MdB Klaus Barthel "Der Druck, etwas zu bewegen, ist relativ hoch"

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Eine solche Stimmung und Resonanz hat es beim Arbeitskreis "Kirche und SPD" des SPD-Unterbezirks Coburg-Kronach schon länger nicht mehr gegeben. Mit dem süd...

Eine solche Stimmung und Resonanz hat es beim Arbeitskreis "Kirche und SPD" des SPD-Unterbezirks Coburg-Kronach schon länger nicht mehr gegeben. Mit dem südbayerischen MdB Klaus Barthel (61), der sich auch um den Landesvorsitz seiner Partei bewirbt, war ein "linkes" Urgestein gekommen. Der einstige Gewerkschaftssekretär gehört dem Parlament seit 1994 an und war aus sozialer Überzeugung ein Rebell gegen die Arbeitsmarktreformen von Gerhard Schröder.
Dies gab den Ur-Sozis im Arbeitskreis so richtig Aufwind. Eine Neuausrichtung der Politik forderte Leonhard Fehn. "Was soll aus unseren Kindern werden, was soll aus unseren Enkeln werden", fragten sich immer mehr Menschen. Wenn sich die Menschen zu wenig wehren, werde die Politik nichts ändern. Armut in einem reichen Land, Armut der Rentner sei in unserer Region noch gravierender als in anderen Regionen. Jetzt seien viele überrascht, wie wenig Rente sie bekommen. Es beginne mit den niedrigen Löhnen. Bis 1980 gab es alle 25 Jahre eine Verdoppelung der Löhne. Viel Arbeit wurde in weit entfernte Länder verlagert, etwa in der Spielzeugindustrie. Es gab Zeiten, in denen ein Alleinverdiener seine Familie ernähren konnte. "Hartz IV ist nicht zeitgemäß", verlangte Fehn Änderungen. Die Politik müsse Veränderungen herbeiführen.


"Hartz IV noch nicht angetastet"

Die SPD sei gerade am Erarbeiten eines Regierungsprogramms, erläuterte MdB Klaus Barthel. Es gebe Vorarbeiten, aber Kanzlerkandidat Martin Schulz wolle andere Akzente setzen. "Was bisher vorlag, war auch nicht wirklich brauchbar", meinte der Abgeordnete. Der Programmparteitag der SPD sei um vier Wochen in den Juni verschoben worden, um mehr Zeit für Veränderungen zu haben. Die Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen habe ihre Vorstellungen zum Rentenpaket eingebracht. Zusammen mit den anderen großen Arbeitsgemeinschaften habe es zuletzt eine Gerechtigkeitskonferenz gegeben. Daraus sei ein gemeinsames Papier entstanden. Auf Bundesebene seien diese Anliegen bislang ignoriert und nicht gegenüber der Bundesebene vertreten worden. "Wir werden nicht locker lassen." Andere Landesverbände lägen auf derselben Linie. "Der Druck, etwas zu bewegen, ist relativ hoch."
Noch nicht angetastet sei Hartz IV selbst, so Barthel. Die Frage der Zumutbarkeit - etwa das Drängen in Leiharbeit - sei nicht angegangen. Die angedachte Erhöhung des Vermögensfreibetrags sei ihm noch viel zu wenig. Das Schonvermögen muss weiter hinaufgesetzt werden. Der Vorsitzende des Arbeitskreises, Walter Wich-Herrlein, ist sich sicher, "dass Martin Schulz bereits vorher einige klare Aussagen machen wird". Dies werde zeigen, in welche Richtung sich die SPD entwickelt. "Martin Schulz ist für mich noch nicht glaubwürdig, schließlich habe er maßgeblich das Freihandelsabkommen Ceta durchgesetzt", beklagte Eduard Adam aus Grub am Forst. Wenn die Menschen schon so arm gemacht sind, dürfe es nicht auch noch die Strafmaßnahmen geben. Das untere Lohnniveau sei einfach zu niedrig, um Menschen in Hartz IV einen Anreiz zu bieten.
Wenn jemand nach 40 Jahren Arbeit in Not gerät, werde er gleichgestellt mit Menschen, die nie arbeiteten. "Die Verantwortlichen bringen diese um alles", beklagte Edmund Sprenger. Die Großen setzten die Gerechtigkeitsaspekte außer Kraft, ärgerte er sich. Schröder habe die Arbeiter verkauft.
Armut komme nicht nur durch Arbeitslosigkeit, auch bei Arbeit, erklärte Klaus Barthel. Die Gewerkschaften bemühten sich immer um Sockelerhöhungen. In Berlin fordere die Gewerkschaft am Flughafen einen Euro mehr pro Stunde. Problem sei auch, dass immer weniger Betriebe in Tarifbindung sind. Wir müssen Wege finden, die Tarifbindung zu erhöhen, forderte er. Ein Mindestlohn müsse armutsfest sein, auch bei der Rente müsse das bedeuten, dass Betroffene dann über der Grundsicherung liegen. "Das Rentenniveau muss mindestens 50 Prozent betragen", verlangte er einen Stopp der Absenkung.
Eine Rente nach Mindesteinkommen hielt Ralf Pohl für gut. Finanziert werden müsse dies aus Steuermitteln. Das Betriebsrentengesetz von Andrea Nahles halte er für gefährlich.
Es werde verboten, eine Garantie zu geben. So werden die Bedingungen auf dem Kapitalmarkt erleichtert. "Der Unternehmer darf nicht mehr für dieses Modell Betriebsrente haften." Es hänge dann alles von den Kapitalmärkten ab. Die Leute können Pech haben und alles verlieren. Da werde er nicht mitmachen und sich verweigern. rg