Stadtfüh- rerin Christiane Kolbet schildert Interessierten vor Ort, was sich in Höchstadt Unglauliches zugetragen haben soll.
Während einer abendlichen Führung durch die Altstadt brachte Christiane Kolbet einer Gruppe die Sagenwelt Höchstadts näher. Kolbet ist begeistert von der Idee, nicht nur Sagen zu erzählen, sondern sie auch in den geschichtlichen Hintergrund einzuordnen.
Trotz weniger sagenhaftem Wetter kam eine kleine Gruppe zusammen und hörte der Stadtführerin zu, deren Ausführungen passenderweise von mittelalterlichen Klängen - die vom Schlosshof-Festival herüberwehten - untermalt wurden. Ausgangspunkt der 90-minütigen Führung war der Marktbrunnen, an dem Kolbet den schwärzesten Tag der Geschichte Höchstadts während des Dreißigjährigen Kriegs, den 10. März 1633, schilderte: "Der Krieg hat, wie es scheint, in einer gewissen Weise die Fantasie der Höchstadter beflügelt." So entstanden tröstliche Geschichten, die den Menschen über die Schrecken des Krieges hinweghelfen sollten.
Beispielhaft dafür ist die bekannte Sage über den schwedischen Soldaten, der bewaffnet mit einem Speer in einem Haus neben dem Marktbrunnen ein Kind in seiner Wiege liegen sieht.
Da soll ihm die Mutter Maria erschienen sein und ihn dazu bewegt haben, das Kind großzuziehen, statt es wie seine Eltern zu töten. Aus dem Kind soll, wenn man den Erzählungen Glauben schenkt, eine schöne weiße Nonne geworden sein. Noch heute erinnert eine Madonnenfigur an der Hauswand an diese Sage.
Drei Gebäude sollen im Dreißihjährigen Krieg in Höchstadt unversehrt geblieben sein - eines davon ist die St.-Georg-Kirche: Der schwedische König Gustav Adolf soll bei seinem Ritt zur Kirche vom Heiligen Georg, der vom Kirchendach stieg und seine Kirche schützen wollte, überrascht worden sein.
Das Pferd des Königs soll davon so überrascht gewesen sein, dass es vor lauter Schreck davongaloppiert sein und dabei ein
Hufeisen verloren haben soll. Der Sage nach soll das Hufeisen als Teil einer Mauer neben der Kirche zu sehen sein. Trotz ausgiebiger Suche hat es aber bisher noch niemand entdeckt.
Auch der Glaube hat in der Höchstadter Geschichte einen hohen Rang, denn es gibt gleich mehrere Sagen. So etwa in der Sage über die Lokalheilige Hildegund, deren Statue man noch heute an einer Seite der Stadtpfarrkirche bewundern kann.
Kein Ruhmesblatt für Verwandte
Die Erzählung stammt von einem Münchauracher Mönch aus dem 14. Jahrhundert und wurde 1819 aus dem Lateinischen übersetzt. Sie handelt von sechs adeligen Schwestern, eine davon war Hildegund, deren Eltern früh starben. Ihr naher Verwandter Graf Goswin nahm Hildegund bei sich auf und bekam bald ein Heiratsangebot von einem reichen Bayern für sie.
Ohne Hildegunds Einverständnis stimmte er zu.
Die junge Frau hätte es vorgezogen, ins Kloster zu gehen - dafür war es zu spät. In einer Kapelle sollte sie ihren Bräutigam heiraten. Vor der Vermählung tuschelte Hildegund mit dem Priester und kniete nieder. Dabei soll sie tot umgefallen sein. Da sich die Tote nicht bewegen ließ, wurde sie an Ort und Stelle begraben. Als die Hinterbliebenen Hildegunds Willen, ihr Erbe für kirchliche Zwecke zu nutzen, nicht erfüllten, erschien sie ihnen im Traum. Sie erreichte, dass Graf Goswin das Erbe dem Kloster Münchaurach stiftete. "Diese Sage ist besonders erstaunlich, da sie zeigt, dass sich eine junge Frau zu damaligen Zeiten über die Pläne, die über ihren Kopf hinweg gemacht wurden, hinweggesetzt hat", sagte Kolbet.
Weitere Sagen, wie Hostien sich zum Schweben bewegen lassen, wie eine Männergruppe in einem eiskalten Fass landet oder welche Gerüchte ein Kriminalfall 1517 auslöste, erzählt Christiane Kolbet an jedem zweiten Freitag im Monat ab 20 Uhr am Marktbrunnen.