Den Pianisten István Lajko zeichnen großes Können der Interpretation und eine hohe Kunst des Anschlags aus.
"Heute verstehe ich, dass solche Hände versichert werden müssen", sollte Roberto Bauer am Ende des Abends sagen. Er war überhaupt sehr launig an diesem Sonntagabend in der ehemaligen Synagoge. Pianist István Lajko machte dem Geschäftsmann, der zur Reihe "Weltklassik" als Conferencier auftritt und auch die Betreuung der Künstler übernimmt, sichtlich Freude. Das Publikum hielt er nach Lajkos Darbietungen zu Schubert und Liszt jedenfalls für "austherapiert".
Selbst als Lajko die Tarantella hinter sich brachte, ging er noch konzentriert von der Bühne. Wenngleich auch unter "Bravo-Rufen". Eineinhalb Stunden lang sorgte der Ungar für Präzision auch im Sechsachteltakt. Es war das vorletzte Konzert der diesjährigen Reihe und könnte für länger in Erinnerung bleiben. Das lag auch an all den Allegrettos des Abends und an der Art und Weise, wie der auf originell unscheinbare Art wirkende Mann sein Programm "Weltklassik am Klavier - Romantik - Temperamentvolle Tarantella" bewältigte.
Es ging auch ansonsten wieder aufwärts mit der Musikreihe, denn im Vergleich zum etwas schwächelnden Publikumszuspruch beim jüngsten Konzert vor Wochen blieben nur wenige Stühle nicht besetzt.
Versöhnlicher Anklang
Zu den herausragenden Darbietungen des Abends zählte die Intonation des Allegretto c-Moll D 915 von Franz Schubert (1797-1827). In dieser Tonlage liegt dem Werk eine Eigenwilligkeit zugrunde, eine Art versöhnlicher Anklang, den Lajko glänzend auszuarbeiten wusste. Genauso wie das im Grunde schlichte melodische Motiv, dem man sich als Zuhörer nicht entziehen kann.
Zu den Stärken des 37-Jährigen, der in seiner Laufbahn schon zahlreiche internationale Preise und Wettbewerbe gewonnen hat, eine von der Kritik hochgelobte CD aufnahm und als Konzertpianist zwischen Europa, Asien und den USA unterwegs ist, gehörte das Erfassen und Ausarbeiten lyrischer Momente und der gekonnte Umgang mit Agogik.
Drei Allegri und ein Adagio lang hatte er dazu in der Klaviersonate Nr. 19 c-Moll D 958 Gelegenheit. Neben Lajkos großem Können der Interpretation pflegte er auch eine hohe Kunst des Anschlags. Mitunter gelangen ihm geradezu flirrende Töne an passendsten Stellen. Völlig andere Gemütslagen bediente Lajkos mit Werken von Franz Liszt (1811-1886). Bei Les adieux S. 409 war es das Traumverlorene, auch wenn die Mechanik des Klaviers bei einer kurzen Sequenz doch recht hörbar war. In loser Folge zwischen den Années de pèlerinage, einer musikalischen Anlehnung an Goethes Entwicklungsroman Wilhelm Meisters Lehrjahre, Il penseroso oder der Tarantella da Guillaume Louis Cottrau, schuf der erstmalig in Lichtenfels auftretende Ungar mal zartfühlende und mal wuchtige, aber eben immer bewundernswert exakte Töne.
Höhepunkt des Abends sollte für die Klavierfreunde Lajkos Beschäftigung mit zwei Lisztschen Tarantellen werden. Mit ihm wird ein wilder volkstümlicher Tanz bezeichnet, der einen Spinnenbiss (Tarantel) erträglich machen bzw. entgiftend therapieren soll. Gebissene tanzten oft bis zur völligen Erschöpfung, wurden so namensgebend und besonders das 19. Jahrhundert räumte dieser Musikform im Sechsachteltakt spannende Instrumentalwerke ein.