Kulmbach verfügt nach Aussage eines Experten über so viele Reserven, dass die Stadt mehr Trinkwasser an die Fernwasserversorgung Oberfranken abgibt als abnimmt. Ein Vorteil sei vor allem die Weichheit des Wassers.
Wasser ist auf dieser Welt ungleich verteilt. "Während es in Teilen Afrikas und Asiens zu wenig davon gibt, ist Deutschland ein wasserreiches Land", stellte Klaus Hagen fest. Der Professor, der am Donnerstagabend auf Einladung des Kulmbacher Freundeskreises der evangelischen Akademie Tutzing im Martin-Luther-Haus über das Thema Trinkwasser sprach, hatte auch auf die Unterschiede innerhalb von Deutschland hingewiesen. Der Süden Bayerns sei mehr mit dem kostbaren Nass gesegnet, als der eher trockenere Norden. Der Main-Donau-Kanal, so der Redner, sei nicht nur ein Schifffahrtsweg, sondern auch eine gigantische Wasserleitung, mit der Donau und Altmühl angezapft werden - zum Vorteil des trockneren Regnitz-Main-Gebietes.
Die Bierstadt Kulmbach sei gut mit Wasser versorgt. Es gebe mehrere Brunnen in Kulmbach und im Schorgasttal. "Es ist zwar ein Anschluss an die Fernwasserversorgung Oberfranken, kurz FWO genannt, vorhanden, aber in der Realität sieht es so aus, dass Kulmbach eher Wasser an die FWO abgibt, als das es welches abnimmt", erläuterte der Experte aus dem Kulmbacher Ortsteil Katschenreuth. Gesundes Trinkwasser ist ein hohes Gut. Weltweit sterben fünf Millionen Menschen an den Folgen von Durchfallerkrankungen. Der Grund ist für Hagen eine unzureichende Versorgung mit sauberem Wasser.
In Deutschland müsse man sich darüber keine Sorgen machen, so der Fachmann. Die Wasserqualität bezeichnete der Chemiker als sehr gut. Kulmbach sei mit weichem Wasser gesegnet, was Waschmaschinen schone und Waschmittel spare. Der Referent hatte auch ein Problem ausgemacht. Dort, wo in Deutschland Mais oder Spargel angebaut werde, sei das Grundwasser mitunter über Gebühr mit Nitrat belastet. Während es in Deutschland Pilotversuche bei Kläranlagen mit einer vierten Reinigungsstufe gebe, sei man in der Schweiz bereits einen Schritt weiter. Dort sei die neue Technik bereits beschlossene Sache. Die sei aber nicht zum Nulltarif zu haben, prognostizierte Hagen. "Sollte sie auch in Deutschland Pflicht werden, dann dürfte der Abwasserpreis voraussichtlich um circa zehn Cent pro Kubikmeter steigen."
In Deutschland werden von einer Person an einem Tag im Durchschnitt 128 Liter Wasser verbraucht. Hagen verriet wofür: An erster Stelle steht die Körperpflege (46 Liter), es folgen die Toilettenspülung (40 Liter), das Wäschewaschen (17 Liter), das Spülen (acht Liter), das Putzen (sechs Liter), das Gartengießen und das Kochen (jeweils drei Liter). Auf sonstige Tätigkeiten entfallen fünf Liter. Die Wassernutzung pro Person und in einem Jahr bezifferte Hagen weltweit auf 700, in Deutschland auf knapp über 500 Kubikmeter. "Während global die Landwirtschaft mit über 500 Kubikmeter der größte Verbraucher ist, liegen in Deutschland die Wärmekraftwerke mit über 300 Kubikmeter vorne", sagte der Fachmann. Die Abschaltung von Atom- und Kohlekraftwerken im Zuge der Energiewende werde hier zu einem Rückgang führen.
Für die Landwirtschaft, die derzeit noch bei 20 Kubikmeter liege, prognostizierte er mit Blick auf den Klimawandel eine Zunahme. Die gesamten Wasserressourcen der Welt gab Hagen mit 1,38 Milliarden Kubikkilometer an. Davon seien nur 3,6 Millionen (0,3 Prozent) als Trinkwasser verfügbar. Bricht bei Naturkatastrophen die Trinkwasserversorgung zusammen, kommen mobile Wasseraufbereitungsanlagen zum Einsatz. Mit ihnen kennt sich der Referent bestens aus. Über 30 Jahre lang wirkte er für die Firma Wabag in Kulmbach, dann für das Unternehmen Veolia in Bayreuth weltweit am Bau von Wasseraufbereitungsanlagen mit. Klaus Hagen arbeitet nach wie vor als Berater für Wassertechnik und ist als Dozent an der Fachhochschule Hof tätig.