Saheel muss zurück nach Afghanistan

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Alexander Meile versuchte, Saheel (25) auszubilden. Mitten in der Ausbildung wurde die Duldung widerrufen - der Afghane saß in Abschiebehaft und wird wohl heute nach Kabul zurückgeflogen. Foto: Sonny Adam
Alexander Meile versuchte, Saheel (25) auszubilden. Mitten in der Ausbildung wurde die Duldung widerrufen - der Afghane saß in Abschiebehaft und wird wohl heute nach Kabul zurückgeflogen.  Foto: Sonny Adam

Wenn nicht ein Wunder passiert, dann sitzt der 25 Jahre alte Asylbewerber heute im Flieger nach Kabul.

Als Saheel vor sieben Jahren nach Kulmbach gekommen ist, war er voller Hoffnung, wollte Deutsch lernen. Er wollte in Oberfranken ein neues Leben beginnen: ein Leben in Frieden, ein Leben ohne Gewalt. "In Afghanistan ist seit vielen Jahren immer Krieg. Da werden Leute für 10 000 Euro einfach umgebracht. Das ist normal", erzählte Saheel.
Sechs Jahre lang saß der junge Afghane im Asylbewerberheim in der Pestalozzistraße. Dann wendete sich das Blatt. Saheel hatte inzwischen so gut Deutsch gelernt, dass er eine Ausbildung bei der Firma Meile Sanitärtechnik beginnen konnte. "Für mich ist ein Beruf eine große Chance. Ich möchte hier in Deutschland ein neues Leben", erklärte Saheel damals. Er büffelte für sein B1-Deutschzertifikat. Er wollte erfolgreich sein, irgendwann seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten. Doch sein Asylantrag wurde abgelehnt - schon vor Antritt der Ausbildung. Smeekeil begann die Ausbildung unter dem Status der Duldung. Er hoffte, dass die Duldung zumindest so lange aufrechterhalten wird, bis er die Ausbildung beendet hat und dass er dann - entsprechend der 3+2-Regel (drei Jahre Ausbildung und dann noch zwei Jahre Bleiberecht) in Deutschland sein dürfe. Vielleicht auch länger.
"Ende Januar habe ich mitgeteilt bekommen, dass ich ihn nicht mehr als Lehrling beschäftigen darf", erzählt Alexander Meile. Alles ging ganz schnell. Der junge Afghane ist untergetaucht. "Aber er wurde in Hof aufgegriffen", so Meile. Er wollte ihm in seiner Funktion als Chef helfen. Doch im Februar 2016 war der Afghane zu einer Strafe von 130 Tagessätzen verurteilt worden wegen Körperverletzung. Ausgerechnet am Tag vor dem Ausbildungsbeginn hat sich die Tat ereignet. "Ich habe nichts von der Sache gewusst. Tatsächlich gilt die Regel, dass man bei Strafen von mehr als 90 Tagessätzen einen Grund zur Abschiebung hat", so Alexander Meile.
"Der Bayerische Flüchtlingsrat sieht in diesem Abschiebeversuch eine eklatante Verletzung des Vertrauensschutzes gegenüber dem Ausbildungsbetrieb. Der Fall zeigt die ganze Willkür des aktuellen Behördenhandelns", kommentiert Stephan Dünnwald vom Bayerischen Flüchtlingsrat den Vorfall in einer Presseerklärung. Dünnwald kritisiert, dass die zentrale Ausländerbehörde Oberfranken erst im März 2017 die Ausbildungserlaubnis widerrufen hat. "Das Bayerische Innenministerium vergrault so die Betriebe, die dringend Auszubildende suchen und auch Flüchtlinge ausbilden."
Schützenhilfe bekam der junge Asylbewerber vom Kulmbacher Arno Pfaffenberger. Pfaffenberger formulierte einen offenen Brief an alle Stadt- und Kreisräte. "Dieser junge Mann muss zurück nach Afghanistan. In ein Land, das vom Bürgerkrieg zerrissen ist. In ein Land, in dem über eine Million Menschen als Binnenflüchtlinge unterwegs sind, um dem Terror der mörderischen Taliban- und IS-Banden zu entkommen. In ein Land, das keinerlei Perspektive bietet", so Pfaffenberger.


Prominente Fürsprecher

Tatsächlich haben sich Oberbürgermeister Henry Schramm und Landrat Klaus Peter Söllner für den Flüchtling starkgemacht. "Saheel ist mir als aufgeschlossener, hilfsbereiter und höflicher junger Mann aufgefallen", urteilt Oberbürgermeister Henry Schramm (CSU) über den Flüchtling. "Darüber hinaus hat er sich aus eigenem Antrieb sozial in unser öffentliches Leben eingebracht. Als wir im Rahmen der Flüchtlingskrise städtische Häuser für die Neuankömmlinge hergerichtet und zur Verfügung gestellt haben, war er immer ohne Aufforderung bereit, ehrenamtlich zu helfen. Nun ist es aber so, dass es eine gerichtliche Entscheidung gibt. Damit sind uns jetzt die Hände gebunden, so bedauerlich das im Einzelfall ist", sagt Henry Schramm.
Auch der BRK-Kreisverband stellte dem jungen Flüchtling ein positives Zeugnis aus. Und auch Landrat Klaus Peter Söllner (FW) hat ein positives Schreiben für die Härtefallkommission des Landtages verfasst, erklärt Dieter Witterauf, Sprecher des Landratsamtes. Sogar Justiziar Lars Peetz vom Landratsamt war eingeschaltet.
Die Regierung von Oberfranken beruft sich bei der Entscheidung auf Recht und Gesetz. "Wir behandeln jeden einzelnen Fall. Es gibt auch eine Rückführungsberatung. Aber man kann nicht einfach eine Ausnahme machen", erklärt Pressesprecher Oliver Hempfling.
Für Saheel ist die Rückführung eine Reise ins Ungewisse und das Ende eines Traumes. Gegen den jungen Afghanen wird übrigens auch eine Wiedereinreisesperre verhängt. Sollte er tatsächlich erneut nach Deutschland einreisen wollen, muss er für die Abschiebekosten (zwischen 12 000 und 15 000 Euro) aufkommen.