Sein diesjähriger schon zur Tradition gewordener Betriebsbesuch führte Erzbischof Ludwig Schick in das Gerresheimer Werk nach Tettau. Vor Ort machte er sich ein Bild von der "Magie", aber auch den Nöten der Glasindustrie.
"Finger weg, sonst ist der Finger weg!" - Die Glasproduktion arbeitet mit 1500 Grad Celsius, als Erzbischof Ludwig Schick in der Gerresheimer Glashütte in Tettau einen Einblick in die Glasproduktion nimmt. Ausgestattet mit Schutzmantel, Sicherheitsschuhen sowie Ohrenstöpseln verfolgt der Bamberger Oberhirte, wie aus Sand, Kalk und Soda die unterschiedlichsten Glasflakons entstehen. An den Grundkomponenten der die Region so prägenden Industrie hat sich in all den Jahren nichts geändert; wohl aber am Technologisierungsgrad.
"Das ist sehr beeindruckend", lobte der Erzbischof nach der Betriebsführung durch den technischen Leiter Kay Rohn und Personalchef Lars Holocher, die aufgrund der Corona-Pandemie in stark abgespeckter Form erfolgen musste. In einer Präsentation hatte zuvor Werkleiter Bernd Hörauf dem Bamberger Oberhirten sowie dem Dekan des Dekanats Kronach, Detlef Pötzl, dem Leiter Manfred Böhm und dem Betriebsseelsorger Eckhard-Joey Schneider, der Arbeitnehmerpastoral, das Tettauer Werk vorgestellt.
Ein schwieriger Beruf
Rund 620 Beschäftigte, inklusive Leiharbeiter, stellen in Tettau an 365 Tagen im Jahr, rund um die Uhr hochwertige Glasverpackungen insbesondere für Parfüm und Körperpflegeprodukte internationaler Kunden her. "Glasmacher ist weit mehr als eine Berufsbezeichnung, mehr als ein Job", schwärmte der Werkleiter, der sich nach 37 Jahren Betriebszugehörigkeit, davon 18 Jahre als Geschäftsführer, offensichtlich noch immer fasziniert vom "eigentlich fast unmöglich zu gestaltenden" Material Glas zeigt. Gleichzeitig räumte er ein, dass dies trotz der "faszinierenden Umgebung" kein Beruf für jedermann sei.
Andererseits mischen sich in die "Magie" auch Probleme, Herausforderungen und Nöte. "Leider wird die deutsche Glasindustrie unterschätzt", bedauerte der Glasmacher. Rund 54 000 Menschen sind in Deutschland in dieser Branche beschäftigt. Alleine im Landkreis Kronach seien direkt oder indirekt zwischen 4000 und 5000 Arbeitsplätze betroffen.
Die in der Rennsteigregion ansässigen Glasunternehmen seien Marktführer in Technologie wie auch Umweltmanagement. Als energieintensive Industrie seien vor allem funktionierende Stromnetze sowie Energiepreise von größter Bedeutung. "Heinz-Glas, Wiegand und wir brauchen so viel Strom wie die Städte Bamberg und Bayreuth zusammen", verdeutlichte der Diplom-Betriebswirt. Die Auswirkungen mancher politischer Entscheidungen hinsichtlich der Wettbewerbsfähigkeit hiesiger Firmen mit anderen Ländern mit anderen Lohnkosten und Umweltauflagen würden seitens der Regierung nicht immer ausreichend bedacht.
Bis zu 2,5 Millionen Einheiten
Die Gerresheimer Exportquote liege nominal bei 70 Prozent, eigentlich sogar bei 90 Prozent, rechne man einen Großkunden dazu, der noch im Inland abfülle. Die Glasindustrie sei hochinvestiv aufgestellt. Von den täglich in Tettau angefertigten zwischen 2,3 Millionen und 2,5 Millionen Einheiten gehen 1,5 Millionen an den gleichen Kunden.
Nach der Betriebsbesichtigung fand ein abschließendes Gespräch statt, woran weitere Verantwortliche von Gerresheimer, darunter auch Betriebsratsvorsitzender Daniel Raab, teilnahmen. Interessiert erkundigte sich der Erzbischof nach der Mitarbeiterstruktur des Tettauer Werks, wo auch rund 30 Auszubildende in technischen wie kaufmännischen Berufsfeldern tätig sind. Auch das Duale Studium boomt. "Es handelt sich dabei um sichere Arbeitsplätze", betonte der Personalchef.