Jetzt schwebten auch Nenas 99 Luftballons durchs Gotteshaus

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Carola Weiß-Schilling sang in "Amazing Grace" von der unendlichen Güte Jesu. Foto: Johanna Eckert
Carola Weiß-Schilling sang in "Amazing Grace" von der unendlichen Güte Jesu. Foto: Johanna Eckert

von unserer Mitarbeiterin Johanna Eckert Ebern — Ein umstrittenes Kunstwerk schmückt seit 31. Oktober die Christuskirche. Im Rahmen der Kunstaktion "12 (W)Orte" hat der Künstler Ge...

von unserer Mitarbeiterin Johanna Eckert

Ebern — Ein umstrittenes Kunstwerk schmückt seit 31. Oktober die Christuskirche. Im Rahmen der Kunstaktion "12 (W)Orte" hat der Künstler Gerhard Rießbeck aus Bad Windsheim Jesu Kreuzigung und Tod mit banalen Luftballons, einer Dornenkrone sowie blauem Wolkenhimmel dargestellt, und dabei den Wänden und der einfachen Holzdecke die Schlichtheit entzogen. In den letzten Monaten verstummte das Gerede darüber "Wir hatten Winterkirche im Gemeindehaus. Da war in der Christuskirche nicht viel los", berichtete Pfarrer Bernd Grosser.
Nun geht es weiter. Denn im Rahmen der Kunstaktion müssen die Gemeinden verschiedene Begleitveranstaltungen anbieten. Was am Samstagabend der bildlichen Installation von Gerhard Rießbeck entgegen flog, waren aber keine scharfen Diskussionsfetzen, sondern harmonische Musikerlebnisse, die den Zuhörern Gänsehautgefühle bescherten.

 


Musik passt zu Optik
"Das Kunstwerk von Rießbeck trifft ziemlich genau die Musik der Spirituals. Leid, Trauer, Hoffnung, Freude und Auferstehung - all das kommt in beiden Dingen zum Ausdruck", erklärte Bernd Grosser.
Seit nunmehr zehn Jahren begeistert der Chor zusammen mit Band sein Publikum auch an Konzerten. Diese, etwas andere Kirchenmusik, passte ganz besonders in die neu gestaltete Christuskirche. Es war ein Freudenfest, was von der 30-köpfigen Gruppe geboten wurde, und die Luftballons wohnten diesem ganz homogen bei: "Bei den ersten Gottesdienst war das nicht so einfach", erinnerte sich Pfarrer Grosser im Gespräch mit unserer Zeitung zurück, "es war die Zeit, um an Verstorbene zu denken. Auch waren die Luftballons bei den Weihnachtsgottesdiensten da. Sie passen nicht immer zur Liturgie."
Das künstlerische Ergebnis von Rießbeck ist ein Unikat.

 

Dementsprechend richteten die "Praising People" ihr Konzertprogramm aus und ließen ihr Quintett (Anja Schmidt, Susanne Thomas, Christine Langenberg, Diethelm Schorscher, Werner Schnapp-Trösch) singen.

Gewöhnungseffekt
Es waren Gedichte von Rainer Maria Rilke in französischer Sprache, die die Sängerinnen und Sänger in dem Stück "Dirait-on" eindringlich zum Ausdruck brachten. Das altbekannte "Ave Maria" schrieben sie passend für sich um: außergewöhnlich im Motetten-Stil und mit Jazzrhythmen.
Pfarrer Bernd Grosser sprach von einem "Gewöhnungseffekt" im Hinblick auf die kunterbunte Dekoration der Christuskirche.

Der Chor nahm dieses Thema auf: "Hast du etwas Zeit für mich, dann singe ich ein Lied für dich, von 42 Luftballons auf ihrem Weg zum Kirchendach", trug Dekan Jürgen Blechschmidt solistisch entsprechend dem Original "99 Luftballons" von Nena vor: "Aber eigentlich wollen die Luftballons viel weiter hinaus. Sie steigen zum Himmel uns sind dort willkommen. Von dieser Zuversicht erzählen auch unsere Gospels."
Im Gegensatz zu Rießbeck hatten es die "Praising People" unter der Leitung von Bernd Schmidt geschafft, das Kirchenschiff in der evangelischen Kirche in Ebern an einem Samstagabend zu füllen und die Menschen zum Mitmachen bewegen können. Denn die Gemeinde hatte in den letzten Monaten zwei Kirchenaustritte zu verzeichnen. "Als Grund wurde Kirchensteuer-Verschwendung durch das Kunstprojekt angegeben", berichtete PfarrerGrosser, "das ist natürlich schon eine steile These und schwierig nachvollziehbar. Denn Kunst ist ja Teil des öffentlichen Lebens."
Aktuell geht es um eine Kaufsumme von 25 000 Euro für das Kunstwerk von Rießbeck. "Wenn wir es kaufen würden, dann würden wir auch Zuschüsse bekommen", weiß Pfarrer Grosser.