Geheimnisvoller Brückenheiliger

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Restaurator Fröhlich versucht, Schriftzüge auf der Nepomukstatue in Marktleugast zu entziffern. Kreisheimatpfleger Siegfried Sesselmann sieht zu.
Restaurator Fröhlich versucht, Schriftzüge auf der Nepomukstatue in Marktleugast zu entziffern. Kreisheimatpfleger Siegfried Sesselmann sieht zu.
Wolfgang Schoberth

SANIERUNG  Der Nepomuk in der Ortsmitte von Marktleugast soll zusammen mit drei schwer beschädigten Martern bei Hohenberg restauriert werden. Auch private Spender helfen bei der Rettung mit.

Wolfgang und Margret Schobert

Marktleugast —  Peter Fröhlich schabt mit einem Pinsel den Moosbelag ab. Danach fährt er behutsam mit einem Griffel in die Vertiefungen im Sandstein, um die ursprüngliche Beschriftung aufzuspüren. Zwischen zwei Blattornamenten an der oberen Sockelleiste lässt sich der Namenszug "Johannes Nepomucen" identifizieren. Doch was steht unten vierzeilig auf dem Breitpfeiler der Statue? Obwohl der Restaurator sich bemüht, lässt sich nur weit unten das Wort "Gottesmann" erkennen. "Man muss es nach der Heißdampf-Reinigung der Statue mit einer Papierpause versuchen", meint der Restaurator, "oft lässt sich dabei aus einzelnen Buchstaben ein Wort zusammensetzen. Eine andere Möglichkeit wäre ein 3D-Foto, um dem Geheimnis auf die Spur zu kommen". Der Baunacher Steinmetzmeister, der auch als Gutachter für das Landesamt für Denkmalpflege arbeitet, ist von Bürgermeister Franz Uome mit einem Kostenvorschlag für die Sanierung des stark verwitterten Kunstdenkmals beauftragt worden.

Verehrung

Seit 253 Jahren steht der Brückenheilige Nepomuk in der Ortsmitte von Marktleugast. Das Entstehungsdatum 1768 zu seinen Füßen ist noch zu entziffern, ebenso der Handwerkerkünstler, der seinen Namen - J. C. G. Weber - auf der Rückseite eingraviert hat. Er hat den böhmischen Heiligen mit seinen typischen Merkmalen geschaffen: langer Priesterrock, darüber das Chorhemd, um die Schultern der Hermelin-Umhang, ein mächtiges Kruzifix quer über der Brust. Ziemlich sicher war vor 200 Jahren sein Birett, die priesterliche Kopfbedeckung, von einem goldenen Kranz mit fünf Sternen umgeben, doch der ist verlorengegangen. Wie man auf alten Ansichten sieht, hat sich die Heiligenfigur ursprünglich an einer Brücke über die Leugast befunden, die damals offen durch die Ortschaft floss.

Johannes Nepomuk ist der Modeheilige des 18. Jahrhunderts. Spätestens nachdem der böhmische Priester (etwa 1353 bis 1393) im Jahr 1729 als Märtyrer heiliggesprochen worden ist, wird er grenzüberschreitend verehrt. Vor allem von Jesuiten, die vielfach als Beichtväter in Städten und an Höfen wirkten, und von den volksmissionarisch aktiven Franziskanern wird er als Wahrer des Beichtgeheimnisses popularisiert. So verwundert es nicht, dass Johannes aus Nepomuk in Marienweiher und Marktleugast in drei unterschiedlichen Kunstwerken dargestellt wird: auf einem Altargemälde der Basilika, auf dem Reliefbild einer Marter bei Hohenberg (um 1740 entstanden) und schließlich mit der Marktleugaster Skulptur.

Die älteste Darstellung

Die früheste Nepomuk-Abbildung in der Gemeinde findet sich auf einem Medaillon im linken Seitenaltar der Wallfahrtskirche. Den hat im Jahr 1733 Martin Walther geschaffen. Das Altarbild allerdings stammt, dem renommierten Kunstführer von Georg Dehio nach, wahrscheinlich von dem Bamberger Meister Michael Link. Der Künstler zeigt die Situation, die zur späteren Heiligsprechung geführt hat: Der Prager Priester Nepomuk nimmt der vor ihm knienden jungen Königin Sophie von Böhmen, einer Wittelsbacherin, die Beichte ab. Was sie ihm anvertraut, erfolgt unter dem Siegel der Verschwiegenheit. Er wird seine Zunge hüten, auch als ihr eifersüchtiger Gemahl Wenzel IV., der sie der Untreue verdächtigt, den Beichtvater zu zwingen versucht. Lieber geht er in den Tod. Der Herrscher lässt ihn foltern und am 20. März 1393 von der Prager Karlsbrücke in die Moldau stürzen. Nach der Legende umgeben fünf Lichter sein Haupt, als er den Fluss hinunter treibt bis an die Stelle, wo er gefunden und an Land gezogen wird. Die historische Forschung sieht das politische Motiv für die Ertränkung des bischöflichen Beamten im Machtkampf zwischen König und Bischof.

Schutzpatron gegen Mobbing?

Mag die Beichte heutzutage keine Rolle mehr spielen, die Wahrung des Beichtgeheimnisses durch den Priester könnte man dennoch in die Gegenwart verlegen. Heute wäre er der Schutzpatron gegen üble Nachrede, Mobbing und Shitstorm.

Der Gemeinderat Marktleugast hat in seiner letzten Sitzung beschlossen, die drei schwer beschädigten Hohenberger Martern zusammen mit der Nepomuk-Statue zu sanieren. Die Kosten für die vier religiösen Denkmäler betragen etwa 20 000 bis 22 000 Euro. Darin eingeschlossen sind Transportkosten in die Werkstatt. Um ihren Anteil gering zu halten, empfiehlt der Restaurator die gleichzeitige Instandsetzung aller vier Objekte, und dies möglichst vor dem hereinbrechenden Winter.

Dass den Menschen in der Region der Erhalt der Flurdenkmäler am Herzen liegt, zeigt die Spendenbereitschaft: Bezirkstagspräsident Henry Schramm, der aus Hohenberg stammt, hat bereits 4000 bis 5000 Euro als private Spende zugesagt. Auch die Kirchengemeinde Hohenberg will Spenden sammeln. Ein Jakobspilger aus Ködnitz bei Hof möchte mit einer Spende von 200 Euro seine Wertschätzung für die malerischen Glaubenszeugnisse am Wallfahrtsweg ausdrücken. Die Oberfrankenstiftung übernimmt 30 Prozent und das Denkmalschutzamt 20 Prozent. Weiter spendet die Raiffeisenbank Oberland 2000 Euro.

Der Marktgemeinderat stimmte geschlossen dafür, dass die Marktgemeinde für die verbleibenden Kosten aufkommt.