Noch unbescholten war die 67-jährige Frau, die am Dienstagvormittag vor Richter Stefan Hoffmann stand. Das sollte sie auch weitgehend bleiben, obwohl die An...
Noch unbescholten war die 67-jährige Frau, die am Dienstagvormittag vor Richter Stefan Hoffmann stand. Das sollte sie auch weitgehend bleiben, obwohl die Anklage von Betrug sprach. Dass dieses Verfahren eingestellt worden ist, hatte auch damit zu tun, dass das Handeln der Rentnerin glaubhaft unbedarfte Züge trug und einen Verfolgungseifer der Staatsanwaltschaft enden ließ.
567,44 Euro unrechtmäßig erworben - darum ging es, deshalb saßen eine Reihe Zeugen vor der Tür des Saals 14, in dem Richter Stefan Hoffmann und Staatsanwalt Timm Hain den Ausführungen der Rentnerin aus Schottenstein lauschten. Die hatte während der Anklageverlesung mit dem Kopfschütteln begonnen und versuchte nun die Hintergründe eines Vorfalls aus ihrer Sicht darzulegen.
"Ich muss ein bisschen weiter ausholen", baute sie vor.
Die Frau erzählte davon, dass ihrer Mutter 2006 die Wohnung im östlichen Landkreis wegen Eigenbedarf des Mieters gekündigt worden sei. Die habe das nicht so recht wahrhaben wollen und saß noch am 1. Januar 2007 in dieser Wohnung. Mit dem Betrag für Mietkaution und Miete halfen die Angeklagte und ihr Mann der Mutter aus und so lebte diese, ohne den Betrag bis zu ihrem Tode zurückgezahlt zu haben, bis 2013 in betreutem Wohnen. Dann verstarb sie und Erbfragen standen an. Im Mai 2013 habe die Beschuldigte bei der Bank, bei welcher ihre Mutter ein Konto hatte, angefragt, was man zu einem klärenden Gespräch alles mitzubringen habe. Sie erfuhr vom Personalausweis, vom Totenschein oder von einer Bestattungskostenrechnung.
In der Bank habe sie dann ein Schriftstück unterzeichnet, dessen Kleingedrucktes sie nicht beachtet und bei dem sie wohl auch nicht alles verstanden habe.
Auch hat ein Bänker schriftlich hinterlassen, dass er von der Angeklagten gebeten worden sei, auf die Vorlage eines Erbscheines zu verzichten.
Dafür gab es ein Dokument namens Nachlassverfügung mit Haftungserklärung. Dieses legte Staatsanwalt Timm Hain vor. "Wissen Sie, was Sie da unterschrieben haben?", erkundigte sich Hain bei der Angeschuldigten. Die aber schien die Finessen der Klauseln und Begrifflichkeiten nicht einschätzen zu können. Auf 400 Euro sowie eine Kautionssumme belief sich der Betrag, mit dem die 67-Jährige und ihr Mann 2007 ausgeholfen haben. Und dieses Geld wollten sie sich auf diesem Wege wohl wieder holen.
Da nirgends ein Fälligkeitsdatum für eine Rückzahlung des Geldes, das Wesenszüge eines Darlehens hatte, festgehalten wurde, fiel der Betrag der Erbmasse zu. Und eben dadurch sei ein Betrug beim Abheben vom Konto "durchaus da", erklärte Staatsanwalt Hain. Aber er räumte auch ein, dass dies "für einen Laien nicht erkennbar" sei. Eine Konfrontation mit ihren Geschwistern, die vor der Tür saßen und gegen sie ausgesagt hätten, blieb der 67-Jährigen erspart. Überhaupt wirkte die Frau sehr beeindruckt von den Folgen ihres wohl unbedachten Handelns. Vor allem davon, als sie von den gerichtlichen Folgen erfuhr. "Ich war nahe einer Ohnmacht" und "wenn man mich abgestochen hätte, keinen Tropfen Blut hätte ich gegeben", sprach sie.
Einen Freispruch bekam sie wegen des Vorfalls nicht. Aber das Gericht stellte das Verfahren gegen Geldzahlung ein. Somit ist die Sache doch vom Tisch.