Geschichte Im Zeiler Dokumentationszentrum zur Hexenverfolgung ist die Ausstellung "Mythos Hexen" eröffnet worden. Sie macht die vielen Sichtweisen und die Interpretationsmöglichkeiten des Begriffes deutlich.
Zeil — "Mythos Hexen" nennt sich eine Sonderausstellung im Dokumentationszentrum "Zeiler Hexenturm", die jetzt eröffnet wurde und noch bis zum 2. Februar 2015 zu sehen ist. Drei ehrenamtliche Mitarbeiterinnen des Dokumentationszentrums, Christine Schroll, Gabi Stahl und Christine Karl, haben im Zusammenwirken mit der Volkshochschule Zeil die Sonderschau konzipiert, die sie mit dem Untertitel "Hexen, Frauen, Kräuter" versahen. Der Zeiler Bürgermeister Thomas Stadelmann (SPD) lobte ihr Engagement bei der Vernissage: "Sie haben dieses Projekt initiiert und umgesetzt. So etwas ist ohne Ehrenamt nicht möglich."
Der "Zeiler Hexenturm" erinnert an Originalschauplätzen an die schlimme Zeit der Hexenverfolgung in Zeil. Die Stadt war im 17. Jahrhundert der Brennofen der Bamberger Fürstbischöfe. Zwischen 1616 und 1631 wurden rund 400 Menschen als Hexen in Zeil gefangen genommen, gefoltert und ermordet.
Ihr Schicksal beschreibt das Dokumentationszentrum im Zeiler Stadtturm und dem benachbarten Gebäude, auf dessen Standort früher ein Fronhaus stand.
Die neue Ausstellung wird von Vorträgen über die Thematik begleitet. Den Anfang bildete der Zeiler Heimatforscher Alois Umlauf. Er stellte in seinem Referat die Märchenhexe und die verschiedenen Hexenbilder den geschichtlichen Tatsachen der historischen Hexenverfolgungen gegenüber.
Umlauf wies auf die Tagebuch-Eintragungen des Zeiler Bürgermeisters Johann Langhans hin, der die Geschehnisse der Hexenverfolgung notiert hat. Bis er selbst Opfer wurde.
Langhans schrieb auf, dass Ende Mai 1626 ein starker Frost die ganze Ernte vernichtete: "Worauf ein großes Flehen und Bitten unter dem gemeinen Pöffel entstanden ist, warum man so lang zusehe, wie überall die Zauberer und Unholde die Früchte so vernichten." Sein Hexenbild war laut Umlauf auf Schadenszauber
beschränkt, dem in Zeil viele, als Trudner verschrien, zum Opfer fielen.
Im 19. Jahrhundert sei das Bild der Hexe durch den Einfluss der Romantik und der Märchen - vor allem durch die Brüder Grimm und Ludwig Bechstein - völlig verändert und teilweise verniedlicht worden. Das heutige "Wissen" über die "Hexen" stamme vor allem aus Filmen oder historischen Romanen. Rothaarige und andere auffällige Frauen galten, wie Umlauf schilderte, sofort als Hexen. Die Hexen seien Bewahrerinnen einer Naturreligion. Das Bild der "bösen" Hexe wertete Umlauf als ein Resultat der kirchlichen Frauenfeindlichkeit.
Vor allem Hebammen, "weise Frauen", Kräutersammlerinnen und ähnliche Personen wurden seinen Angaben zufolge als Hexen verdächtigt. Ab dem Hochmittelalter sei die christliche Hexe nicht mehr allein nur Schadenszauberin, sondern Teufelsbraut und vor allem Ketzerin. Das heiße, sie stehe mit dem Teufel im Bunde.
Es galten laut Umlauf vier Kriterien: der Pakt mit dem Teufel, der Tanz auf dem Hexensabbat, der Hexenflug mit Hilfe von Flugsalben zum Hexensabbat und die Teufelsbuhlschaft. Die Mithilfe des Teufels verleihe der Hexe die Kraft zur Ausübung des Schadenzaubers, der sich gegen Mensch und Vieh, gegen die Ernte und das Wetter richte. Der Teufelspakt bedeute eine Absage an Gott und seine Heiligen.
Abschließend ging Umlauf auf das Los der Hebammen ein. Sie wussten, wie der Redner darstellte, um Geburtenregelungen und Empfängnisverhütung. Ihre Verfolgung als Hexen sei nichts anderes als der planmäßige und organisierte Versuch, dieses Wissen zu vernichten. In den Zeiler Hexenprotokollen hat Umlauf zwei Frauen gefunden, die als Hebammen bezeichnet und hingerichtet wurden.
Nach dem Vortrag ging es im Dokumentationszentrum zwei Treppen hinauf zur Ausstellung "Mythos Hexen". Stufe um Stufe kam dem Besucher immer stärker werdender Geruch von Kräutern entgegen. Oben angekommen, fällt der Blick auf eine sogenannte Hexenküche. Christine Schroll stellte sie vor. Eine rothaarige Hexe, wie man sie aus den Märchen kennt, sitzt vor einer gläsernen Kugel zum Wahrsagen. Verschiedene Mixturen stehen auf einem Regal, büschelweise hängen Kräuter von der Decke herab, ein Feuer flackert vor sich hin. In einem Nest sitzen Hühner.
Christine Karl hat sich auch privat dem Hobby der Kräuterkunde verschrieben. Sie erklärte die ausgestellten Kräuter und informierte über ihren Einsatz in der Medizin als Heilmittel.
"Gegen alles ist ein Kraut gewachsen", heiße es landläufig, und so manche Person, wie die "weisen Frauen" zum Beispiel, wussten laut Christine Karl, was wann hilft und anzuwenden ist. Wenn es dennoch keine Heilung gab, kamen sie ihren Angaben zufolge im Mittelalter und zu Beginn der Neuzeit in Verruf, mit dem Teufel im Bund zu sein.
Gabi Stahl berichtete über die Auswahl der Exponate.
Zum Trio gesellte sich Christa Schlegelmilch hinzu. Sie gab weitere Erläuterungen zum Beruf der Hebammen im Mittelalter und meinte: "Die Medizin blieb im Mittelalter und zu Beginn der Neuzeit in den Kinderschuhen; seit dem Altertum hat sich durch Verbote der Kirche nicht viel geändert. Es durfte kein Blutkreislauf beschrieben werden, geschweige denn eine Leiche geöffnet werden, um innere Organe zu inspizieren". Sie verglich dieses Verhalten mit der hartnäckigen Lehre des geozentrischen Weltbildes.
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