Leckerli ganz groß

3 Min
Roland Huthansl ist eigentlich Stahlbetonbauer. Seine Leidenschaft ist der Vertrieb.
Roland Huthansl ist eigentlich Stahlbetonbauer. Seine Leidenschaft ist der Vertrieb.
Der Prägestab, der dem Ausrollfondant ein Blumenmuster gibt, hat den Test bestanden und befindet sich im Sortiment. Mit den Kunden entwickelt Roland Huthansl immer wieder neue Produkte. Fotos: Johanna Eckert
Der Prägestab, der dem Ausrollfondant ein Blumenmuster gibt, hat den Test bestanden und befindet sich im Sortiment. Mit den Kunden entwickelt Roland Huthansl immer wieder neue Produkte. Fotos: Johanna Eckert
 
Jeder Artikel, den er verkauft, muss den Chef-Test bestehen. Roland Huthansl testet gerade, wie sich der Ausrollfondant aus England aus der Röschen-Silikonform löst.
Jeder Artikel, den er verkauft, muss den Chef-Test bestehen. Roland Huthansl testet gerade, wie sich der Ausrollfondant aus England aus der Röschen-Silikonform löst.
 

Wirtschaft  Aus der früheren Fahrschule auf dem Eberner Bundeswehrgelände ist etwas ganz anderes geworden: Hier residiert seit 2010 "zuckerpapier24.de".

von unserer Mitarbeiterin Johanna Eckert

Ebern — "Nur so nebenbei", wollte Roland Huthansl 2010 sein Unternehmen aufziehen, sagt er. Er startete seinen Vertrieb aus der privaten Wohnung. Damals war sein Onlineshop mit gerade mal sechs Artikeln bestückt. Das hat sich geändert, denn schnell merkte er: "Ups, alle Leute wollen das haben."
Huthansl macht nun mit seinem Unternehmen "zuckerpapier24.de" ein Umsatzvolumen von über Million Euro - nach nur vier Jahren. Offenbar sind Esspapier, Ausrollfondant, Ausstechformen, Lebensmittelfarbe, Schokofolie, Marzipan und andere süßen Sachen, mit denen man mehr als einen normalen Apfelkuchen herstellen kann, gefragt. In der Esspapier-Branche ist Huthansl nach seinen Angaben zweitgrößter Vertreiber weltweit.
Seit einem Jahr ist Roland Huthansl mit seinen Arbeitsmitteln für Bäcker, Konditoren, und Tortendesigner von Profi bis Anfänger im ehemaligen Bundeswehrgelände in Ebern heimisch. Er hat das Gebäude gekauft, in dem die Bundeswehr ehemals ihre Fahrschule betrieben hat: "Das hat mir einfach die Möglichkeit gegeben, das ganze Geschäft unter einem Dach abzuwickeln." So einiges hat er in die Sanierung des Gebäudes gesteckt. Im Keller richtete er das Lager mit der Versandstation ein. Kundenberatung und Vertrieb sind im Erdgeschoss angesiedelt, wo sich auch ein Ausstellungraum befindet - in strahlendem Rosa und Hellblau, wie es das Metier nahe legt.
Da ist die olivgrüne Bundeswehrgeschichte nur noch an wenigen Ecken und Kanten zu erkennen. "Das war zu Zeiten der Bundeswehr der Waffenraum. Den Rest der Fenstergitter kann man noch etwas erkennen. Auch die Eisentüre ist noch drin", plaudert Roland Huthansl: "Das ist schon interessant, wie sich so ein Raum in der Zeit gewandelt hat."
Werktags können sich die Kunden über fünf Stunden die ganze Zuckerpracht ansehen. Die verschiedenen Arbeitsmittel von den Aussteckformen bis zu den Silikonpaletten, kann man hier auch einmal in die Hand nehmen. 24 Stunden geöffnet ist wiederum der Onlineshop "zuckerpapier24.de" - das Herz des Geschäftes.

Prominente Kundschaft

Weder für das eine noch für das andere rührt das Unternehmen groß die Werbetrommel: "Nicht wir kommen zu den Kunden, sondern die Kunden kommen zu uns." Darunter sind bekannte Firmen: Lufthansa Sky Chefs, der Sternekoch Alexander Herrmann, das Hotel Adlon in Berlin, Schokoladenhersteller aus der Schweiz. Sogar für die Verleihung des Deutschen Filmpreises durfte der Mann aus Ebern einige Pakete nach Berlin liefern.
Der 34-Jährige aus dem Schwäbischen ist eigentlich gelernter Stahlbetonbauer. Er war einige Jahre Zeitsoldat in Frankreich und baute sich dann seine Existenz im Vertrieb auf: "Mir hat diese Sache einfach schon immer gelegen."
Zum Beispiel die "Werbekeks GmbH" hat er seinerzeit mit zwei Compagnons gegründet. Das Team bestand aus einem Maschinenbauer, einem Konditor und Huthansl im Vertrieb. "Unsere Kekse aus Buttermürbteig waren mit einem Vierfarbdruck versehen. So etwas hat damals noch kein anderer hergestellt." Die Werbekekse wurden in Bamberg produziert.
Selbst produzieren, das macht Roland Huthansl inzwischen nicht mehr. 1500 Artikel hat er im Sortiment, und damit er up to date bleibt, ist er quasi als Weltenbummler rund um den Erdball unterwegs. Etliches kauft er in den USA, in Italien, Holland und England.
Auf dem "flachen Land" ideale Voraussetzungen: "Oft kommt die Ware in Containern. Mit dem großen Gebäude hier in Ebern ist die Anlieferung kein Problem." Huthansl und sein Team verschicken Artikel von Schokofolie bis zu Silikonbackformen und Backbücher, wie er angibt, an über 25 000 Kunden in 75 Ländern. Sein Team ist auf elf Mitarbeiter gewachsen. Die baucht er auch für den Versand von 100 bis 150 Bestellungen.
Für den Onlinehandel gilt der Grundsatz, dass Artikel innerhalb von 24 Stunden versendet sein sollten. Die Mitarbeiter müssen sprachlich fit sein, denn die Bestellungen laufen in deutscher und englischer Sprache auf. Huthansl hat nicht nur in die alte Bundeswehr-Immobilie investiert, er verfügt auch über moderne Software; es ist ein vollautomatisches System für die Bestellungen, das auch den Zahlungseingang überprüft. Beim Verpacken und versenden allerdings da braucht es noch die Menschenhand.
Als Geschäftsleiter sieht sich Roland Huthansl als "Mädchen für alles". So steht er oft am Arbeitstisch, probiert sich an Fondant-Rosen oder denkt über Tortendesign nach. "Alles was wir anbieten, wird getestet. Wenn wir es als gut befinden, dann nehmen wir es ins Sortiment auf." Wöchentlich können das bis zu 50 neue Artikel sein.
Huthansl schreibt den Service groß, und wenn Film- und Theaterproduktionen sich in Ebern melden, um vielleicht eine essbare Zeitung oder eine Tasse zum Anbeißen für eine Szene zu bestellen, und es findet sich nicht das Passende, denn "vermitteln wir an einen Konditor, der das mit unseren Produkten ganz individuell herstellen kann".
Roland Huthansl, der Mann im beschaulichen Städtchen, hat noch viel vor: Mehr als 100 Tonnen Ausrollfondant vertreibt er von Ebern aus. Heuer möchte er auf ein Umsatzvolumen von zwei Millionen Euro zusteuern.