Im Feinstaub zu Berge ...

3 Min
Der Wald- und Feldweg von Dittersbrunn zum Veitsberg wird - vor allem an Sonn- und Feiertagen - von Hunderten als Wanderweg benutzt. Ein Sperrschild soll den Autoverkehr fern halten - tut es aber nicht.
Der Wald- und Feldweg von Dittersbrunn zum Veitsberg wird - vor allem an Sonn- und Feiertagen - von Hunderten als Wanderweg benutzt. Ein Sperrschild soll den Autoverkehr fern halten - tut es aber nicht.
Die neue Aussichtsspinne auf dem Veitsberg - damit können sich auch Ortsunkundige schnell und sicher orientieren.
Die neue Aussichtsspinne auf dem Veitsberg - damit können sich auch Ortsunkundige schnell und sicher orientieren.
 
Weithin sichtbar ist der geschlossene Lindenkranz des Veitsbergs, seit die Gemeinde etliche Flächen aufkaufte und die markante Silhouette freistellen ließ. Zudem weisen Symboltafeln an der Autobahn auf den Berg hin - das lockt natürlich zusätzlich Besucher an. Fotos: Matthias Einwag
Weithin sichtbar ist der geschlossene Lindenkranz des Veitsbergs, seit die Gemeinde etliche Flächen aufkaufte und die markante Silhouette freistellen ließ. Zudem weisen Symboltafeln an der Autobahn auf den Berg hin - das lockt natürlich zusätzlich Besucher an. Fotos: Matthias Einwag
 
 

Erfahrungsbericht  Ein eng gewebtes Routennetz an Wanderwegen durchzieht das Staffelsteiner Land. Der Veitsberg als markante Erhebung ist in mehrere Wege mit einbezogen. Doch wer zum Veitsberg wandert, wird von Autofahrern belästigt.

von unserem Redaktionsmitglied 
Matthias Einwag

Dittersbrunn — Ein strahlender Sonntag. Der Wandererparkplatz oberhalb von Dittersbrunn steht voller Benzinkutschen. Alle wollen in die Natur - nur keiner zu Fuß. Wir parken unser Auto, um von hier aus auf den Ansberg zu laufen, der den meisten Menschen nur unter seinem bürgerlichen Namen Veitsberg bekannt sein dürfte.
Dort oben bietet sich nämlich eine wundervolle Aussicht aufs Maintal, der Blick reicht bis zur Giechburg bei Scheßlitz und zur Bamberger Altenburg. Am Horizont sind die Gleichberge zu sehen, und an klaren Tagen navigiert das geschulte Auge - möglicherweise mit Fernglas - noch zu weiteren markanten Punkten. Zudem hat die Gemeinde Ebensfeld vor kurzem eine Aussichtsspinne aufgestellt, mit der eine Orientierung im 270-Grad-Radius möglich wird. Die wollen wir sehen.
Wir laufen frohgemut los, im Kopf die Zeilen von Scheffels Frankenlied: Zum heil'gen Veit von Staffelstein / komm' ich empor gestiegen / und seh' die Lande um den Main / zu meinen Füßen liegen.
Bei allerschönstem Sonnenschein, den uns der Himmel kosten lässt, schreiten wir aus, wohlauf! Auf dem Feld- und Waldweg haben wir nur etwa einen Kilometer bis zur Lindenkrone und Veitskapelle zu laufen. Die Luft geht frisch und rein, ... bis sich ein Automobil nähert, das eine wallende Staubfahne hinter sich her zieht. Grmpfff! Die Straße ist doch normalerweise für Autos gesperrt, oder?

"Ihr guter Stern auf allen Wegen"

Wir treten brav an den Wegesrand, lassen den Wagen passieren. Andere Wanderer mit Kind und Kegel tun's auch. Pfffffsch! Der Mercedes rasselt vorbei. "Wer lange sitzt, muss rosten", grummeln wir dem Benz hinterher und grinsen.
Das Grinsen sollte uns aber bald vergehen. Noch zwei, drei Mal müssen wir Autos ausweichen, bis wir oben sind auf dem Veitsberg und nach unten blicken - wo wir viel Grün sehen, nicht aber des Maines Flut und die stromdurchglänzte Au, wovon Scheffel singt. Dafür haben wir aber die Aussichtsspinne, ätsch! Sowas hatte der Dichter nicht! Deshalb hatte er wohl auch den heil'gen Veit prompt in Staffelstein verortet, statt in Ebensfeld. Voll verpeilt!

Ab ins Grüne!

Nach dem Gipfelerlebnis steigen wir wieder herunter. Ein Kilometer Wanderweg. Wieder kommen uns Autos entgegen, Staub wirbelt auf, hust-hust! Familien mit Kind und Dackel, Nordic-Walking-Senioren - alles flüchtet auf den grünen Wiesensaum. Nur weil einige Kraftfahrer meinen, mit ihren Benzinkutschen über die Wanderpiste knattern zu müssen, so weit die Räder tragen.
"Jetzt reicht mir Stab und Ordenskleid!", knurre ich und stoppe eine dicke Limousine mit vier Ringen am Kühler. Zulassungsbereich DÜW - wo ist denn das? Offenbar eine Gegend, in der man dieses malerische runde Verkehrszeichen mit dem blutroten Rand nicht kennt, das den Beginn dieses Wanderweges ziert. Der Fahrer lässt die Seitenscheibe elektrisch heruntersurren und schnarrt gleich los: "Sie könn'n mich ruhig anzeigen!" Ich hatte noch gar nichts gesagt - valeri, valera, valeri, valera!, und schon signalisiert sein schlechtes Gewissen eine gewisse Ahnung von Schuld. "Das wollte ich gar nicht", antworte ich, "dafür ist mir die Lebenszeit zu schade:. Leicht belehrend füge ich ruhigen Tones hinzu: "Haben Sie denn das Schild da vorne übersehen? Diese Straße ist für Autos gesperrt."
Doch da bin ich bei diesem Herrn an der falschen Adresse: "Wir ham 'ne Gehbehinderte an Bord!", rechtfertigt er eilig sein Tun. "Na und? In eine Fußgängerzone würden Sie doch auch nicht fahren, oder?"
Andere Wanderer laufen vorbei. Breites Grinsen im Gesicht. Eine Familie - wahrscheinlich hatten auch diese Eltern sich über den dreisten Autofahrer geärgert, der das Sperrschild ignorierte. Sie mussten ihre kleinen Kinder an den Wegrand bugsieren und an der Hand halten, als dieser Kraftmeier mit seinem Kfz vorbeidübelte.

Gedanke an das Wanderziel

Was soll's?, denke ich, der Winzer Schutzherr Kilian beschert uns gleich etwas Feines, wenn wir Brotzeit machen in Dittersbrunn. Dem fahrenden Scholaren in seinem Gehbehindertentransporter wünsche ich daraufhin eine gute Fahrt und weiterhin den allerschönsten Sonnenschein.
Weitere Autos kommen uns entgegen, bis wir am Ausgangspunkt, dem Wandererparkplatz, sind. Schöner Gottesgarten am Obermain ist das! Offenbar hat jemand die Rallye Paris-Dakar hierher umgeleitet.
Eines dieser räudig Schäflein, das mit seinem Stahlross durch den Wald trabt, muss ich doch noch stoppen. Ein älterer Mann mit Hut aus dem Zulassungsbereich BA. Wie sagt der Franke? "Vorn a Ba und hinten a Ba und in der Mitt' a Audo" (vorn ein Bein und hinten eine Bein ...) - zwa Ba am Audo, aber laufen kann er ned?! Wieder weise ich freundlich auf das runde Verkehrszeichen mit dem roten Rand hin. Lächelnd und sprachlos sieht mich der Hutträger an. Seiner Schuld bewusst wendet der A-Klasse-Pilot seinen Benz in gefühlten 27 Zügen und rollt zurück - ohne auf dem Gipfel gewesen zu sein. "Einsiedel, das war missgetan, dass du dich hubst von hinnen! - Dem mag man lange winken", höhne ich, als er außer Reichweite ist.
Nun fühle ich mich wohler, ja geradezu erleichtert. "Ich wollt, mir wüchsen Flügel", sage ich zu der schönen Schnitterin an meiner Seite. Ob das peinlich gewesen sei?, frage ich. Überhaupt nicht, meint sie, das sei angebracht gewesen. "Du heil'ger Veit von Staffelstein, verzeih mir Durst und Sünde", antworte ich grinsend - Staub schlucken macht durstig.