Mäuse nagen an der Artenvielfalt

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Sebastian Schultheiß, Martin Schöffel, Martin Flohrschütz und Martin Mittag begutachten die Folgen der Mäuseplage. Bei so starker Vermehrung lassen die Tiere von der Wurzelmasse der Pflanzen im Boden praktisch nichts mehr übrig. Fotos: Rainer Lutz
Sebastian Schultheiß, Martin Schöffel, Martin Flohrschütz und Martin Mittag begutachten die Folgen der Mäuseplage. Bei so starker Vermehrung lassen die Tiere von der Wurzelmasse der Pflanzen im Boden praktisch nichts mehr übrig. Fotos: Rainer Lutz
Der Wiesenboden ist mit Löchern der Feldmäuse übersät.
Der Wiesenboden ist mit Löchern der Feldmäuse übersät.
 

Auf Wiesen im Itzgrund wächst kein Gras mehr. Die Nager fressen das Wurzelwerk ab. Vor Wochen schon machten die Bauern drauf aufmerksam. Jetzt zeichnet sich Unterstützung seitens der Landespolitik ab.

Wegen ihres Reichtums an teilweise seltenen Pflanzen und Tieren wurden die Wiesen im Itztal als FFH-Gebiete geschützt. Jetzt wird ihnen der Schutz zum Verhängnis, klagen die Landwirte, die dort wirtschaften. Eine Mäuseplage sorgt dafür, dass praktisch nichts mehr wächst. Und den Nagern mit Gift auf den Pelz zu rücken, ist im FFH-Gebiet verboten. Am Freitag führte Sebastian Schultheiß den Vorsitzenden des Agrarpolitischen Ausschusses im Landtag Martin Schöffel und den Coburger Landtagsabgeordneten Martin Mittag (beide CSU) auf die Fläche, um ihnen das Problem hautnah zu zeigen.

Die Politiker sollen helfen, eine Ausnahmegenehmigung zu erwirken. Die gab es vor einigen Jahren schon einmal - sogar, um flächendeckend mit dem Düngerstreuer Gift auszubringen. Eine Bekämpfung in Handarbeit wäre damals auch ohne Genehmigung möglich gewesen. Dabei geht der Landwirt mit der Legeflinte einzelne Mauselöcher an. Das ist ein Rohr, aus dem per Knopfdruck Körner rieseln. Ein mühsames Geschäft, wenn mehrere Hektar Wiese bearbeitet werden sollen. Dafür verschwinden die Körner in den Löchern und liegen nicht offen auf der Wiese, wo auch andere Tiere als Mäuse damit in Berührung kommen. Doch auch das ist nicht mehr erlaubt.

Die Wiese wurde zuletzt im Juni gemäht. Seither ist nichts aufgewachsen, schildert Schultheiß sein Problem. Er hat die Wiese schließlich gepachtet, weil er das Gras als Futter für seinen Betrieb braucht. "Die Mäuse fressen alles ab und wir dürfen nichts machen", klagt er.

Martin Flohrschütz als Kreisobmann des Bauernverbandes betont: "Es geht uns nicht darum, Gift zu legen, wir wollen die Mäuse loswerden." Es sei aber kennzeichnend für die aktuelle Politik, dass Verbote ergehen, ohne dass Ersatzlösungen angeboten oder überhaupt gesucht werden.

Martin Schöffel hört die Klagen nicht zum ersten Mal. "Niemand kann wollen, dass solche artenreichen Wiesen versteppen", sagt er. Zweck eines FFH Gebietes sei ja, den Zustand zu erhalten, der als schützenswert eingestuft wurde. Angesichts der von Mauselöchern durchsiebten Fläche bei Scherneck erinnert er auch an den Erosionsschutz, der von den Landwirten verlangt wird. "Da werden Maßnahmen verlangt, die vom Praktiker kaum mehr nachvollziehbar sind", sagt er. Doch die fast grasfreie Fläche könne beim nächsten Hochwasser die Krume nicht halten, die dann in die Itz gespült würde, wo sie eben nicht landen soll.

Das Ausbleiben von Hochwasser im Dürrejahr 2018 und dem regenschwachen laufenden Jahr ist gerade eine Ursache der Mäuseplage. "Es hat im Grunde schon mit dem Froschgrundsee angefangen", sagt Martin Flohrschütz. Seit zum Schutz der Stadt Coburg die Flut von Schmelz- oder Regenwasser aus dem Thüringer Wald gebremst wird, bekommen die Wiesen im Itztal nicht mehr die Überschwemmungen wie früher. Dann kam der Goldbergsee noch dazu. Trotzdem füllen sich die Wiesen in vielen Jahren noch mit Wasser. Die Mäuse ertrinken in ihren Gängen. Aber mehrere Trockenjahre in Folge, wie in jüngster Zeit, lassen die Zahl der Nager explosionsartig ansteigen. Die Vermehrung folgt einer Exponentialfunktion.

Martin Schöffel versicherte, sich für eine Sondergenehmigung zur Lösung des Problems einzusetzen: "Es ist Aufgabe des Menschen, dort einzugreifen, wo eine epidemieartige Ausbreitung zum Problem wird." Der Freistaat Bayern setze sich dafür ein, den Gifteinsatz im Notfall zu erlauben. Ein Notfall, der im Itztal erkennbar vorhanden ist. Er erinnerte aber auch daran, dass die CSU allein in Berlin wenig Einfluss nehmen kann. Nun hoffen die betroffenen Landwirte, dass sie doch noch mit Gift gegen die Plage vorgehen dürfen. Denn auf Überschwemmungen zu warten, ist eine vage Hoffnung und andere Möglichkeiten, der Ausbreitung der Mäuse Herr zu werden, sehen sie nicht.