Geschäftsleben Auch die Forchheimer Geschäftsleute sind vom Beratungsklau bedroht. Der Handelsverband Bayern versucht Strategien zu vermitteln, um die Abwanderung der Kunden in den Internet-Handel zu verhindern.
von unserem Redaktionsmitglied
Peter Groscurth
Forchheim — Hand aufs Herz: Wer von uns hat es nicht schon einmal getan? In ein Geschäft gehen, sich dort beraten lassen, um dann später das Produkt seiner Wahl billiger anderswo wie etwa übers Internet zu kaufen. Für die Forchheimer Geschäftswelt ist das ein echtes Übel. Experten wie Ladenbesitzer sprechen von "Beratungsklau". Und der sorgt für weniger Umsatz.
Stefan Schick, Chef der Werbegemeinschaft, erklärt gegenüber dieser Zeitung: "Selbst im Textilbereich stellen wir fest, dass Kunden sich vor Ort informieren, danach aber online Waren bestellen, weil sie dort günstiger zu haben sind." Die Läden in Forchheim haben das Nachsehen, denn sie müssten sehr personalintensiv arbeiten, so Schick.
Er fügt an: "Wir können daher leider nicht Preise wie im Internet bieten."
Doch wie geht der Geschäftsmann mit dem Thema Beratungsklau um? Schick: "Wir setzen auf den engen Kontakt zu unseren Kundinnen und Kunden. Wir können Service und beraten gezielt. Das ist unser wichtigstes Argument."
Fakt ist: Der Online-Handel boomt. Gegenüber 2012 stieg er um mehr als 40 Prozent auf bundesweit 39,1 Milliarden Euro - und ein Ende des Wachstums ist nicht in Sicht. Kersten Kusch von Foto-Brinke in der Forchheimer Innenstadt beobachtet auch mit einiger Sorge das Phänomen Beratungsklau: "Die Kunden wollen preisgünstig einkaufen. Unser Problem sind vor allem kleinere Händler, die ihre Waren oft online weit unter dem Einkaufspreis anbieten, um so rasch Umsatz zu machen."
Wie reagiert Foto-Brinke mit seinen drei Filialen und 30 Mitarbeitern auf diesen Trend? Kusch: "Vom Verkauf von Fotokameras können wir nicht leben.
Dafür ist die Gewinnspanne in diesem Segment zu gering." Er setzt daher auf sein Fotostudio, auf die Entwicklung und den Ausdruck von Fotos und den Verkauf von Fotozubehör. "Doch ärgerlich ist dieser Beratungsklau trotzdem für uns, weil wir unsere Kundschaft mit großem Herzblut bedienen."
Matthias Grädler vom Handelsverband Bayern ist Experte in Sachen Beratungsklau, hält Vorträge, wie der Einzelhandel damit umgehen soll. Er gibt Tipps, was gegen dieses Phänomen hilft. Auf einem Vortrag in Forchheim erläutert er seine Strategie: Wesentlich sei der persönliche Kontakt in Geschäften zu den Kunden. "Das beherrschen nur Menschen und keine Onlineshop-Systeme", sagt der Fachmann. Zudem empfiehlt er Geschäftsleuten und ihren Mitarbeitern das "aktive Mithören". Nur so könne man herausfinden, was ein Käufer wirklich wolle. Genau das kann ein Computer nicht bieten.
Außerdem fordert er, dass Händler aktiv zusätzlichen Service anbieten müssen. Wie etwa Kundenseminare, umweltfreundliche Entsorgung von alten Elektrogeräten oder spezielle Kundenevents.
Matthias Grädlers Fazit: "Verkaufen ist immer auch Herzenssache. Wer den Handel mit Herz betreibt, hat gute Chancen, sich gegen das Internet zu behaupten." Die Kunden kaufen schließlich dort, wo sie sich wohl fühlen - das bloße Schielen nach den besten Schnäppchen würde so in den Hintergrund rücken.
Denn eines ist sicher: ein nettes Gespräch beim Einkauf kann keine Maschine dieser Welt ersetzen. Das ist das größte Plus, das die Forchheimer Geschäftswelt auf ihrer Seite hat - hoffentlich noch sehr, sehr lange.