Manchmal ist der Musiker nackt

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"Venusbrass" machte bereits zum Empfang im Foyer Lust auf einen jazzigen Abend. Fotos: Manfred Welker
"Venusbrass" machte bereits zum Empfang im Foyer Lust auf einen jazzigen Abend.  Fotos: Manfred Welker
"Swingaraiders" beschallte den Großen Saal mit Big-Band-Klängen.
"Swingaraiders" beschallte den Großen Saal mit Big-Band-Klängen.
 
Die "Conexion Salsa Band" brachte kubanischen Flair in die Hallen.
Die "Conexion Salsa Band" brachte kubanischen Flair in die Hallen.
 
Pierre Jean (r.) zieht auch mal blank, wenn es nötig wird.
Pierre Jean (r.) zieht auch mal blank, wenn es nötig wird.
 

Drei Auftrittsorte, mehrere Tanzflächen, Musik aus aller Welt - genau das wird geboten, wenn zum Jazz Band Ball in die Erlanger Heinrich-Lades-Halle geladen wird. Ein Potpourri guter Musik und närrischer Swinglaune.

Zum 45. Mal fand der Jazz Band Ball in der Erlanger Lades-Halle statt, ein Höhepunkt in der Faschingssession 2017. Für viele Gäste war der gelungene Abend mit Wehmut verbunden, denn aufgrund der Sanierungsarbeiten der Heinrich-Lades-Halle wird der Ball im kommenden Jahr eine Pause einlegen.
Bereits im Eingangsfoyer mischten die sechs Damen von "Venusbrass" virtuos mit Stücken wie "Mack the knife" die närrischen Jazz-Gäste auf. Als Marchingband im Foyer, war die Formation dann aber auch noch "stationär" in den weiteren Sälen zu hören.
Das Programm des Abends war ebenso gemischt wie das Publikum: Jazzliebhaber, die in "Zivil" den musikalischen Beiträgen lauschten, aber auch bekennende Faschingsfans in den unterschiedlichsten Kostümen. Schwieriger war die Entscheidung, was man unbedingt hören wollte oder sollte. Parallel wurden Großer und Kleiner Saal, und das Foyer bespielt. Wo Platz war, wurde getanzt.


Swing vom Feinsten

Im Großen Saal machte die "Swingaraiders Bigband" den Auftakt. Sie hatten die Aufgabe, die ankommenden Besucher mit ihrem satten Big-Band-Sound in den großen Saal zu lotsen. Bandchef Christian Libera versprach: "Sie werden nichts hören von Andrea Berg, denn das ist ein Jazz-Band-Ball!" Wer die Stücke von Glenn Miller oder Duke Ellington schätzte, war hier richtig. "Sentimental Journey" und "Moon River" sorgten für die passende Stimmung. Ergänzend gab es noch Funk- und Retro-Swing-Titel.
Im Kleinen Saal waren die Musiker im klassischen Schwarz die geeigneten Musiker für die Liebhaber ruhiger Tanzmusik. "Les Haricots Rouges" glänzen jedes Mal bei ihren Auftritten durch ihre musikalische Perfektion und die ansprechende Bühnenshow. Da holt Pierre Jean, ganz charmanter Franzose, schon mal eine kostümierte Dame zum Tanz auf die Bühne oder entledigt sich später seines Hemdes. Wenn er ans Klavier geht, um mit der einen Hand in die Tasten zu greifen, und mit der anderen auch noch die Trompete spielt, fliegen ihm alle Herzen zu. Oder wenn Banjo Spieler "Roro" Congréga die selben Saiten schier endlos anschlägt. Verwirrung kommt auf, wenn Schlagzeuger Michel Senamaud lautstark sein Solo einfordern musste und sich dann, wenn er richtig in Fahrt war, auch auf inständiges Bitten nicht ausreden ließ. Dabei flogen auch schon mal die Sticks durch die Luft. Zu Petit Fleur spielte jeder Musiker auf dem Instrument, das der Nachbar in der Hand hielt.


Zwischen Kuba und Kirchweih

Die "Keller Mountain Blues Band" ist seit 1985 ein Garant für Rhythm'n'Blues in der Region. So mancher kennt die Formation von der Erlanger Bergkirchweih. "Red Hot Hottentots" verbanden traditionellen Swing mit Anregungen aus dem Bebop und starkem Hang zum Hot Jazz. Die meisten Mitglieder der als klassische Jazzband in der entsprechenden New Orleans Tradition agierende Formation sind zwar schon im Pensionsalter, aber von ihrer Musik wollen sie ganz einfach nicht lassen.
"Zydeco Annie" und "Swamp Cats" bestechen durch ihr Temperamentbündel Anja Baldauf. Es klingt zwar etwas ungewöhnlich, wenn ihre Formation "Ring of Fire" von Johnny Cash zum Besten gibt, kam bei den Zuhörern aber sehr gut an. Aber auch die anderen Gruppen brauchten sich nicht verstecken und hatten ihre treuen Fans. "Conexión" punktete vor allem mit ihrer Sängerin Mayelis Guyat. Kubanische Klassiker und südamerikanische Repertoires brachte die Band um die Leadsängerin auf die Bühne. "Mr. Finger and the Shifters", eine vierköpfige Gruppierung, waren mit ihrer Mischung aus Stücken der Swing- und Rock'n'Roll-Ära präsent.
Noch einmal richtig drehte "Zweiraumsilke" zum Abschluss im kleinen Saal auf. Das elfköpfige Kollektiv aus Nürnberg hat sich im Oktober 2015 gefunden und war Sieger beim Erlanger Newcomerfestival des Jahres 2016.
Die Formation versieht deutschsprachigen Hiphop und Soul mit jazziger Note. Das Programm verbindet Planlosigkeit mit einer gesunden Portion Selbstironie. Sängerin Rita Bavanati wurde von ihren Musikerkollegen tatkräftig unterstützt.
Der Jazz Band Ball 2017 war gelungen, die meisten Jazzfreunde fiebern bereits jetzt dem nächsten Ball, aber erst im Jahr 2019, entgegen.