Im letzten Jahr mussten die Fans auf einen Auftritt von Ljubka Biagioni zu Guttenberg bei den Plassenburg-Open-Airs verzichten. In diesem Jahr hat die Dirigentin sogar andere Termine abgesagt, um wieder dabei zu sein.
Im Interview verrät die 48-jährige Ehefrau von Enoch zu Guttenberg viel über ihr Leben im Schloss, ihre Dirigenten-Karriere, über Dinge, die ihr wichtig sind und über sich. Denn Ljubka Biagioni zu Guttenberg ist eine Frau, die nicht nur für die Musik lebt.
Bayerische Rundschau: Zwei Mal haben Sie schon Erfolge in Kulmbach gefeiert, im vergangenen Jahr haben Sie sich rar gemacht. Jetzt sind Sie bei den Plassenburg-Open-Airs wieder mit dabei. Was bedeutet der Auftritt in der Heimat?Ljubka zu Guttenberg: Letztes Jahr fiel das Festival auf der Plassenburg ausgerechnet mit den Festspielen in Herrenchiemsee zusammen. Und da hatte ich schon einen festen Vertrag und konnte nicht mehr absagen. Aber dass ich dieses Jahr wieder in Kulmbach mit dabei bin, ist für mich etwas sehr Besonderes.
Ich werde ein Programm, das genau für die Kulmbacher gemacht ist, präsentieren: Canti-d'Amore - Lieder an die Liebe - das sind die berühmtesten Arien, Duette und Lieder aus Oper und Operette. Das passt auch zu dem wunderschönen Ambiente auf der Burg.
Wie bereiten Sie sich denn auf den Auftritt in Kulmbach vor?
Ich fliege bald nach Bulgarien, um mit dem Orchester zu üben. Aber so richtig werden die Proben für das Programm in Kulmbach erst im Juli anfangen.
Ursprünglich wollte auch der Chor der Sophia Symphonics in Kulmbach mit auftreten. Das klappt jetzt wegen anderer Verpflichtungen nicht. Wie kompensieren Sie das: Oper und Operette ohne Gesang funktioniert doch nicht, oder?
Nein, sechs Solisten werden die Zuhörer begeistern und die Opern und Operettenmelodien darbieten.
Mit dem Programm möchte ich Menschen, die Musik lieben, die Gelegenheit geben, sich ein bisschen Zeit zu schenken. Denn ich finde es wichtig, Zeit miteinander zu verbringen.
Wie ist eigentlich der Job als Dirigentin mit Ihrem Privatleben vereinbar: Sie sind ja auch noch die Ehefrau von Enoch zu Guttenberg und zweifache Mutter?Meine Söhne sind jetzt elf und zwölf Jahre alt. Beide gehen in ein Gymnasium in Bayreuth und brauchen mich. Ich stehe morgens um halb sechs Uhr auf, fahre sie in die Schule, koche mittags was Schnelles und mache mit ihnen Hausaufgaben. Mein Mann Enoch dirigiert gerade sehr viel. Wenn er dirigiert, bin ich zu Hause. Aber er kommt mir sehr entgegen. Wenn ich nicht da bin, dann ist er bei den Kindern. Anders funktioniert das nicht. So können wir beide beruflich tätig sein. Ich bin in erster Linie Mutter, nicht Dirigentin. Es gibt viele Mütter, die arbeiten müssen.
Ich habe das Glück, dass ich mich der Familie zuwenden kann. Außerdem kümmere ich mich auch um meine Mutter, die bei uns im Schloss lebt.
Sie kochen selbst - was denn: deutsch, italienisch, bulgarisch?
Wenn ich koche, muss das schnell gehen. Die bulgarische Küche ist ja sehr inspiriert von der griechischen und türkischen Küche. Ich mache meistens Fisch - dazu gibt es Salat oder so. Ich mache auch gerne Pasta mit Bohnen und Kichererbesen oder Kutteln auf italienische Art: "Trippa alla parmigiana". Das essen wir wirklich gerne.
Auch ihr Mann ist Dirigent - dreht sich auch zu Hause bei Ihnen alles um Musik?
Ja, ein bisschen. Wir spielen zu Hause zusammen - Trompete, Horn, Klavier. Das ist sehr schön und ich bin froh, dass die Kinder auch Spaß daran finden. Aber es ist für sie schon schwere Kost, wenn beide Eltern Dirigenten sind.
Wir zwingen sie zu nichts, lassen ihnen die Freiheit, selbst zu entscheiden, was sie mit Musik machen. Aber Musik gehört zu unserer Kultur, das wollen wir schon vermitteln. Natürlich sind auch oft Musiker da und wir proben in unserem großen Saal mit dem Orchester. Das ist für mich ein großes Glück, so ein Haus zu haben, wo so etwas möglich ist.
Wie sind Sie eigentlich auf die Idee gekommen, Dirigentin zu werden?Eigentlich gar nicht. Nach dem Abitur wolle ich Jura oder Medizin oder Philosophie studieren. Ich wollte immer alles können und ich wollte immer alles wissen. Dann gewann ich ein Stipendium an der Musikakademie in Bulgarien. Da hatte ich 13 Fächer - eins davon war das Dirigieren. So fing alles an.
Was bedeutet Dirigieren für Sie?Es ist nicht damit getan, die Hände in der Luft herum zu wedeln.
Beim Dirigieren ist man von den Musikern abhängig, aber trotzdem freier. Man kommuniziert mit der Seele der Menschen. Beim Dirigieren wird viel von der eigenen Person sichtbar. Ich erzähle unheimlich viel bei den Proben von mir. Und wenn ich mich vorbereite, dann lese ich mindestens zehn Bücher über die Komponisten, die Stücke. Erst dann kann ich die Musik interpretieren. Einfach nur die Noten zu spielen, klingt nicht so interessant, erst wenn man den Kontext kennt, verwandelt sich die Musik. Interessant ist, was hinter den Noten steckt.
Ihr Mann ist auch Dirigent - gibt es da Dispute oder Anregungen?
Mein Mann ist der Beste, wenn es um Bach oder Klassik geht. Ich habe sehr viel von ihm gelernt, auch von seinem Stil und seinen Interpretationen. Mein Lieblingskomponist ist Anton Bruckner. Da habe ich ganz andere Visionen als mein Mann. Manchmal sagt er dann: So habe ich das noch nie gesehen.
Wir sprechen oft über Musik und über Komponisten.
Gibt es noch andere Hobbys als die Musik in Ihrem Leben?Oh ja. Ich bin eine Gärtnerin. Ich liebe es, Rosen zu pflanzen und selbst im Garten etwas zu machen. In Rom hatte ich gar keinen Garten, deshalb genieße ich hier die Natur. Im Herbst pflücke ich sogar selbst Äpfel und Birnen und koche Apfelmus oder mache Saft. Das entspannt mich.
Ökologie ist auch Ihr Anliegen?Ja, mein Mann kämpft gegen Windräder. Wir treten generell für Sparsamkeit ein, machen die Lichter aus. Als Kind hab ich schon in der Schule gelernt, dass man sparsam mit Waschmittel umgeht, dass man beim Zähneputzen das Wasser nicht laufen lässt. Wir haben ein Elektro- und ein Gasauto. Jeder sollte alles tun, um die Erde nicht zu verschmutzen.
Ich versuche, den Kindern beizubringen, die Natur zu lieben und auf die Natur zu achten. Wir zerstören jeden Tag unsere wunderschöne Welt erfolgreich. Das ist schlimm.
Sie stammen aus einer atheistischen Familie, jetzt begeistern Sie sich aber für den katholischen Glauben. Wie kam das?
Mein Vater hat immer für Menschenrechte gekämpft, hatte aber mit Gott nie etwas zu tun. Ich bin durch die Musik näher an Gott gekommen und durch die Familie meines Mannes, denn das ist eine Familie, die den Glauben lebt. Ich habe dann viel meditiert und Exerzitien gemacht und schließlich sogar in Frankfurt Theologie studiert. Für mich ist es eine Gnade, zu glauben. Und der genialste Theologe ist für mich immer noch Papst Benedikt. Wenn ich an die Begegnung mit ihm denke, kommen mir immer noch die Tränen. Er hat für mich die meisten Antworten auf die Fragen unserer Zeit gegeben. Ich finde, Papst Benedikt ist eine Persönlichkeit, die nicht verstanden worden ist. Ich habe ihn persönlich getroffen und er hat mir so viel gegeben.
Das Gespräch führte unsere
Mitarbeiterin Sonny Adam.