um den fallenden Jesus vor Golgatha handelt.