S ooo lang waren sie gar nicht. 1,88 Meter Körpergröße galt es zu überwinden, um ins Altpreußische Infanterieregiment No. 6 aufgenommen zu werden - dem großen Stolz des preußischen Soldatenkönigs Frie...
S ooo lang waren sie gar nicht. 1,88 Meter Körpergröße galt es zu überwinden, um ins Altpreußische Infanterieregiment No. 6 aufgenommen zu werden - dem großen Stolz des preußischen Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. Besser bekannt als die Armee der "Langen Kerls". Doch das Mindestmaß wurde schnell eher zum groben Richtwert. Denn wer da in Potsdam auf den Monarchen hinunter lugte, brachte nur selten das eingeforderte Gardemaß mit.
Anfang des 18. Jahrhunderts waren Menschen solcher Größe nun einmal so selten zu finden wie heutzutage in Zügen und Flugzeugen Sitzplätze mit ausreichend Beinfreiheit. Auf Gesandte, die ganz Europa nach geeigneten Kandidaten durchkämmen, könnte der Soldatenkönig im Jahr 2019 getrost verzichten. Es wimmelt nur so von ihnen. In Deutschland liegt die durchschnittliche Körpergröße von Männern über 18 Jahren inzwischen bei 179,9 Zentimetern, von Frauen bei 165,9. In den letzten 20 Jahren sind Jungen im Schnitt zwei Zentimeter größer geworden als in der vorherigen Generation, Mädchen sogar um 2,5 Zentimeter.
Ob auch die Durchschnittsgröße bei Redakteuren im Kreis Kronach gestiegen ist? Schauen wir über diese Frage einmal hinweg und richten die Augen lieber zurück auf den Bildschirm, auf dem diese Zeilen gerade entstehen. Der steht zwar auf der maximalen Höhe, ist aber trotzdem noch so niedrig, dass sich der Nacken schon bald melden dürfte. Da hilft nur Ablenkung. Wie sähe wohl eine Welt aus, in der auf die Ansprüche großer Menschen eingegangen wird?
Kaum schweifen die Gedanken, wandern sie in eine Welt, in der sich "Riesen" nicht wie Elefanten im vielzitierten Porzellanladen vorkommen müssen. Nicht im überfüllten Bus 20 Minuten lang mit einem um 90 Grad angewinkelten Kopf zu stehen. Nicht im Hotel mit kalten Füßen aufzuwachen, weil die Decke zu kurz war. Mal nicht beim Duschen das Kinn auf den Duschkopf legen zu können. Und sich im Schuhgeschäft mal für das Paar entscheiden zu können, das einem gefällt - und nicht für das einzige, das passt. Alles ohne teure Umbauten, Besuchen in XXXL-Läden oder 1. Klasse-Tickets. Alles nur Hirngespinste? Vielleicht. Womöglich haben die vielen Kopfstöße an zu kleinen Türrahmen ja Spuren hinterlassen.
Aber Kopf hoch. Es gibt schließlich auch Vorteile, außer als laufender Leiterersatz dienen zu können. Der Münchner Wirtschaftshistoriker John Komlos hat vor zehn Jahren einmal herausgefunden, dass das Bruttogehalt bei Erwachsenen mit jedem zusätzlichen Zentimeter um etwa 0,6 Prozent steigt. Ein Mann, der zehn Zentimeter größer ist als sein Kollege mit gleicher Qualifikation, würde sich demnach am Ende des Jahres um etwa 2000 Euro mehr freuen dürfen.
Plötzlich ist alles wieder klein
Und bei Frauen? Die sucht man in der Studie vergebens. Ob groß oder klein: Beide verdienen weniger als Männer. Ein Umstand, der die "Riesen-Probleme" plötzlich wieder ganz klein werden lässt. ham