Kirchlich verengte Sicht geweitet

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Auch wenn es hier so aussieht, so wurde der literarische Abend mit Ottmar Fuchs kein Abend mit erhobenem Zeigefinger. Foto: Markus Häggberg
Auch wenn es hier so aussieht, so wurde der literarische Abend mit Ottmar Fuchs kein Abend mit erhobenem Zeigefinger. Foto: Markus Häggberg

Der Lichtenfelser Ottmar Fuchs will das Bild des Priesters und Schriftstellers Jon Sveinsson zurechtrücken.

Aufgeregt? "Ja, natürlich", erklärte Ottmar Fuchs gegenüber den Menschen, die zu seiner Lesung in die Galerie der Kuki (Kunst- und Kultur-Initiative) gekommen waren. Der Mann hat ein Anliegen, recherchierte dazu und titelte für sein neues Buch: "Im Schatten der Verdammnis". Das Anliegen dabei: dem Autor Jon Sveinsson "gerecht werden".

Hintergrund dafür ist eine kirchlich verengte Sicht, die dem isländischen Priester und Schriftsteller (1857-1944) zeitlebens zusetzte und aus der er sich erst spät im Leben zu befreien wusste. Der Lichtenfelser Fuchs, emeritierter Professor für Pastoraltheologie, ging das Vorhaben an, ein zurechtrückendes Buch zu schreiben, und las aus dem erst kürzlich aus dem Druck gekommenen Werk vor.

Ein roter Tisch und Wände voll mit Zeichnungen, die dem 74-jährigen Fuchs einst aus der Feder flossen und zu der die Kuki ihm derzeit eine Ausstellung bereitet, schmückten den Raum, in den es am Sonntagnachmittag knapp 30 Personen zog. Manchen von ihnen war Svensson, genannt Nonni, ein Begriff. Anderen nicht. Da erstaunte es schon sehr, dass dieser Autor nach Fuchs ein Alternativvorschlag für den Literaturnobelpreis gewesen sei, der dann 1955 an Nonnis weltberühmten Landsmann Halldor Laxness ging.

"Gehen wir nach Island", so die Worte, mit denen Fuchs diese seine erste Lesung zu dem Buch eröffnete, gedanklich ein Land aufsuchend, das ihm Sehnsuchtsort zu sein scheint und das er selbst schon mehrfach bereiste.

Das Islandbild geprägt

Eben auch auf den Spuren jenes Nonni, auf dessen Kinderbücher er einst im Knabenseminar des Bamberger Ottonianum stieß. Kinderbücher und Abenteuererzählungen, die nach Fuchs immerhin das Islandbild von Generationen geprägt hätten. Doch woran Fuchs in seinem Buch Anstoß nimmt, ist der Umstand, wonach das Bild des isländischen Autors, der selbst jesuitischer Priester war, von jesuitischer Seite "zu geglättet" in Umlauf gebracht wurde. Der Mann habe auch unter der Kirche gelitten, da er ins Spannungsfeld einer Vorstellung geriet, wonach nicht konvertierte Seelen, unter anderem die von Nonnis Verwandten, in der Hölle landen. Erst langsam habe der besonders in den 30er Jahren zur Bekanntheit gelangte Autor für sich zu einer Theologie der Freiheit gefunden, so wie sie das zweite Vatikanum bekräftigte.

Auf Nachfrage aus dem Publikum, das sich an einer Fragestunde rege beteiligte, versicherte Fuchs, dass es schon wohlmeinende Rezensionen seines Buches aus jesuitischer Ecke gegeben habe, "völlig ohne Gegenwind". Neben viel lohnenden Daten und Sachzusammenhängen ließ Fuchs auch die Primärliteratur zu Wort kommen und entschied sich für das Vorlesen einer Szene aus Nonnis Kindheit, die dieser erst mit 60 Jahren zu Papier brachte. Es ging dabei um die Trennung von seiner Mutter und sein Besteigen des Segelschiffes Waldemar. Eine kluge Textwahl, denn "auf diese Stelle hat er sich selbst ein Leben lang berufen", so Fuchs.

Knapp eineinhalb Stunden lang leuchtete der Mann für die Zuhörer ein ihm ans Herz gewachsenes Leben aus, das im Oktober 1944 während einer Bombennacht in Köln verlosch.