Meilensteine der heimischen Wirtschaft

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So sah es früher beim Abbau des Sandsteins aus, als alles in Handarbeit erledigt wurde und nur ein sogenannter Dreibock technische Hilfe leistete. Fotos und Repros: Günther Geiling
So sah es früher beim Abbau des Sandsteins aus, als alles in Handarbeit erledigt wurde und nur ein sogenannter Dreibock technische Hilfe leistete. Fotos und Repros: Günther Geiling
Das Gebäude der "Bayerischen Schleifsteinwerke" mit Nebenhaus ist heute noch im Besitz der Familie Brünner. Das Bild stammt aus dem frühen 19. Jahrhundert, wie am Dienstwagen der damaligen Besitzerfamilie Ankenbrand im Vordergrund zu erkennen ist.
Das Gebäude der "Bayerischen Schleifsteinwerke" mit Nebenhaus ist heute noch im Besitz der Familie Brünner. Das Bild stammt aus dem frühen 19. Jahrhundert, wie am Dienstwagen der damaligen Besitzerfamilie Ankenbrand im Vordergrund zu erkennen ist.
 
Kleinere Schleifsteine wurden bis über das Jahr 2000 hinaus gefertigt, wobei bereits eine Drehbank die Handarbeit erleichterte.
Kleinere Schleifsteine wurden bis über das Jahr 2000 hinaus gefertigt, wobei bereits eine Drehbank die Handarbeit erleichterte.
 
Im Steinbruch am Roßberg wird vom Bamberger Natursteinwerk Hermann Graser noch heute der weiße Sandstein abgebaut, der unter der Erdschicht mit bis zu sechs Meter mächtigen Blöcken zu sehen ist.
Im Steinbruch am Roßberg wird vom Bamberger Natursteinwerk Hermann Graser noch heute der weiße Sandstein abgebaut, der unter der Erdschicht mit bis zu sechs Meter mächtigen Blöcken zu sehen ist.
 

Die geplante "Erlebniswelt Fränkischer Sandstein" in Breitbrunn wird die Geschichte des Abbaus in den Steinbrüchen bis hin zur modernen Sandsteinindustrie dokumentieren. Sie soll eine Freizeitattraktion werden und den Tourismus beleben.

Breitbrunn — Für die "Erlebniswelt Fränkischer Sandstein" war zuletzt noch einmal eine Art "Sprengung" erforderlich, um all die Bedenken und Skrupel zu zerstreuen ähnlich wie einst die großen Felsbrocken ins Rollen zu bringen. Der Gemeinderat hatte einen Rückzug aus dem Sandstein-Projekt beschlossen, die Entscheidung aber postwendend rückgängig gemacht. Mit der "Erlebniswelt" will die Gemeinde Breitbrunn einen touristischen Schwerpunkt setzen und sich insbesondere um Tagesausflügler bemühen, die in Kleingruppen in der Natur unterwegs sind und etwas erleben wollen.

Die Gewinnung von Sandsteinen im fränkischen Keupergebiet der Haßberge hat eine lange Tradition, und Breitbrunn ist in ganz besonderer Weise mit dem Sandstein verbunden. Steinbrucharbeiten im Gebiet der Gemeinde werden seit dem Ende des 16. Jahrhunderts nachgewiesen; so ist in alten Gemeinderechnungen von Ebelsbach von einem "gemeinen Steinbruch" die Rede und auch ein örtlicher Steinmetz wird erwähnt.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Steinhauerei zu einer bedeutenden Sandsteinindustrie. Hier wären zu nennen die 1850 von Engelbrecht und Kaspar Ankenbrandt gegründeten "Bayerischen Schleifsteinwerke" und die von Conrad Vetter gegründeten Deutschen Steinwerke C. Vetter, die 1898 über 800 Mitarbeiter beschäftigten und 1904 sogar an die Börse gingen.

1888 hat die Firma Ankenbrand den ersten Steinbruch in Breitbrunn errichtet, 1893 zog die Firma Vetter nach, und nach 1909 legte auch die Firma Keller einen Steinbruch an. Das war der "Kellerbruch" direkt an der Staatsstraße, 300 Meter vor dem Ortseingang von Breitbrunn, der nun zu einer "Erlebniswelt" für den Sandstein entwickelt werden soll. Aber es gab noch weitere Steinbrüche, wie die der Firma Gleußner in Neubrunn und Schönbrunn oder auch in der Gegend von Zeil und Sand.

Walzen für alle Welt

In der Blütezeit zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden aus diesem Bodenschatz der Haßberge vor allem Schleifsteine und Schleifwalzen für alle Welt gefertigt. Große Steinwalzen wanderten in die Glasschleifereien und Tausende von kleinen Schleifsteinen über den Ozean nach Kuba, um dort die Haumesser für die Zuckerrohrernte zu schleifen.

Die Firma Ankenbrand fertigte im Steinbruch "Roßberg" in Breitbrunn am längsten solche Walzen und Schleifsteine. Ihr Geschäftsführer Erhard Brünner, von 1966 bis 1990 auch Bürgermeister von Breitbrunn, übernahm dann die Firma, die damals als einzige in Deutschland noch Walzen und Schleifsteine fertigte. Sie stellte Walzen bis zu einer Höhe von 2,5 und einem Durchmesser von zwei Metern her, wobei das Stückgewicht bis zu 18 Tonnen betragen konnte.

Noch in den 1980er Jahren wurde eine solche Walze auf die Insel Mauritius versandt, wobei allein die Transportkosten mit Lkw und Schiff 9000 Mark betrugen. Dass die Herstellung einer Walze in Handarbeit ihren Preis hatte, erschließt sich daraus, dass ein Arbeiter daran je nach Größe bis zu sechs Wochen mit Fäustel und Meißel arbeitete. Walzen und Schleifsteine wurden auch nach Südamerika, Afghanistan, Indien und in den Ostblock geliefert.

Das Brechen der Steine im Steinbruch und das Zuschlagen war extreme körperliche Arbeit, denn es gab wenige Hilfsmittel. Nicht zuletzt deswegen wurden einst die Zwangsarbeiter oder Kriegsgefangene in die Steinbrüche zur Arbeit gebracht.

Auch die großen Steinblöcke und Walzen mussten von Breitbrunn zum Bahnhof nach Ebelsbach kommen und dort verladen werden, denn erst ab den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts übernahmen dies die ersten Lkw. Alte Steinbrucharbeiter erzählten noch mit Stolz von den Zeiten, als sie ihre fertigen Walzen mit eisenbereiften Holzwagen abfuhren. "Mann und Maus" mussten zugreifen, um die Steine auf die Wagen zu bringen. Nicht selten geschah es, dass die Fuhrwerke auf den Wegen versanken, die Last wieder abgeladen werden musste und mit Winden wieder auf den Wagen gehievt wurde. Oft war's ein Abenteuer, bis man die Walzen mit Pferdefuhrwerken an ihren Bestimmungsort an der Bahn in Ebelsbach gebracht hatte.

1991, nach dem Tod von Erhard Brünner, übernahm dessen Sohn Wernfred die "Bayerischen Schleifsteinwerke" und konnte dabei schon auf Steinsägen für Steinblöcke und Steinplatten oder auf Drehbänke zurückgreifen, an denen man maschinell die kleineren Schleifsteine fertigte. Dies geschah bis zum Jahre 2003, dem Todesjahr des Besitzers Wernfred Brünner. Seitdem ist das Bamberger Natursteinwerk Hermann Graser Besitzer des Steinbruchs am "Roßberg" und bricht weiterhin diesen hochwertigen weißen Sandstein für die Restaurierung historischer Bausubstanz in der Denkmalpflege und für besondere Bauten.

Im laufenden Betrieb

Nachdem das Unternehmen Graser 2012 den aufgegebenen "Kellerbruch" erworben hat, eröffnete sich die Möglichkeit, diesen Standort als "Sandstein-Museum" ins Auge zu fassen, was die damalige Bürgermeisterin Gertrud Bühl anregte. Der Geschäftsführer Martin Graser, auch Vorsitzender des "Erlebniswelt"-Fördervereins, hat der Gemeinde das Gelände des Kellerbruchs günstig zur Verfügung gestellt. Im Plan ist enthalten, dass er dort Sandstein abbauen will, damit Besucher der Erlebniswelt in einem "Schau-Steinbruch" an besonderen Tagen von einer Aussichtsplattform aus Einblicke in den laufenden Steinbruchbetrieb erhalten.

Das Konzept stellt folgende Ziele in den Mittelpunkt: Es soll ein Erlebnisort für die Bürger der Landkreise Haßberge und Bamberg entstehen. Die "Erlebniswelt" soll die Geschichte des Sandsteins und seines Abbaus bis heute aufarbeiten und darstellen. Außerdem soll die "Erlebniswelt" den Tourismus in der Region stärken, und sie soll zur Vernetzung von Akteuren beitragen, die mit dem Sandstein kulturelle, touristische und wirtschaftliche Ziele verbinden.

Projektidee ist ein Themenpark mit mehreren Modulen, die Erwartungen verschiedener Besucher erfüllen sollen. Die Planer glauben, jährlich 5000 bis 7000 Gäste anlocken zu können.

Das Herzstück des Themenparks soll die Steinbruchvilla mit Veranstaltungsraum und Ausstellungen werden. Dazu muss ein Neubau errichtet werden, in dem wetterunabhängige Vorträge, Kurse und Seminare sowie auch gesellige Zusammenkünfte stattfinden können. Außerdem soll hier eine Ausstellung eingerichtet werden, die sich unter dem Titel "Die Steinbarone vom Obermain" der Geschichte der Steinbrüche und ihrer Besitzer widmet, aber auch den Sandsteinabbau im 19. und 20. Jahrhundert vorstellen soll.

Es stehen noch die Reste einer Steinbruchhütte, die einst von den Arbeitern als Brotzeit- und Waschraum genutzt wurde. In ihr wird eine wetterfeste Ausstellung unter dem Titel "Die Steinhauer der Haßberge und des Steigerwaldes" installiert. Zusätzlich will man hier einige Großgeräte wie Kran, Zugkarren und Kipploren aufstellen.

Für bis zu 1000 Zuschauer

Für die Ausrichtung von größeren Veranstaltungen im Steinbruch steht eine 70 Quadratmeter großer Veranstaltungsbühne auf dem Plan, wobei der Zuschauerraum für 1000 Besucher ausgelegt ist. Im Hintergrund an der Felswand ist noch eine Boulderwand geplant.

Das 5600 Quadratmeter große Areal ergänzen ein Beobachtungspunkt (Biotop), wo sich unter Umständen Frösche, Kröten und Molche am Tümpel beobachten lassen. Es soll einen Infopunkt Geologie geben, und ebenso wird ein Sandspielplatz für Kinder eingerichtet.

Für den Themenpark geht Breitbrunn von einer Gesamtinvestition von rund 900 000 Euro aus, wobei der Gemeinderat eine Beteiligung von 175 000 Euro beschlossen hat und Zuschüsse vom Amt für ländliche Entwicklung und aus Leaderprogrammen zugesagt sind. Träger wird die Gemeinde Breitbrunn sein, die sich weitere Spender erhofft. Im Förderverein hat sie einen Partner, der mit Veranstaltungen und Aktivitäten für die Attraktivität der "Erlebniswelt Fränkischer Sandstein" sorgen soll.