Längst ist die Situation auf dem Wohnungsmarkt im Landkreis Haßberge nicht so angespannt, wie es in Ballungszentren der Fall ist. Dennoch werden vor allem kleine Wohnungen für die rund 250 "Fehlbeleger" gesucht.
Friederike Stark
"Deutsche Sprache, schwere Sprache" - dieser Ruf eilt dem Deutschen voraus. Viele Flüchtlinge, die derzeit in den Deutschkursen ackern, werden dem wohl zustimmen. Doch innerhalb der meistgesprochenen Muttersprache Europas gibt es das Behördendeutsch, das selbst Muttersprachler verzweifeln lässt. "Fehlbeleger" ist einer dieser behördlichen Ausdrücke. Gemeint sind damit anerkannte Flüchtlinge, also Asylanten, die noch in einer staatlichen Aufnahmeeinrichtung leben, obwohl sie sich eine eigene Wohnung suchen dürften.
Probleme bei der Wohnungssuche
"Ist ein Flüchtling anerkannt, erhält er in der Regel ein Schreiben, in dem er gebeten wird, sich schnellstmöglich eine Wohnung zu suchen", erklärt Johannes Hardenacke, Pressesprecher der Regierung von Unterfranken.
So viel zur Theorie.
Da aber in Unterfranken vor allem Syrer und Afghanen ankommen, gibt es auch sehr viele Wohnungssuchende. "Denn Flüchtlinge aus diesen Herkunftsländern haben eine sehr hohe Bleibeperspektive, so dass sie verhältnismäßig schnell den Status des anerkannten Flüchtlings erhalten", erklärt Harde-nacke. Zum Teil schon, wenn sie noch im Erstaufnahmelager sind. "Derzeit wohnen rund 1000 Flüchtlinge in der Schweinfurter Erstunterbringung. 500 davon sind bereits anerkannt", sagt Hardenacke. Darüber hinaus leben in Gemeinschaftsunterkünften und dezentralen Unterbringungen in Unterfranken nach Angaben der Regierung zirka 13 700 Flüchtlinge.
Rund 2300 davon sind Fehlbeleger.
Zu viele zu große Wohnungen
Daher ist es nicht überraschend, dass auch im Landkreis Haßberge rund 250 Fehlbeleger leben - nur ein kleiner Teil davon in den Gemeinschaftsunterkünften im Landkreis, die meisten wohnen in den dezentralen Unterkünften. Diese Zahl erscheint im ersten Moment recht hoch. Leben sie hier doch nicht in einem Ballungszentrum.
Ganz im Gegenteil: "An großen Wohnungen mit 90 Quadratmetern und mehr Wohnfläche besteht im Landkreis Haßberge kein Mangel. In Anbetracht der demografischen Entwicklung muss hier langfristig sogar mit beträchtlichen Leerständen gerechnet werden", heißt es aus dem Landratsamt.
Doch das sind nicht die Wohnungen, die gesucht werden. "Wohnungen dieser Größenordnung werden nur an große Familien übergeben", erklärt Dieter Sauer, Leiter des Kreis-Sozialamtes.
Familien mit bis zu drei Personen hingegen dürfen Wohnungen mit bis 75 zu Quadratmetern mieten. Doch hier ist die Konkurrenz groß. "Alleinstehende, ältere Menschen und viele andere Bevölkerungsgruppen suchen aber genau diese Wohnungsgrößen." Ein Grund, warum sich auch Landrat Wilhelm Schneider (CSU) in einem Brief an die Gemeinden gewendet hat: "Im Auge behalten werden muss auch die Bereitstellung von Wohnraum für anerkannte Flüchtlinge. Vor allem kleinere Wohnungen mit 50 bis 75 Quadratmeter Wohnfläche werden dringend benötigt." Schon jetzt.
Und es sind noch deutlich mehr Wohnungssuchende zu erwarten, wie die Sprecherin des Landratsamtes, Monika Göhr, mitteilt: "Nach Lage der Dinge sind aus dem Kreis der bereits hier lebenden Flüchtlinge und ihrer nachziehenden Familienangehörigen zirka 1000 Wohnungssuchende bis Ende 2017 realistisch."
Auf der einen Seite werden künftig mehr Leerstände bei
großen Wohnungen erwartet, während kleine dringend gesucht werden. Was also tun? Zum einen fördert das Bayerische Innenministerium die Sanierung leer stehender Gebäude für die Unterbringung von anerkannten Flüchtlingen. Zum anderen will die bayerische Staatsregierung mit dem sogenannten Wohnungspakt Bayern bis 2019 rund 28 000 staatlich finanzierte oder geförderte Mietwohnungen entstehen lassen.
Darüber hinaus ist es denkbar, dass einige der dezentralen Unterkünfte nach Ende des Mietvertrags mit dem Landkreis direkt an die anerkannten Flüchtlinge vermietet werden. Außerdem, so erklärt Dieter Sauer, werde man in der kommenden Kreisausschuss-Sitzung darüber diskutieren, ob die Größe der Sozialwohnungen nicht dem Angebot an Wohnungen im Landkreis angepasst werden kann.