Nach dem tödlichen Unfall seines Bruders in Peru ließ die Region den Agrarökologen Arno Wielgoss nicht mehr los. Mittlerweile hilft er zahlreichen Landwirten, nachhaltig und ökologisch anzubauen sowie Kakao gut zu verkaufen.
Dass fast hinter jedem Fair-Trade-Produkt eine persönliche Geschichte steckt, dafür ist Arno Wielgoss ein Beispiel: Der tropische Agrarökologe von der Georg-August-Universität Göttingen arbeitet mit seiner Familie für den gemeinnützigen Verein "Frederic - Hilfe für Peru".
Dass nicht nur das Schicksal seiner Familie, sondern vor allem die Herstellung von Kakao eine bittersüße Geschichte ist, vermittelte er bei seinem Vortrag in Eltmann anlässlich der Ernennung zur Fair-Trade-Stadt.
Nach dem tödlichen Unfall seines Bruders im Jahr 2000 habe seine Familie eine besondere Beziehung zu einer Region im peruanischen Regenwald entwickelt. So entstand der gemeinnützige Verein - und wohl auch die Studienausrichtung für Arno Wielgoss, der eigentlich Meeresbiologe werden wollte.
"Wir leisten klassische Hilfe zur Selbsthilfe", erklärte er. Der peruanische Regenwald habe die höchste Artenvielfalt weltweit. Zum Vergleich: "Der Wald im Nationalpark Bayerischer Wald ist 300 Jahre alt und hat 28 Baumarten pro Hektar. In Peru ist der Wald 10 000 Jahre alt, mit 500 Baumarten je Hektar." Obwohl das bekannt sei, gehe die Rodung weiter - für die Gewinnung von Bodenschätzen und Holz, für den Soja-Anbau. Dabei könne mit klassischer Landwirtschaft auf dem brandgerodeten Regenwaldboden nur 15 Jahre Ackerbau betrieben werden, dann müssten die Bauern weiterziehen.
Mischkulturen fördern
Unter anderem vermittelt der Verein Methoden, wie im Regenwald ohne Brandrodung und Weiterziehen langfristig Landwirtschaft betrieben werden kann. Dabei geht es um Mischkulturen und Bodendeckerpflanzen, die den Boden düngen und die Erosion verhindern. Gleichzeitig erzeugen die Bauern nicht mehr nur Kakaobohnen, sondern auch Nahrungsmittel für die Eigenversorgung. Gleichzeitig werden Monokulturen vermieden, die hohen Spritzmitteleinsatz bedeuten. Das Klima im Regenwald ermögliche ganzjährige Ernten, erzeuge aber auch ein ganzjähriges Schädlingsproblem, erklärte der Agrarökologe.
Landwirte, die bereits die neue Methode mit Erfolg praktizieren, bilden in Peru neue Landwirte aus. "Sieben Jahre Überzeugungsarbeit hat es gebraucht, bis der erste eingestiegen ist. Jetzt sind schon 150 Bauern dabei, 45 von ihnen biozertifiziert." Der Verein helfe durch Schulung, auch durch Mikrokredit-Systeme.
Um hohe Qualität gewährleisten zu können, sei für die Bauernfamilien ein stabiler guter Preis wichtig. Der sei angesichts der langen Zwischenhändler-Kette aber am "freien Markt" nicht gewährleistet. Weil Kakao - anders als Kaffee - viele Verarbeitungsschritte habe, seien die Kleinbauern abhängig von der Industrie. Etwa 6,6 Prozent der Wertschöpfung bleibe bei den Erzeuger-Kooperativen, rechnete er vor. "Das Traurige ist: 1980 waren es noch 16 Prozent, es wird also immer schlechter". So gründete der Verein eine Bauernkooperative - und weil der Absatz von nur sechs Tonnen Kakao problematisch war, inzwischen auch die Firma "Peru Puro" als Vermarktungsschiene.