Was sich ändern muss, damit der deutsche Fiskus an den Gewinnen der Internet-Giganten wie Facebook oder Google mitverdient, beschreibt Uwe Demmler, Professor an der Hochschule Coburg, im Interview.
Facebook, Google und Co. machen Milliardengewinne - auch in Deutschland. Der Fiskus hat davon bislang ziemlich wenig, denn häufig versteuern die Konzerne ihre Gewinne in Ländern mit günstigen Steuersätzen. Unser Steuergesetz müsse sich ändern, wenn es neue digitale Geschäftsmodelle erfassen wolle, sagt Uwe Demmler, Professor für Unternehmensbesteuerung und steuerbezogene Digitalisierung an der Hochschule Coburg. Im Interview erzählt er außerdem, wie sich das Berufsbild des Steuerberaters gerade verändert.
Herr Demmler, warum zahlen Internetkonzerne aktuell so gut wie keine Steuern in Deutschland?
Uwe Demmler: Facebook verdient sein Geld mit Kundendaten. Wo diese Gewinne besteuert werden, bestimmt sich aktuell noch nach traditionellen Regelungen. In Deutschland gibt es aber kaum ein physisches Geschäft von Facebook oder Google. Wenn Sie in einen Supermarkt gehen, gibt es ein Gebäude. Da bezahlen Sie und das Geld geht in die Kasse und damit auch in die Steuerkasse des deutschen Fiskus.
Wie könnte es gelingen, von den Gewinnen etwas abzubekommen?
Als Nutzer solcher Plattformen sind wir nicht nur Kunde, sondern werden selbst zum Produkt. Wenn ich also gleichzeitig ein Produkt oder zumindest Produktionsfaktor von Facebook bin, dann steht an meinem Haus zwar nicht "Außenstelle von Facebook", aber faktisch bin ich genau das. Hier könnte der Fiskus ansetzen und - international abgestimmt - moderne Besteuerungskonzepte entwickeln.
Sie beschäftigen sich unter anderem mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf den Steuerbereich. Wo nehmen Sie diese besonders wahr?
Die Digitalisierung hat nicht nur neue Geschäftsmodelle hervorgebracht, sie verändert auch das Berufsbild von Steuerberatern, Finanzbeamten und Beschäftigten in Steuerabteilungen. Als wir Betriebswirtschafts-Studierenden den Schwerpunkt "Rechnungswesen, Controlling, Steuern und Finanzen" vorgestellt haben, hat ein Student gefragt, warum er das überhaupt studieren soll. Steuerberater würde es ja bald nicht mehr geben.
Hat er damit Recht?
Man muss differenzieren. Natürlich werden mit fortschreitender Digitalisierung einfachere Tätigkeiten automatisiert - man braucht also nicht mehr so viele Leute, die eine Steuererklärung ausfüllen. Aber als jemanden, der sich allein auf das Befüllen eines Steuererklärungsformulars versteht, hätte ich den Steuerberater ohnehin nicht gesehen. Er ist nicht nur Ansprechpartner für Steuerfragen, beim Steuerberater laufen auch zahlreiche Unternehmens-Daten zusammen. Insbesondere in kleinen mittelständischen Unternehmen. Da ist der Steuerberater der Fels in der Brandung.
Wie wird sich der Aufgabenbereich von Steuerberatern verändern?
Steuerberater werden sich einerseits auf anspruchsvollere, komplexere Tätigkeiten fokussieren. Andererseits werden Steuerberater deutlich mehr zu Entscheidungsunterstützern, Erklärern und auch Datendienstleistern. In Zukunft werden sie sich zum Beispiel gemeinsam mit ihren Mandanten Gedanken darüber machen, was man aus vorhandenen und neuartigen Datengrundlagen des Unternehmens herausholen kann.
Was bedeutet das für die Studierenden? Was müssen sie mitbringen, wenn sie in diesem Bereich arbeiten wollen?