Unter dem Titel "Bamberg erinnert sich: Erinnerungskultur an die Zeit des Nationalsozialismus" konfrontierte Jost Lohmann 30 Personen mit Stätten, die eine dunkle Epoche markieren.
Wie versucht Bamberg, der Erinnerung an die Zeit des Nationalsozialismus und ihrer Opfer gerecht zu werden? Wie wird heute und wie wurde in der Vergangenheit erinnert? Warum gerade auf diese Weise, und welche Veränderungen sind zu erkennen? Fragen, die nicht zuletzt seit der Diskussion um die Bayerlein-Bilder im Rathaus bewegen. Und denen sich das Kulturamt der Stadt Bamberg mit einer Führung der besonderen Art stellt.
Unter dem Titel "Bamberg erinnert sich: Erinnerungskultur an die Zeit des Nationalsozialismus" wurde die Tour zu ausgewählten Stätten mit Markierung der jüngsten dunklen Epoche zunächst für Schüler konzipiert - maßgeblich von Professor Bert Freyberger, der Didaktik der Geschichte an der Uni Bamberg lehrt. Erstmals erfolgte die Führung im vergangenen Jahr, zum zweiten Mal am vergangenen Donnerstagabend, und zwar für interessierte Erwachsene. Damit konnte diese Art der Erinnerungskultur aus dem Dornröschenschlaf geholt werden, wie Ideengeber Oliver Will, stellvertretender Kulturamtsleiter sagte: "Die Nachfrage nach dieser Führung kam nach der Bayerlein-Diskussion."
Vom Andrang überrascht
So fanden sich 30 Personen zum Start des Rundgangs am Schillerplatz ein, wo sie von Jost Lohmann vom museumspädagogischen Verein Agil und Oliver Will in Empfang genommen wurden - "überrascht vom Andrang bei dem Bierkellerwetter".
Trotz des heutzutage üblichen, Corona bedingten Sicherheitsabstandes gelang es Lohmanns kräftiger Stimme, durchzudringen. Und die Zuhörer zu fesseln mit Details aus der Sparte Gedenktafeln: "Heute wie vor Jahren die gängige Methode, an denkwürdige Ereignisse zu erinnern", stellt Jost Lohmann fest.
Er hielt sich nicht mit Nachhilfeunterricht in Sachen NS-Diktatur auf: "Wissensvermittlung steht nicht im Fokus dieser Führung." Vielmehr entfaltete er die verschiedenen Sichtweisen und Auslegungsmöglichkeiten von Gedenktafeln wie etwa die beiden am Alten Rathaus an der Unteren Brücke oder die Tafel zum Gedenken an Claus Schenk Graf von Stauffenberg an der Oberen Brücke.
Widerstand gegen Unrecht
Ein Abstecher in den Harmoniegarten mit den Stelen zu Willy Aron, Hans Wölfel und Stauffenberg fehlte nicht: "Sie gaben ihr Leben im Widerstand gegen Unrecht", fasste Lohmann die höchst unterschiedlichen Biografien dieser drei Männer zusammen. "Sie leisteten Widerstand ohne geringsten persönlichen Vorteil", ergänzte er, ohne die immer wieder zu hörenden kritischen Stimmen gegen den "Militaristen Stauffenberg" außer Acht zu lassen.
Die Stolpersteine für die jüdische Familie Schapiro in der Kesslerstraße sind eine Station auf dem Führungsweg. Erhöhte Aufmerksamkeit war Jost Lohmann in den Theatergassen sicher: Wissen die Bamberger, dass hier eine Tafel an die Synagoge erinnert, die bis 1910 auf diesem Areal stand? Und dass hier das Gasthaus "Weiße Taube" als letzter Rückzugsort, als Ghetto für die Juden aus der Stadt und dem Umland in der NS-Zeit diente? Bis von diesem Ort aus - 1941 bis 42 - die Deportationen in die Vernichtungslager erfolgten.