Wer wissen will, wie der Weihnachtsbaum im V&A-Museum aussieht, muss nicht nach London fahren: Ein Besuch in der Morizkirche reicht.
Als wär's bestellt, dröhnt "O Tannenbaum" durch das Schiff der Morizkirche. Oben an der Schuke-Orgel wird geprobt, die ersten Takte des Weihnachtslieds füllen den Raum, in dem nun auch ein Weihnachtsbaum hängt. Oder eher ein Kunstobjekt?
Pfarrerin Silke Kirchberger jedenfalls spricht von "Künstlerin", wenn sie die angehende Designerin Anna Hünnerkopf und die Idee hinter dem Weihnachtsbaum meint. Denn was da hängt, ist weder grün noch aus Holz. 200 Tauben in Origami-Technik aus Papier gefaltet und auf Stahlseile gefädelt bilden die Form eines Weihnachtsbaums, oben spitz und unten rund. "Freedom" hat Anna Hünnerkopf ihren Entwurf genannt, der fürs Victoria&Albert-Museum in London umgesetzt wurde: 4,70 hoch und auf dem Boden stehend. In London schweben die Tauben an Stahlstangen, die in einem Podest auf dem Boden befestigt sind. In der Morizkirche schweben sie mitten überm Kirchenschiff, bewegen sich sacht im Luftzug, wenn sich das Portal öffnet. "Das gefällt mir besser als das statische Modell", sagt Kirchberger. "Es sind Friedenstauben, die die Botschaft von Weihnachten verkünden."
Dass die Morizkirche und die Coburger ebenfalls in den Genuss eines Designerweihnachtsbaums kommen, ist Fred Schäff zu verdanken. Der Innenarchitekt mit Schwerpunkt Messebau hatte den Auftrag, den Entwurf von Anna Hünnerkopf in die Realität umzusetzen. Eine gewisse Herausforderung: Der Baum soll standsicher und stabil sein, andererseits aber leicht verpackt und in einer Nacht aufgebaut werden können. Außerdem musste für die Tauben ein Papier gefunden werden, das sich gut falten lässt und gleichzeitig feuchtigkeitsbeständig ist. "Als alles durch war, dachten wir: Schade, dass er in London steht und es in Coburg keine Entsprechung gibt", sagt Schäff.
So entstand die Idee für den Hängebaum, von der auch Projektbetreuer Michael Selzer (Stadtmarketing) sofort begeistert war. Der passende Ort war mit der Morizkirche rasch gefunden, die Art der Aufhängung schnell geklärt. Der Baum hängt unter einem der modernen Kronleuchter an vier Stahlseilen von der Decke. Wie lange? "Der Weihnachtsfestkreis dauert bis Lichtmess", sagt Pfarrerin Kirchberger.
Der Londoner Baum muss in der Nacht zum 7. Januar wieder abgebaut werden. Dann kommt er nach Coburg zurück. Wenn es nach Michael Selzer geht, steht er nächstes Jahr irgendwo in der Stadt. Wo? "Schaumermal", sagt Selzer.