Eine unvorstellbar brutale Tat

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Mit gesenktem Kopf verlässt Günther Dalke das Gerichtsgebäude als verurteilter zweifacher Mörder. Foto: CT-Archiv/M. Steinert
Mit gesenktem Kopf verlässt Günther Dalke das Gerichtsgebäude als verurteilter zweifacher Mörder. Foto: CT-Archiv/M. Steinert

Im September 1998 entführt Günther Dalke seine frühere Geliebte und das gemeinsame Kind, sperrt beide ein und tötet schließlich die 33-jährige Carola Rössner und den 16 Tage alten gemeinsamen Sohn André.

Der 26. September 1998 ist ein Samstag. Im Rödentaler Stadtteil Schönstädt geht das Leben seinen gewohnten Gang. Die Bewohner kehren Straße, werkeln im Garten und vielleicht werden im Feuerwehrhaus schon die Vorbereitungen für den Sonntag getroffen. Da findet die Bundestagswahl statt. Niemand ahnt, dass in einem finsteren Nebengebäude eine junge Frau um ihr Leben und das ihres Babys bangt.

Carola Rössner ist verletzt und eingesperrt zwischen Unrat und Gerümpel. Der Raum hat kein Fenster. Es ist feucht und kalt. Die massive Tür ist von innen nicht zu öffnen. Ihr 16 Tage altes Baby, der kleine André, liegt in seiner Tragetasche. Sie kann sich nicht so um ihn kümmern, wie es eine Mutter möchte.

Es ist ausgerechnet der Vater des kleinen Jungen. Carola Rössners früherer Geliebter Günther Dalke, der sie hier hingebracht und eingesperrt hat. Nach einem Kneipenaufenthalt war er zu ihrer Wohnung, einem kleinen, abseits stehenden Haus im Meederer Ortsteil Birkenmoor gefahren. Gegen 1.30 Uhr sei er dort angekommen, wird später in der Anklageschrift von Oberstaatsanwalt Armin Wagner zu lesen sein. Als Corinna Rössner ihn nicht einlassen will, verschafft er sich mit einem Brecheisen Zutritt. Er will sie zwingen, ein Schreiben zu verfassen, in dem sie erklärt, der kleine André sei nicht Dalkes Kind. Sie soll schreiben, sie halte das ständige Lügen nicht mehr aus und sei fortgegangen, werde sich aber melden.

Mit Gewalt weggebracht

Mit dem Ergebnis ist Dalke wohl nicht zufrieden. Mit Gewalt schafft er Mutter und Kind zu dem Anwesen in Schönstädt, in dem er mit seiner Frau lebt. Carola Rössner will nicht mit. Da prügelt er sie mit dem Brecheisen nieder, packt sie in den Kofferraum seines Autos. Ohne ihre Verletzungen zu versorgen, sperrt er sie ein. Niemand bemerkt etwas.

Schon am Nachmittag dieses Samstags steht die Polizei auf dem Hof in Schönstädt. Carola Rössner ist vermisst. Der Verdacht fällt auf Dalke. Er versteht es, sich vor den Beamten so zu verhalten, dass diese keinen Verdacht schöpfen. Während dieses Gesprächs steckt die 33-Jährige nur wenige Meter entfernt in ihrem Gefängnis.

Als die Polizei weg ist, kommt ihr früherer Geliebter zu ihr. Es dämmert ihm wohl, dass er aus der Geschichte nicht so einfach herauskommen wird. Er kommt nicht, um sie freizulassen. In der Anklageschrift wird später stehen: "Dort knebelte er die infolge ihrer Verletzungen ihm gegenüber wehrlose Carola Rössner unter Verwendung eines hierzu mitgeführten Kreppklebebandes, stülpte ihr zusätzlich eine Plastiktüte über den Kopf und fesselte ihr mit Schnüren die Hände auf den Rücken..." Nun liegt die Frau in dem dunklen Loch und kann sich nicht einmal mehr um das Baby kümmern.

Sie versucht verzweifelt, ihre Fesseln zu lösen. Als Dalke am Sonntag, 27. September, morgens in den Keller kommt, bemerkt er, dass die Fesseln gelockert sind. Er bindet Carola Rössner nun auf einem Stuhl fest.

Als er am Nachmittag wieder in den Keller kommt, steht für Armin Wagner fest: "Aus Angst, Carola Rössner könne alsbald von Dritten entdeckt werden, oder trotz der von ihm getroffenen Maßnahmen entkommen und ihn hiernach für sein Tun anzeigen (...), entschloss sich der Angeschuldigte nunmehr, Carola Rössner zu töten und ihre Leiche zu beseitigen."

Brutal ermordet

Der Tathergang stellt sich für den Staatsanwalt klar da. Demnach lockerte Günther Dalke ein Hanfseil, mit dem Carola Rössner gefesselt war, legte es der Gefesselten um den Hals und würgte sie damit. Dabei stürzt sie um und liegt am Boden. Nun treffen sie schwere Hammerschläge ihres Mörders. Sie hätten ebenso wie das Würgen gereicht, um sie zu töten, wird die rechtsmedizinische Untersuchung feststellen.

Dalke wickelt die Leiche seiner früheren Geliebten in Decken und Müllsäcke, verdrahtet sie und versteckt sie unter Gerümpel. Für den Ankläger steht fest, dass der Täter nun auch den Säugling André brutal ermordet. Mit schweren Kopfverletzungen steckt er das Kind in einen Plastiksack, in dem es schwer verletzt erstickt.

Nicht alles lässt sich im Verlauf der Verhandlungstage einschließlich eines Ortstermins des Gerichts in Schönstädt so belegen, wie es Armin Wagner in der Anklageschrift verzeichnet hat. Doch an der Schuld von Günther Dalke gibt es für das Gericht keinen Zweifel. Mehr als das. Sein außerordentlich brutales und menschenverachtendes Vorgehen lässt die Kammer eine "besondere Schwere der Schuld" feststellen.

Als Richter Gerhard Amend Ende März 1999 das Urteil verkündet, lautet es auf lebenslange Haft. Angesichts der besonderen Schwere der Schuld darf der Verurteilte nicht hoffen, nach 15 Jahren wieder freizukommen. Dalkes Anwalt Carsten Schieseck kündigt nach dem Urteil an, in Revision gehen zu wollen. Nach seiner Auffassung liegt keine besondere Schwere der Schuld vor. Das Urteil der Großen Strafkammer am Landgericht Coburg hält aber stand.

Günther Dalke geht als 47-jähriger Mann ins Gefängnis. Im voll besetzten Gerichtssaal wird das Urteil überwiegend mit Genugtuung aufgenommen.